Ein ungutes Gefühl bleibt
Im Landkreis gibt es viele Bayern-Fans. Nach dem Anschlag auf den Dortmunder Mannschaftsbus am Dienstagabend fuhren gestern trotzdem viele nach München. Aber es war kein normales Spiel
Rainer Mahl, Sportreferent im Landratsamt und großer Bayern-Fan, fuhr gestern dann doch nach München zum ChampionsLeague-Spiel der Bayern gegen Real Madrid. „Ich habe es mir schon überlegt, mich dann aber doch entschlossen zu fahren“, erzählt er. „Aber ein ungutes Gefühl bleibt.“
Vom Bombenanschlag auf den Dortmunder Mannschaftsbus am Dienstagabend hatte er im Fernsehen erfahren. Sein 13-jähriger Sohn Niklas wollte sich die Partie ansehen, später kam Mahl auch dazu und sein Sohn erzählte ihm von dem Anschlag und der Absage. „Niklas war ganz geschockt und wollte nicht mehr mit nach München.“Erst Mittwochmorgen habe sich sein Sohn dann doch entschieden, mitzufahren. „Aber die Vorfreude auf das Spiel ist weg.“
Das erhöhte Polizeiaufgebot in München kann Mahl nicht wirklich beruhigen. „Wir fahren einen Teil der Strecke mit der U-Bahn, dort kann ebenso was passieren wie im Eingangsbereich.“Auch werden sich die Gespräche auf der Fahrt nach München – Mahl ist mit einer Gruppe unterwegs – sicher nicht ums Spiel, sondern um den Anschlag in Dortmund drehen, mutmaßte er gestern Nachmittag. Dass der BVB gleich am Tag nach dem Attentat spielen musste, sieht Mahl als sehr ungünstig. „Wie soll eine junge Mannschaft das verkraften, wenn sie erst wenige Stunden zuvor gerade noch mit dem Leben davongekommen ist?“In diesem Fall hätte er sich von der UEFA etwas mehr Flexibilität gewünscht, sodass die Partie erst in einigen Tagen angesetzt worden wäre. „Ich glaube nicht, dass Spieler und Zuschauer mit einem guten Gefühl ins Stadion gehen.“
Als ehemaliger Bundesliga-Fußballer kann sich Karlheinz Artmann in die Dortmunder Spieler vermutlich mit am besten einfühlen. „Sportler sind es gewöhnt, sich beim Spiel nur darauf zu konzentrieren und alles andere auszublenden, aber ob das in so einem Fall gelingt, das wird sich zeigen“, so der frühere Landsberger Sportzentrumsleiter.
Denn ein derartiger Anschlag sei schließlich eine komplett außergewöhnliche Situation. Dass ausgerechnet auf eine Fußballmannschaft ein Anschlag verübt wurde, sei Absicht gewesen, ist sich Artmann sicher: „Damit trifft man den Nerv.“Keine andere Sportart in Deutschland stehe so im Mittelpunkt und wecke so viele Emotionen. „Hier trifft man die große Masse, das war ganz gezielt“, sagt Artmann. Trotz- dem fuhr auch er gestern nach München, wobei „das Ergebnis momentan in den Hintergrund tritt, wichtig ist, dass alles ruhig bleibt“.
Spiele des FC Augsburg hat Bernhard Munz, ehemaliger Trainer bei Jahn Landsberg und dem VfL Kaufering, regelmäßig besucht, und als eingefleischter Löwen-Fan natürlich auch die Partie des TSV 1860 in München. „Dabei habe ich noch nie daran gedacht, dass etwas passieren könnte“, sagt er. Andererseits könnten derartige Anschläge überall passieren, räumt er ein. „Ich werde trotzdem nach Augsburg und nach München zu den Spielen fahren. Jetzt erst recht sogar“, betont er – man dürfe sich nicht einschüchtern lassen. „Die Welt ist aus den Fugen geraten – und ein Ende ist nicht in Sicht.“
Ob sich die Borussen-Spieler nach dem Erlebten auf den Fußball werden konzentrieren können, zweifelte er an. „Es wäre schon schwierig gewesen, wenn niemand verletzt worden wäre“, sagt Munz. Doch da Verteidiger Marc Bartra sogar operiert werden musste, sei das nicht so leicht wegzustecken: Man denkt doch immer, es hätte einen auch selbst treffen können.“