Mit einem Hupen begrüßt
Das neue Motorschiff MS Utting liegt im Wasser. Fahrgäste dürfen noch nicht an Deck
Das neue Motorschiff MS Utting liegt im Wasser. Fahrgäste dürfen aber noch keine drauf. Denn der Innenausbau steht jetzt noch an.
Kurz nach 10 Uhr ist es am Mittwoch so weit, sanft klatschen die Wellen an den Rumpf, als das Unterschiff der „Utting“mit dem Wasser in Berührung kommt. Das neue Motorschiff der Bayerischen Seenschifffahrt ist am Ammersee angekommen. Und einer der Schiffskapitäne, Helmut Diller, lässt die Hupe des Raddampfers Herrsching zur Begrüßung erklingen.
Unterwegs war die „Utting“auf einer langen Reise von Niederkassel über den Rhein-Main-Donaukanal bis zum Schwerguthafen Roth und von dort weiter auf den Straßen bis zum neuen Heimathafen Stegen. Autobahnen mussten kurzzeitig gesperrt werden, um den beiden überlangen Schwertransportern mit 68 und 56 Metern Länge den Weg freizugeben. Nicolas Grimm von der Spedition Kübler und Thomas Totzauer von der Verkehrspolizei Fürstenfeldbruck sind Mittwochnacht zufrieden, der Transport hat wie geplant funktioniert. Während für die Polizeibeamten diese Aufgabe beendet ist, sobald die zwei Zugmaschinen durch das Werfttor gefahren sind, geht es für andere am Morgen weiter: Mitarbeiter der Lux-Werft flexen die Halteeinrichtungen am Rumpf ab, über dem Gelände liegt der charakteristische Geruch.
Danach ist Stefan Schmidbauer mit seiner Mannschaft gefragt. Das Unterschiff wird an die Ketten zweier 500-Tonnen-Kräne gehängt und schwebt, dirigiert von den Kranführern Christian Mayer und Markus Krumm unter Anweisung von Schmidbauer, gemächlich ins Wasser. Beim nächsten Schritt wird es diffiziler. Denn das Oberschiff muss passgenau aufgesetzt werden. „Wir fangen von hinten an“, erläutert Stefan Schmidbauer, und die gleichmäßig brummenden Motoren der Kräne zeigen auch akustisch an, dass hier eine große Last sanft verschwenkt wird. Auf dem Schiff greift auch der Chef mit an, einer der Geschäftsführer der Lux-Werft, Elmar Miebach-Oedekoven. Es wird gezielt und gepeilt, denn schließlich müssen die Stücke aufeinanderpassen. Kurz nach 13.30 Uhr ist das Schiff wieder eins und die Ketten der Kräne können abmontiert werden. Noch fehlt der Schiffsführerstand, er wird noch angeliefert. Mit der Ankunft und dem sicheren Zusammensetzen beider Teile im See ist für Miebach-Oede- koven „ein Riesenziel erreicht“. Alles habe sehr gut geklappt, unter anderem auch die Zusammenarbeit mit den Behörden. „Es ist ein Riesenunterfangen.“Weder für die Schiffsbauer aus Niederkassel noch für die Stegener Werftmitarbeiter sind die Arbeiten damit beendet. Die MS Utting soll noch ins Trockendock gezogen werden – teilweise mit Muskelkraft, wie Matthias Leis von der Werft erzählt. Und dann geht es an den Innenausbau des Schiffes. Wie das Ausflugsschiff dann wirkt, darauf ist auch Elmar Miebach-Oedekoven gespannt, der die Innenausstattung in Realität noch nicht gesehen hat.
„Wir freuen uns auf das neue Schiff“, sagt der Leiter der Stegener Werft, Harald Lugmair, „und hoffen, dass es auch den Fahrgästen gefällt“. Die neue „Utting“ist prädes- tiniert für Sonderfahrten, denn ihr großer Salon bietet 170 Personen eine Sitzgelegenheit. Die Raddampfer Herrsching und Diessen sind zwar nostalgisch, aber durch ihren Antrieb wird das Schiff geteilt und hat nur jeweils zwei kleinere Salons, wie der Geschäftsführer der Bayerischen Seenschifffahrt Michael Grießer erläutert. Das neue Schiff habe hinten zwei Schiffsschrauben und vorne einen Pumpjet.
Wer zur Schiffstaufe im Juli die „Utting“fahren darf, ist noch offen. Zuerst werden jedenfalls nur die erfahrenen Schiffsführer das neue Fahrzeug steuern, wie Grießer sagt. „Ob das alles so funktioniert wie bei den Testfahrten, das überlegt man sich als Kapitän, wenn man mit einem neuen Schiff zum ersten Mal rausfährt“, sagt Helmut Diller, der wie viele Mitarbeiter der Werft die Ankunft des neuen Schiffes verfolgt. Und draußen auf dem Steg und am Ufer harren viele Zuschauer Stunden aus, um das einzigartige Spektakel mitzuerleben.
Manfred Müller aus Igling wollte nur kurz auf der Fahrt in die Arbeit halten, „aber ich bin hängengeblieben“. Die kleine Helena aus Seefeld ist mit ihrem Vater gekommen: „Irgendwann mache ich mal eine Fahrt!“Und Andreas Schröder aus Fürstenfeldbruck schaut genau hin: Er baut die Schiffe der Seenschifffahrt anhand von Fotos und eigenen Messungen nach. „Für die Herrsching habe ich 1500 Stunden gebraucht“, erzählt er dem Schifffahrts-Chef. Und obwohl es die letzten Tage mehr um Superlative ging, lässt sich Michael Grießer auch davon begeistern, dass von den Schiffen jemand Miniaturen schafft.