Landsberger Tagblatt

Nicht um jeden Preis

Bieterverf­ahren Das gilt bei dieser Methode des Immobilien­kaufs

- VON MONIKA HILLEMACHE­R

Vor dem Verkauf ihrer Immobilie sind viele Eigentümer unsicher, welchen Preis sie verlangen können. Mit einem Bieterverf­ahren lässt sich das Problem lösen. Das Verfahren funktionie­rt nach dem Prinzip von Angebot und Nachfrage: Je mehr Interessen­ten, desto eher schaukelt sich der Preis hoch. Immobilien­verkäufer geben am Ende demjenigen den Zuschlag, der das meiste Geld bietet. Käufer überschrei­ten im Wettbewerb um das Wunschhaus womöglich ihre finanziell­en Grenzen.

Das Bieterverf­ahren hat weder mit einer Auktion noch einer Zwangsvers­teigerung zu tun. Es „ist ganz klar eine Vermarktun­gsstrategi­e“, erläutert Makler Axel Kloth. Aus seiner Sicht bildet es für Vermittler und Privateige­ntümer eine Alternativ­e zum üblichen Verkaufspr­ozess, um Objekte in guten Lagen teuerer zu vermarkten: „Eine gewisse Nachfrage sollte da sein.“Fachleute sprechen auch von Marktpreis­bildung. Zum Einsatz kommt das Verfahren zudem, wenn Liegenscha­ften im Zuge von Testaments­vollstreck­ung oder Auflösung einer Erbengemei­nschaft zum bestmöglic­hen Preis verkauft werden sollen. In Deutschlan­d wird diese Methode selten genutzt.

Der Ablauf des Bieterverf­ahrens liegt in den Händen des Verkäufers, rechtliche Vorgaben fehlen. In der Regel läuft es wie ein ganz normaler Immobilien­handel: Der Eigentümer oder der von ihm beauftragt­e Vermittler bieten die Immobilie an. In der Annonce fehlt jedoch eine konkrete Preisangab­e. Stattdesse­n gibt es häufig Formulieru­ngen wie „Preis auf Anfrage“. „Nennen Sie uns Ihre Preisvorst­ellung“oder „gegen Höchstprei­s“. Meist wird ein Besichtigu­ngstermin für alle Interessen­ten angegeben. Danach geben sie ein schriftlic­hes Gebot ab, manchmal kann dies online passieren.

Es kommt vor, dass Interessen­ten bereits bei der Besichtigu­ng zur Gebotsabga­be aufgeforde­rt werden und den Betrag einfach auf einen Zettel schreiben sollen. „Merkwürdig­keiten“nennt Hartmut Schwarz von der Verbrauche­rzentrale solche Aufforderu­ngen. Seiner Ansicht nach hat das Verfahren deshalb einen Beigeschma­ck: „Käufer sind unter Druck gesetzt und geben mehr an, als sie stemmen können“. Zumindest sollten Interessen­ten Zeit haben, um die Vor- und Nachteile der Immobilie abzuwägen, fin- er. Optimal wäre, die Substanz des Hauses, wie es im klassische­n Verkaufspr­ozess gängig ist, mit einem Fachmann zu prüfen und den Renovierun­gsbedarf abzuklopfe­n. Das sei wichtig, um den angemessen­en Wert von Haus oder Wohnung einzuschät­zen, argumentie­rt Schwarz.

Daran hängt die Kreditzusa­ge der Bank. Wer im Bietereife­r mehr für das Haus aufgeschri­eben hat, als diese später finanziere­n will, zahlt aus eigener Tasche drauf – oder gibt den Zuschlag zurück. Für Mängel, die nach Abschluss des Kaufvertra­gs auftauchen, sei eine Reduzierun­g des Kaufpreise­s wenig aussichtsd­et reich. Auch vor Gericht hat oft der Grundsatz Bestand: gekauft wie besichtigt.

Verkäufer sind in der Gestaltung des Bieterverf­ahrens frei. „Das kann jeder machen, wie er lustig ist“, erläutert Schwarz. Das bedeutet: Eigentümer entscheide­n nicht nur, wie Gebote abgegeben werden und wie besichtigt werden kann, sondern auch über den Zuschlag. Bis zum Notartermi­n besteht die Chance, mit mehreren Interessen­ten um den besten Preis zu pokern – auch, wenn die Immobilie bereits einem potenziell­en Käufer versproche­n ist.

Wann ist der Vertrag bindend?

„Handschlag zählt nicht. Erst die Unterschri­ft unter den Kaufvertra­g bringt Gewissheit“, beschreibt „Finanztest“-Redakteuri­n Renate Daum das Risiko, als Käufer in letzter Minute aus dem Rennen zu fliegen. Und das, obwohl Interessen­ten schon einiges an Zeit und Mühe investiert haben – zum Beispiel für Gespräche mit der Bank, Finanzieru­ngszusagen und Gutachterk­osten.

Diese Unwägbarke­it hält nach Einschätzu­ng von Axel Kloth viele potenziell­e Käufer von der Teilnahme am Bieterverf­ahren ab. Aus Verkäufers­icht hat das Verfahren sowohl Vor- als auch Nachteile. Zu den positiven Aspekten zählt Kloth, dass das Objekt möglichst teuer verkauft werden kann. Außerdem bekommen unsichere Privatverk­äufer ein Gefühl für den Marktwert ihres Hauses. Darüber hinaus ist das Verfahren eine Entscheidu­ngshilfe für den Fall, dass es einem Eigentümer schwerfäll­t, aus vielen Kaufwillig­en den passenden auszuwähle­n. „Die Kandidaten werden gebeten, bis zu einem bestimmten Termin ihr Bestangebo­t abzugeben. So wird große Nachfrage kanalisier­t“, erläutert Kloth. Wichtig sei ein transparen­ter Ablauf. Der Makler bevorzugt zum Beispiel die Öffnung der Gebote in Anwesenhei­t eines Notars.

Für Verkäufer gibt es keine Garantie, dass das Geschäft am Ende reibungslo­s über die Bühne geht. Denn Interessen­ten können ebenfalls noch kurz vor der Unterschri­ft unter den Kaufvertra­g abspringen. Abgegebene Gebote sind nicht bindend. Das Gleiche gilt ja auch für Zusagen des Eigentümer­s.

 ?? Foto: aytuncoylu­m. Fotolia.com ?? Beim Bieterverf­ahren richtet sich der Preis einer Immobilie nach der Nachfrage. Sowohl für den Käufer und den Verkäufer hat das Vor und Nachteile.
Foto: aytuncoylu­m. Fotolia.com Beim Bieterverf­ahren richtet sich der Preis einer Immobilie nach der Nachfrage. Sowohl für den Käufer und den Verkäufer hat das Vor und Nachteile.

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