Wenn der Verlust der Wohnung droht
Jessica Eglhofer leitet die Fachstelle zur Vermeidung von Obdachlosigkeit. Im Jahr 2016 hat sie 56 Haushalte in der Stadt beraten. Jetzt will sie ihr Angebot auf den Landkreis ausweiten
Obdachlos kann jeder werden. Beziehungskrisen, Jobverlust oder Krankheit, die Gründe sind vielfältig. Damit es gar nicht so weit kommt, dafür ist in Landsberg Jessica Eglhofer da. Sie leitet seit etwa zwei Jahren die Fachstelle zur Vermeidung von Obdachlosigkeit. Im vergangenen Jahr hat sie 56 Haushalte beraten, mit Vermietern sowie Behörden gesprochen und so manche Wohnungskündigung verhindert. Jetzt weitet sie ihr Arbeitsgebiet auch auf den Landkreis aus.
Es sind in erster Linie alleinstehende Personen, die bei Jessica Eglhofer Hilfe suchen, weil der Verlust ihrer Wohnung droht. Bei einem Drittel der Haushalte, die die 28-Jährige im vergangenen Jahr beraten hat, waren Kinder betroffen – insgesamt 107 Personen. Doch Eglhofer und ihre Kollegin Claudia Domke-Becker, die sich als Regionalleiterin der Herzogsägmühle für Menschen in besonderen Lebenslagen einsetzt, gehen davon aus, dass weitaus mehr Menschen Hilfe benötigen. Die Dunkelziffer sei hoch, weil viele, die ihre Wohnung verlieren, bei Verwandten, Bekannten oder irgendwo unterkommen.
Dabei kann Jessica Eglhofer noch bis eine Woche vor dem Räumungstermin eingreifen, wie sie sagt. So könnten Mietschulden übernommen und Sozialleistungen beantragt werden. Wichtig sei es, die Fronten zwischen Mieter und Vermieter zu entschärfen. Auch Vermieter könnten sich an sie wenden. Oft würden sie dadurch Kosten für Gerichte und Anwälte sparen. So sei es im vergangenen Jahr gelungen, bei 71 Prozent der von der Fachstelle beratenen Personen eine Lösung in Bezug auf die Wohnung zu erreichen.
Der Verlust ihrer Wohnung droht Menschen jeden Alters. „Auffällig ist aber, dass gerade zum Ende des Erwerbslebens es öfters zu Mietschwierigkeiten kommt“, sagt Jessica Eglhofer. Viele der Betroffenen hätten Schulden. Die damit verbundenen Schwierigkeiten seien eine große Belastung. Und so sei es auch Ziel der Beratung, in Kooperation mit der Schuldnerberatung wieder einen Überblick über die finanzielle Situation zu bekommen. „Ganz wichtig ist auch die Nachsorge“, sagt die 28-Jährige.
Sind die Fronten verhärtet, meist wenn neben fehlenden Mietzahlungen auch die Wohnung verdreckt ist oder sich der Müll türmt, ist es derzeit schwer, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Nicht nur in der Stadt habe sich die Situation verschärft, es fehle im gesamten Landkreis an Sozialwohnungen. Deswegen hofft Eglhofer auch, ihr Engagement auf Dauer ausweiten zu dürfen. Im Januar ist der Landkreis über eine Anschubfinanzierung des Sozialministeriums eingestiegen. Bis Ende Juni müssen sich Kreisräte und Kreisverwaltung entscheiden, ob der Landkreis dabei bleibt. Wenn ja, finanziert das Ministerium für das restliche halbe Jahr eine halbe Stelle, danach müsste die Finanzierung vom Kreis übernommen werden. „Wir prüfen das Ganze ergebnisoffen“, sagt Wolfgang Müller, der Pressesprecher des Landratsamtes. Am Freitag sei deswegen ein Vertreter des Ministeriums bei Landrat Thomas Eichinger zu Gast.
Neben der Fachstelle zur Vermeidung von Obdachlosigkeit kümmert sich Herzogsägmühle auch um jene, die bereits obdachlos sind. Aktuell unter anderem um die Bewohner der Baracken in der Jahnstraße. Wie Claudia Domke-Becker sagt, wurden die Personen beim Umzug in die Container begleitet (siehe nebenstehenden Artikel). Wie bereits berichtet, hatte die Stadt die Bewohner im Dezember informiert und darauf hingewiesen, ihren Hausstand aufzulösen oder anderweitig unterzubringen, weil in den Wohncontainern nur begrenzt Platz zur Verfügung stehe.