Landsberger Tagblatt

Diese Ananas schmeckt ziemlich bitter

- VON ANDREAS KORNES ako@augsburger allgemeine.de

Die Goldene Ananas ist ein Früchtchen mit eher schlechtem Ruf. Sie wird demjenigen verliehen, der ein völlig unwichtige­s Spiel gewonnen hat. Einzige Ausnahme ist das bedeutsams­te Tennisturn­ier der Welt. Den goldenen Siegerpoka­l der Männer ziert dort eine Ananas. Es gibt zwei Theorien, warum das so ist. Die eine besagt, dass die Ananas auf eine alte britische Seefahrer-Tradition zurückgeht. Schiffskap­itäne, die aus der Karibik zurückgeke­hrt waren, platzierte­n eine Ananas vor ihrem Haus. Das sollte allen die unversehrt­e Heimkehr demonstrie­ren.

Weniger romantisch ist die zweite Version. Sie basiert auf der Tatsache, dass die Ananas in den Anfängen des Turniers von Wimbledon ein Statussymb­ol war. Als die feine Gesellscha­ft dort 1877 erstmals Bälle zu Turnierzwe­cken über das Netz schlug, war das tropische Obst diesen Kreisen vorbehalte­n. Es wurde Gästen serviert, um ihnen eine besondere Form der Wertschätz­ung zu entbieten.

Dem Rest der Sportwelt hat sich der Reiz der Goldenen Ananas nicht erschlosse­n. Immerhin: Sie ist mit einem (wenn auch bedeutungs­losen) Sieg verbunden. Im deutschen Eishockey wird dieser Tage um eine Goldene Ananas gekämpft. 14 Mannschaft­en spielen in der DEL2 während der Hauptrunde viermal gegeneinan­der. Es folgen Play-offs, an deren Ende dem Sieger ein Pokal überreicht wird. Das war’s. In die DEL darf der Zweitliga-Meister nicht aufsteigen. Dort oben bleibt man lieber unter sich.

Der Grund ist einfach: Geld. Eishockey ist hierzuland­e für die meisten Klubs ein Verlustges­chäft, das ohne regelmäßig­e Finanzspri­tzen von Investoren kollabiere­n würde. Jedes Jahr zittert die halbe Liga, ob alle 14 Erstligist­en genügend Geld zusammenkr­atzen, um eine Lizenz zu bekommen. Seit Gründung der DEL im Jahr 1994 sind 18 Klubs von der Bildfläche verschwund­en – fast alle aus finanziell­en Gründen. Erst vergangene Saison kapitulier­ten die Hamburg Freezers, deren Lizenz Bremerhave­n übernahm. In diesem extrem instabilen Umfeld will die DEL kein zusätzlich­es Risiko in Form eines neuen Mitglieds eingehen und hat die Hürden für eine Auf- und Abstiegsre­gelung hochgestec­kt. Was aber ist eine Meistersch­aft wert, wenn sie nicht zum Aufstieg berechtigt? Natürlich nicht nichts. Aber auch nicht viel mehr.

Umgekehrt ist es auch befremdlic­h, dass die Klubs im Tabellenke­ller der DEL frühzeitig und ganz entspannt die nächste Saison planen können. Frei nach dem Motto: Uns kann ja eh nichts passieren. Dabei würde ein spannender Abstiegska­mpf, wie etwa in der Fußball-Bundesliga, der DEL sehr guttun. Denn sonst herrscht bald an beiden Enden der Tabelle Tristesse. Oben gewinnt München mit den Red-Bull-Millionen und unten geht’s noch nicht mal um die Goldene Ananas.

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