Landsberger Tagblatt

Grillen wie in Amerika

Im „Old Smokers Barbecue“garen Marlitt Fisch und Tayfun Onart Speisen im heißen Rauch

- VON SILKE FELTES

Die Berliner haben es vorgemacht: Gutes, regionales und handgemach­tes, aber auch exotisches Essen aus allen Regionen dieser Welt ist wieder in. Nicht nur unter Hauptstadt­hipstern in der Markthalle Neun in Kreuzberg. Mehr und mehr Foodtrucks sammeln sich in den deutschen Großstädte­n, Foodfestiv­als entstehen, Kochbücher boomen, und im Internet Foodblogs, wo man hinschaut. Gutes Essen, so scheint es, wird in Deutschlan­d wieder wertgeschä­tzt, nachdem wir lange den Ruf hatten, nur aufs Geld zu schauen.

Auch in Landsberg gibt es jetzt im Hinteren Anger einen Imbiss, der US-amerikanis­che Grilltradi­tionen aufleben lässt: das „Old Smokers Barbecue“von Marlitt Fisch und Tayfun Onart. Am Samstag gab es zur Eröffnung Pulled Pork, Baked Beans und Brownies, Luftballon­s, Sekt und Küsschen hier, Küsschen da. Der Laden war gerammelt voll. Marlitt Fisch und ihr achtköpfig­es Team konnten nur noch staunen, wie schnell die knapp 200 Kilo Fleisch über den Tresen gingen.

„Best Pulled Pork Burger in Town“, so steht es auf der Internetse­ite, und die Erklärung gibt’s gleich dazu: Im sogenannte­n „Watersmoke­r“, einem Einkammers­ystem mit Deckel, wird mittels ausgewählt­em Räucherhol­z und einer Wasserscha­le das marinierte und gewürzte Fleisch über einen extrem langen Zeitraum von bis zu 20 Stunden bei Niedertemp­eraturen um die 100 Grad gegart und geräuchert. Anders als beim Grillen liegen die Speisen also nicht direkt über der Glut oder dem Feuer, sondern werden indirekt im heißen Rauch gegart. Durch diesen langen Räuchervor­gang, so heißt es, „entsteht eine phänomenal­e Kruste, die mit dem zarten Fleisch eine perfekte Geschmacks­kombinatio­n bietet.“Bei dieser „Königsdisz­iplin des Gril- wird das im Bindegeweb­e des Fleisches vorhandene Kollagen, so erklärt es Marlitt Fisch, aufgelöst und das Fleisch verliert etwa 30 bis 40 Prozent seines Eigengewic­hts, wird dadurch extrem saftig und zart. So zart, dass es fast von alleine zerfällt und dann zerzupft (englisch to pull: ziehen, zupfen) werden kann. Das sieht zunächst gewöhnungs­bedürftig aus, kommt aber geschmackl­ich dem Verspreche­n von Marlitt Fisch ziemlich nah.

Serviert wird „Pulled Pork“normalerwe­ise auf einem Hamburgerb­rötchen (eigens in Auftrag gegeben bei Bäcker Bernhard Fischer gegenüber) zusammen mit selbst gemachter Barbecuesa­uce und wahlweise Coleslaw (Krautsalat), Baked Beans oder Süßkartoff­elsalat.„Pulled Pork“werden vielleicht einige kennen, es wird hie und da bereits angeboten, allerdings selten, so betont Marlitt Fisch, in Watersmoke­rqualität. Spareribs sind eh bekannt. Aber wie sieht es mit „Briskets“aus, dem Dritten im Bunde der sogenannte­n „Holy Trinity“, der heiligen Dreifaltig­keit des nordamerik­anischen Barbecues (abgekürzt auch BBQ)? Brisket, das ist eine gegarte Rinderbrus­t mit dunkler, unglaublic­h aromatisch­er Kruste und zartrosa Fleisch. Sehr selten finden sich Grillmeist­er, die sich an Kalbfleisc­h wagen. Zu schnell zu trocken, so die Sorge. Doch die „Old Smokers“haben es gewagt und bieten als besonderes Schmankerl gelegentli­ch eine Kalbsbrust an.

Das „Old Smokers“ist eigentlich ein Produkt der Liebe. Und das kam so: Die ausgebilde­te Krankengym­lens“ nastin Marlitt Fisch hat seit 28 Jahren in Hofstetten eine eigene Praxis. Vier Kinder und eine Scheidung später zog sie nach Finning, keine Lust mehr auf weitere Beziehunge­n. Dann traf sie in der Türkei auf Tayfun Onart, geboren und aufgewachs­en in Deutschlan­d und 1984 mit den Eltern in die Türkei zurückgeke­hrt. Und alles kam anders. Sieben Jahre Fern- und Pendelbezi­ehung. „2000 Kilometer zwischen uns.“Und die Frage: Wie weiter?

Marlitt Fisch ist mittlerwei­le, so sagt sie, Expertin für Ausländer-, Arbeits-, Aufenthalt­s- und Einwanderu­ngsrecht. „Keine einfache Zeit.“Per Mail tauschen die beiden Geschäftsi­deen („Wir lieben es beide, unabhängig zu arbeiten“), Fotos von möglichen Locations („Kaum jemand möchte Essen in seinen Räuschon men“) und basteln an einer gemeinsame­n Zukunft. Seit Februar ist Tayfun nun in Deutschlan­d, und die ganze Familie hat am Projekt „Smokers“mitgearbei­tet. „Alle meinten, ihr seid verrückt, mit 50 noch was Neues anzufangen“, das Risiko sei doch viel zu groß, erzählt Tayfun Onart, lacht kurz und meint trocken: „Das Leben ist doch immer Risiko.“Also viel Liebe, dazu die gemeinsame Lust am guten Essen sowie eine gehörige Portion Mut – und herauskam das „Old Smokers“.

Das Paar hat noch viele Pläne: neue Rezepte, einen zweiten Smokergril­l, Ostern vielleicht Lammfleisc­h. Mal Biofleisch oder Fisch. Weitere Locations am Ammersee. Und endlich eine Wohnung oder ein Lager mit Platz und der Erlaubnis zum Smoken.

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Fotos: Julian Leitenstor­fer Im „Old Smokers“gibt es „Pulled Pork“, Spareribs, Briskets und viele andere Fleischlec­kerein in „Watersmoke­rqualität“mit ty pisch amerikanis­chen Beilagen wie „Coleslaw“, „Baked Beans“oder Süßkartoff­elsalat.
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Marlitt Fisch und Tayfun Onart „smoken“mit Leidenscha­ft und Liebe.

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