Die App zählt erbarmungslos mit
Wann, wo und vor allem wie oft schaut ihr auf euer Handy? Die Anwendung „Checky“überwacht euch
Landsberg Schaue ich mich morgens im Bus um, sehe ich, dass sich rund drei Viertel der Fahrgäste mit ihrem Smartphone beschäftigen. Sie hören Musik, chatten mit Freunden oder lesen die neuesten Nachrichten. Vielleicht, was Donald Trump so twittert, oder wie Fußball gestern Abend ausgegangen ist. Ob bei der Arbeit, in der Schule oder beim Shoppen: Das Smartphone ist ein alltäglicher Begleiter.
Obwohl ich mich selbst zu jenen Jugendlichen zähle, die eher selten zu ihrem Handy greifen, weiß ich: Auch ich verbringe viel zu viel Zeit vor dem kleinen Bildschirm. Manchmal ist es eben einfach praktisch. Aber zugegeben, oft benutze ich es auch zum reinen Zeitvertreib. Beim Warten an der Bushaltestelle zum Beispiel. Wie oft ich tatsächlich aufs Smartphone schaue, konnte ich bislang schwer einschätzen. Um mehr über mein Handyverhalten zu erfahren, habe ich drei Tage lang „Checky – Phone Habit Tracker“getestet. Die App zeichnet auf, wann, wo und vor allem, wie oft man seinen Handybildschirm entsperrt.
Ein kurzes Vibrieren in der Tasche reißt mich aus meiner Gedankenwelt. Irgendjemand hat mir eine Nachricht geschickt. Nachschauen oder nicht? Eigentlich habe ich keine Lust, das Handy aus meiner Tasche zu holen. Doch dann packt mich die Neugier. Ich schaue doch – und entsperre den Bildschirm. Und dann denke ich: Wenn ich schon einmal am Handy bin, kann ich auch gleich noch meine E-Mails lesen. Ehe ich es wieder in die Tasche stecke, zeigt mir der Facebook-Messenger an: Sie haben fünf neue Meldungen. Na gut. Und so verbringe ich letztlich ganze zehn Minuten an meinem Smartphone, die ich eigentlich gar nicht verbringen wollte. Ich beginne zu grübeln: Ist mein Konsum noch im Rahmen oder entwickelt sich da eine Handysucht?
Am Abend des ersten Tages bin ich überrascht. Laut „Checky“habe ich mein Handy an diesem Tag zwölf Mal entsperrt. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich mit mehr gerechnet. Auf einer Karte zeigt mir die App an, an welchen Orten ich das Smartphone überall genutzt habe: am meisten zu Hause. Gleich am Morgen, kurz nach dem Aufstehen, zum Nachrichtenlesen und Radiohören. Abends, kurz vor dem Schlafengehen, ging die Nutzung nach oben, weil ich mich mit Freunden ausgetauscht habe. Untertags dagegen – während meines Praktikums – habe ich mein Handy kein einziges Mal entsperrt. Da ist so viel passiert, dass ich mein Smartphone komplett vergessen habe. Am Wochenende sieht mein Handykonsum komplett anders aus: 21-mal soll ich mein Smartphone benutzt haben. Dass ich am Wochenende fast doppelt so oft am Handy bin wie unter der Woche, wundert mich nicht. Ich bin weniger beschäftigt. Und ich will mich mit Freunden verabreden und sollte deshalb erreichbar sein.
Was mich allerdings überrascht: Im Vergleich zu einem durchschnittlichen Jugendlichen sind auch die 21-mal, die ich zum Handy gegriffen habe, so gut wie nichts. Laut dem US-amerikanischen Marktforschungsinstitut „dscout“benutzt ein Teenager sein Handy zwischen 76- und 132-mal am Tag. Und erst im Januar veröffentlichte die Universität in Cardiff eine Studie, nach der rund jeder fünfte Jugendliche zwischen zwölf und 15 Jahren sogar nachts aufwacht, um online zu gehen. Die Folge: Diejenigen, die fast jede Nacht soziale Netzwerke nutzen, sind bis zu dreimal müder als Durchschläfer. Und: Jene, die unter Müdigkeit litten, gaben auch an, unglücklicher zu sein.
Das Problem: Viele wissen gar nicht, dass sie viel zu viel Zeit mit ihrem Handy verbringen – genau das kann eine App wie „Checky“ihnen vor Augen führen. Sie zeigt nicht nur an, wie oft und wo man das Handy entsperrt, sondern auch eine Statistik, wie sich der Konsum auf Dauer entwickelt. So kann man überprüfen, ob die Nutzung abnimmt oder steigt. Die App zeigt nicht an, wie viele Stunden man insgesamt am Handy verbringt. Was mich angeht: Ich habe nicht vor, mein Handyverhalten gravierend zu ändern. Nur ab und an will ich mich fragen: Muss das jetzt wirklich sein?