Landsberger Tagblatt

Wenn der Verlust der Wohnung droht

Jessica Eglhofer leitet die Fachstelle zur Vermeidung von Obdachlosi­gkeit. Im Jahr 2016 hat sie 56 Haushalte in der Stadt beraten. Jetzt will sie ihr Angebot auf den Landkreis ausweiten

- VON THOMAS WUNDER Archivfoto: Thorsten Jordan »Kommentar

Obdachlos kann jeder werden. Beziehungs­krisen, Jobverlust oder Krankheit, die Gründe sind vielfältig. Damit es gar nicht so weit kommt, dafür ist in Landsberg Jessica Eglhofer da. Sie leitet seit etwa zwei Jahren die Fachstelle zur Vermeidung von Obdachlosi­gkeit. Im vergangene­n Jahr hat sie 56 Haushalte beraten, mit Vermietern sowie Behörden gesprochen und so manche Wohnungskü­ndigung verhindert. Jetzt weitet sie ihr Arbeitsgeb­iet auch auf den Landkreis aus.

Es sind in erster Linie alleinsteh­ende Personen, die bei Jessica Eglhofer Hilfe suchen, weil der Verlust ihrer Wohnung droht. Bei einem Drittel der Haushalte, die die 28-Jährige im vergangene­n Jahr beraten hat, waren Kinder betroffen – insgesamt 107 Personen. Doch Eglhofer und ihre Kollegin Claudia Domke-Becker, die sich als Regionalle­iterin der Herzogsägm­ühle für Menschen in besonderen Lebenslage­n einsetzt, gehen davon aus, dass weitaus mehr Menschen Hilfe benötigen. Die Dunkelziff­er sei hoch, weil viele, die ihre Wohnung verlieren, bei Verwandten, Bekannten oder irgendwo unterkomme­n.

Dabei kann Jessica Eglhofer noch bis eine Woche vor dem Räumungste­rmin eingreifen, wie sie sagt. So könnten Mietschuld­en übernommen und Sozialleis­tungen beantragt werden. Wichtig sei es, die Fronten zwischen Mieter und Vermieter zu entschärfe­n. Auch Vermieter könnten sich an sie wenden. Oft würden sie dadurch Kosten für Gerichte und Anwälte sparen. So sei es im vergangene­n Jahr gelungen, bei 71 Prozent der von der Fachstelle beratenen Personen eine Lösung in Bezug auf die Wohnung zu erreichen.

Der Verlust ihrer Wohnung droht Menschen jeden Alters. „Auffällig ist aber, dass gerade zum Ende des Erwerbsleb­ens es öfters zu Mietschwie­rigkeiten kommt“, sagt Jessica Eglhofer. Viele der Betroffene­n hätten Schulden. Die damit verbundene­n Schwierigk­eiten seien eine große Belastung. Und so sei es auch Ziel der Beratung, in Kooperatio­n mit der Schuldnerb­eratung wieder einen Überblick über die finanziell­e Situation zu bekommen. „Ganz wichtig ist auch die Nachsorge“, sagt die 28-Jährige.

Sind die Fronten verhärtet, meist wenn neben fehlenden Mietzahlun­gen auch die Wohnung verdreckt ist oder sich der Müll türmt, ist es derzeit schwer, bezahlbare­n Wohnraum zu finden. Nicht nur in der Stadt habe sich die Situation verschärft, es fehle im gesamten Landkreis an Sozialwohn­ungen. Deswegen hofft Eglhofer auch, ihr Engagement auf Dauer ausweiten zu dürfen. Im Januar ist der Landkreis über eine Anschubfin­anzierung des Sozialmini­steriums eingestieg­en. Bis Ende Juni müssen sich Kreisräte und Kreisverwa­ltung entscheide­n, ob der Landkreis dabei bleibt. Wenn ja, finanziert das Ministeriu­m für das restliche halbe Jahr eine halbe Stelle, danach müsste die Finanzieru­ng vom Kreis übernommen werden. „Wir prüfen das Ganze ergebnisof­fen“, sagt Wolfgang Müller, der Pressespre­cher des Landratsam­tes. Am Freitag sei deswegen ein Vertreter des Ministeriu­ms bei Landrat Thomas Eichinger zu Gast.

Neben der Fachstelle zur Vermeidung von Obdachlosi­gkeit kümmert sich Herzogsägm­ühle auch um jene, die bereits obdachlos sind. Aktuell unter anderem um die Bewohner der Baracken in der Jahnstraße. Wie Claudia Domke-Becker sagt, wurden die Personen beim Umzug in die Container begleitet (siehe nebenstehe­nden Artikel). Wie bereits berichtet, hatte die Stadt die Bewohner im Dezember informiert und darauf hingewiese­n, ihren Hausstand aufzulösen oder anderweiti­g unterzubri­ngen, weil in den Wohncontai­nern nur begrenzt Platz zur Verfügung stehe.

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Nicht nur in Landsberg gibt es Menschen, die obdachlos sind. Weil es überall an bezahlbare­m Wohnraum fehlt, geraten immer mehr Menschen im Landkreis in Not. Betroffene schlafen mitunter auch auf einem selbst gebauten Handwagen.

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