Ein sizilianischer Leopard
Der Mann, von dem diese Geschichte handelt, wurde, wie die Engländer sagen würden, mit einem silbernen Löffel im Mund geboren. Man könnte sogar von einem goldenen Löffel sprechen. Allerdings fand diese Geburt nicht auf der britischen Insel, sondern auf Sizilien statt. Giuseppe Tomasi war, kaum dass er in Palermo das Licht der Welt erblickte, nicht nur Herzog von Palma, sondern auch Fürst von Lampedusa. Er genoss seine hoch- adelige Jugend eher in der Stille. Er war ein Junge, so der Fürst über seine frühen Jahre, „dem die Einsamkeit gefiel und der lieber mit Sachen als mit Personen zusammen war“. Die Sachen – das waren meistens Bücher, Literatur, vor allem englische. Über die schrieb er – nach unvollendetem JuraStudium – dann als Journalist und Literaturkritiker.
Tja und dann wagte er sich in fortgeschrittenen Jahren selber an einen Roman. Sein Thema: der Niedergang einer Familie, der zugleich der Niedergang einer Welt ist. Wenn man so will: eine hochadelige und sizilianische Version der deutschen und bürgerlichen Buddenbrooks. Die dahin sinkende Familie, die Giuseppe Tomasi di Lampedusa schildert, ähnelt seiner eigenen Familie zum Verwechseln. Und mit ihr lässt er eine jahrhundertealte Lebensform versinken, die des spätfeudal geprägten Sizilien.
Tomasi beschreibt dies als Betroffener, der sich mit milder Trauer in das Unvermeidliche und Unhaltbare ergibt. „Der Leopard“nennt er den Fürsten, dem seine Welt sozusagen zwischen den Fingern zerrinnt. Und ganz wie ein junger Autor zeigt Tomasi seinen Roman erst mal einem Freund zur Beurteilung. Foto: dpa Dann schickt er ihn an einen ersten Verlag. Dann an einen zweiten. Dann an einen dritten. Und so weiter. Keiner will den „Gattopardo“haben. Ein klassischer Fall von Lektoren-Blindheit. Auch Harry Potter wurde ja mehrmals abgewimmelt, ehe sich einer seiner erbarmte. Immerhin: Joanne K. Rowling erlebte schließlich doch noch die globale Potter-Manie. Ein solches Glück hatte der Sizilianer nicht. Giuseppe Tomasi di Lampedusa starb 1957, ohne sein Werk veröffentlicht zu sehen. Zwei Jahre danach erhielt der posthum herausgegebene Roman einen der renommiertesten Literaturpreise Italiens. Inzwischen gehört der Leopard zur Weltliteratur. Hollywood verfilmte ihn mit zwei Superstars: Burt Lancaster und Claudia Cardinale.