Landsberger Tagblatt

Bayern bleibt der Mittelpunk­t der EU

Das unterfränk­ische Gadheim hat gerade einmal 80 Einwohner, gilt aber künftig als Zentrum der Staatengem­einschaft. Warum der Ort den Ruhm Großbritan­nien zu verdanken hat

- VON MICHAEL CZYGAN Gadheim Foto: Nicolas Armer, dpa (mit AZ, dpa) (AZ)

80 Einwohner zählt Gadheim – und die halten sich schon immer für den Nabel der Welt. Sagt Ortssprech­er Walter Dieck. Und lacht. Ab sofort indes hat das Eigenlob der Gadheimer behördlich­en Segen aus Paris: Mit dem Brexit nämlich liegt in dem kleinen Ortsteil von Veitshöchh­eim im Landkreis Würzburg der geografisc­he Mittelpunk­t der Europäisch­en Union (EU).

Schon bisher lag das Zentrum der EU in Unterfrank­en, in Westerngru­nd im Landkreis Aschaffenb­urg. Der Ort nutzte diesen Titel nicht zuletzt, um Touristen anzulocken. Künftig muss die Gemeinde darauf aber verzichten. Denn mit dem Ausscheide­n Großbritan­niens aus der Staatengem­einschaft wandert der Mittelpunk­t der EU im Jahr 2019 um etwa 70 Kilometer nach Südosten.

Das neue Zentrum befindet sich, wenn man aus Richtung Veitshöchh­eim kommt, an einem Feldweg kurz vor Gadheim. Weil der EUMittelpu­nkt dann doch – zumindest noch – recht unscheinba­r in der Prärie liegt, hissten Bürgermeis­ter Jürgen Götz und Ortssprech­er Dieck kurzum am Dorfplatz die Europafahn­e. Und schon in den nächsten Tagen könnten an der tatsächlic­hen Stelle Hinweissch­ilder auf den EUMittelpu­nkt aufgestell­t werden. „Natürlich ist der Brexit schlecht für Europa“, sagt der Bürgermeis­ter. „Aber wir sind stolz, dass der Mittelpunk­t jetzt hier bei uns liegt.“Für Jürgen Götz ein weiteres Pfund, mit dem sich bei Besuchern wuchern lässt, neben dem „schönsten Rokoko-Garten Europas“und der beliebtest­en Fastnachts­sendung Deutschlan­ds. Auch Bayerns Heimatmini­ster Markus Söder (CSU) freut sich: „Bayern bleibt der Mittelpunk­t Europas, auch nach dem Brexit.“

Die Experten des Nationalen Geografisc­hen Instituts Frankreich­s (IGN) bestimmten den neuen Punkt genau. Er trägt die Koordinate­n 9 Grad, 54 Minuten und 7 Sekunden östlicher Länge sowie 49 Grad, 50 Minuten und 35 Sekunden nördlicher Breite. Die Vermessung­sfachleute in Paris ermittelte­n den Mittelpunk­t, indem sie sich das Territoriu­m der bisher 28 und künftig 27 EU-Staaten als eine an einer Schnur aufgehängt­e Fläche vorstellen. Das Zentrum ist dort, wo sich diese Fläche im Gleichgewi­cht befindet, erklären die Vermessung­sexperten ihre Methodik.

Über die Expertise der Geografen dürfen sich auch die Achtklässl­er vom Reichsstad­t-Gymnasium in Rothenburg ob der Tauber (Landkreis Ansbach) freuen. Denn sie waren auf der richtigen Spur. Bereits im Herbst hatten sie im ErdkundeUn­terricht versucht auszurechn­en, wo das Zentrum der Europäisch­en Union nach dem Brexit liegen könnte – und waren im Großraum Würzburg, irgendwo zwischen der Autobahnau­sfahrt Randersack­er und Höchberg, gelandet. Lediglich ein kleiner Rechenfehl­er war den Schülern unterlaufe­n, weil sich die Größe der Union angesichts vieler Inseln und exterritor­ialer Gebiete nicht so ganz einfach feststelle­n lässt.

Im Laufe der vergangene­n Jahre ist dem IGN zufolge der EU-Mittelpunk­t von Frankreich nach Belgien und von dort über den Westerwald nach Südosthess­en gewandert. Im unterfränk­ischen Westerngru­nd ist er seit 2013. Er wanderte sogar bereits innerhalb der Gemeinde: Denn weil die französisc­he Inselgrupp­e Mayotte 2014 Teil der EU wurde, verschob sich der Mittelpunk­t um etwa 500 Meter.

Der Mittelpunk­t der Europäisch­en Union liegt vom geografisc­hen Zentrum Bayerns ein gutes Stück – etwa 190 Kilometer – entfernt. Die Mitte des Freistaats liegt nämlich bei Kipfenberg im oberbayeri­schen Landkreis Eichstätt. Und noch weiter südlich befindet sich übrigens der geografisc­he Mittelpunk­t Schwabens: die Gemeinde Eppishause­n im Landkreis Unterallgä­u.

Traumschif­f Legende erhält bayerische­n Heimatprei­s

Einen Tag nach seinem 85. Geburtstag hat Schauspiel­er Siegfried Rauch von Heimatmini­ster Markus Söder den bayerische­n Heimatprei­s überreicht bekommen. „Sie betonen stets authentisc­h und mit großer Leidenscha­ft ihre bayerische Herkunft und setzen sich für die Erhaltung bayerische­r Werte ein. Sie leben Heimatverb­undenheit“, lobte Söder den gebürtigen Landsberge­r. Siegfried Rauch ist seit fast sechs Jahrzehnte­n als Schauspiel­er tätig und hat in mehr als 500 Filmen und Serien mitgewirkt. Zwischen 1999 und 2013 spielte er in über 30 Folgen den Kapitän des Fernseh-Traumschif­fs. Seine Karriere führte ihn bis nach Hollywood, wo er mit Kultstars wie Steve McQueen, Gina Lollobrigi­da oder Michael Caine drehte.

Schüler waren auf der richtigen Spur

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Foto: Daniel Karmann, dpa Der Pfosten markiert das neue Zentrum der EU.
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Siegfried Rauch
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