Stammtisch der Reservisten Eine neue Chefin und ein neuer Stil
Das Haus des Komponisten am Ziegelstadel soll jetzt mehr für die Öffentlichkeit zugänglich werden
Der nächste Stammtisch des Soldatenund Kameradschaftsvereins Eresing-Pflaumdorf wird am heutigen Donnerstag ab 19.30 Uhr im Gasthof Wiedmann abgehalten. Dießen Nicht viel ist seit dem Tod von Liselotte Orff vor bald fünf Jahren vom Orff-Anwesen am Ziegelstadel oberhalb von Dießen nach außen gedrungen. Das ändert sich jetzt. Am Mittwoch gab es bei einem Pressegespräch im Blauen Salon, dort wo der Komponist Carl Orff seine Gäste zu empfangen pflegte, nicht nur eine Personalie mitzuteilen, sondern auch, dass sich die Carl-Orff-Stiftung als Hüterin des Anwesens verstärkt der Öffentlichkeit zuwenden will.
Der eigentliche Anlass war die Vorstellung von Judith Janowski. Die 48-Jährige ist seit 1. März als Generalsekretärin der Stiftung tätig. In der Region ist sie auch durch ihre Tätigkeit für die Ammerseerenaden bekannt, außerdem ist sie Geschäftsführerin des Münchner Odeon-Jugendsymphonieorchesters.
Die Neubesetzung war notwendig geworden, nachdem sich die Stiftung im Winter von ihrem bisherigen geschäftsführenden Vorstandsmitglied Ute Hermann getrennt hatte. Damals war auch bekannt gegeben worden, dass die 2013 begonnenen Sanierungs- und Umbauarbeiten am Orff-Anwesen bis auf Weiteres eingestellt werden. Diese Arbeiten werden auch noch einige Zeit ruhen, machte Bürgermeister Herbert Kirsch in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Stiftungskuratoriums deutlich. Nachdem bereits ein siebenstelliger Euro-Betrag in die Bestandssicherung und Konservierung der Gebäude und der Ausstattung geflossen sei, müsse nun eine Konzeption für die weitere Nutzung des Anwesens erarbeitet werden, erklärte Kirsch. Das soll bis zum nächsten Jahr geschehen. Damit folge man auch dem letzten Willen der Komponistenwitwe Liselotte Orff. Ein Ziel sei dabei, auch das Wohnhaus mittelfristig für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen, machte Kirsch deutlich.
In diesem Sinne sind bereits vor Abschluss der konzeptionellen Überlegungen zwei Veranstaltungen geplant: Zum Internationalen Museumstag am 21. Mai lädt das Orff-Museum in der Hofmark einen Spaziergang zum Ziegelstadel hinauf, kündigte Museumsleiterin Kristina Gerhard an. Höhepunkt werde dabei ein Besuch im Arbeitszimmer Orffs sein. „Das ist völlig restauriert“, berichtete Gerhard, und stelle sich inzwischen wieder wie zu Lebzeiten Carl Orffs dar. Die Bücherregale sind genau so eingerichtet wie früher, auch die Mineraliensammlung befindet sich in der bekannten Anordnung, ebenso die Pfeifen des Komponisten, dazu Flügel, Klavier, Schlagwerk und etliche weitere Instrumente – das alles in der originalen Einrichtung im Stil der 1950er-Jahre.
Prof. Wilfried Hiller, der Vorsitzende des Stiftungsvorstands, machte auf eine weitere öffentliche Veranstaltung aufmerksam, die für den 8. Juli, zwei Tage vor dem 122. Geburtstag von Carl Orff, geplant ist. Im Rahmen eines Orff-Fests soll neben der Auffahrt zum Haus eine rund 3,50 Meter große Skulptur enthüllt werden. Dabei handelt es sich um ein bronzenes Rad der Fortuna mit Textausschnitten aus Bühnenwerken Orffs, das nach einem Entwurf der Bildhauerin Antje Tesche-Mentzen gegossen wird.
Dieses Motiv habe einen besonderen Bezug zum Komponisten, verrät Wilfried Hiller: „Carl Orff hat immer Karten gelegt und die Zukunft vorhergesagt, und das Rad der Fortuna ist die zehnte Karte des Tarot-Spiels.“Dieses Sinnbild verweist zudem auf Orffs berühmtestes Werk, die „Carmina Burana“, deren erster und letzter Teil der Schicksalsgöttin gewidmet ist. Vor 80 Jahdem ren – am 8. Juni 1937 – wurde das Chorwerk in Frankfurt am Main erstmals aufgeführt. Entsprechend sei auch das musikalische Programm des Orff-Festes ausgerichtet: Mit Ausschnitten aus den Carmina Burana und mit Vokalwerken, die in Dießen entstanden sind. Einen Platz beim Orff-Fest könne man sich im Orff-Museum reservieren.
Weiter im Blick hat die Orff-Stiftung auch die Weiterführung der Festspiele, die nach Differenzen mit deren Leiter Marcus Everding 2015 zum letzten Mal in Andechs stattgefunden hatten. In Zusammenarbeit mit dem Kulturveranstalter Florian Zwipf-Zaharia wolle man die Festspiele 2018 neu starten, kündigte Hiller an.
Eigentlich wäre die Fortführung schon für heuer geplant gewesen, doch Zwipf-Zaharias Firma cultus production musste im vergangenen Jahr Insolvenz anmelden. Die Stiftung verhandle mit Schauspielern und Orchestern, bis zum Sommer wisse man mehr. Den Anfang könnte dabei das Weihnachts- und Osterspiel machen: Aufführungsort könnte entweder wie bisher der Florianstadel in Andechs, das Münchner Prinzregententheater oder auch Dießen sein. Und wo in Dießen? „Da müsste ein Zelt aufgebaut werden“, sagt Hiller.