Maibaum Krimi
Wie ein gewiefter Trupp aus Egling das Stangerl aus Vogach raubte. Der Stamm hing an einer Hallendecke
Wie ein gewiefter Trupp aus Egling das Stangerl aus Vogach im Landkreis Fürstenfeldbruck raubte. Der Stamm hing an einer Hallendecke.
Das war spannend wie ein (Heimat-)Krimi, was sich da zu nächtlicher Stund’ im Norden des Landkreises Landsberg und in einem kleinen Örtchen im Landkreis Fürstenfeldbruck abspielte. Die Protagonisten: eine gewitzte Burschentruppe aus Egling und Umgebung, ein an der Hallendecke hängender, 32 Meter langer Maibaum, 50 Rinder auf einer Weide und eine Zeitungsausträgerin. Der glückliche Ausgang der Geschichte: In Egling bewachen zahlreiche Mannen stolz den aus Vogach geklauten Maibaum. Und die Bestohlenen nehmen’s mit Humor.
Es war ein Gewaltakt und erforderte einiges an Raffinesse und Geduld, das Brauchtumsstangerl aus dem etwa zwölf Kilometer von Egling entfernten Vogach zu stehlen, wie Johannes Ernst berichtet. Er ist zusammen mit Sebastian Schneider, Markus Spicker, Matthias Hill und Benedikt Sießmeir einer der Hauptplaner der Aktion. „Insgesamt haben sich rund 30 Leute beteiligt – die Jüngsten sind um die 16 Jahre, die Ältesten 35“, so Ernst. Sie sind ein Trupp aus guten Bekannten aus Egling, Heinrichshofen, Weil, Hausen, Steinach und Unfriedshausen, die zusammen dem guten alten Brauchtum frönen wollten – „mal wieder Kind sein“, wie Johannes Ernst es ausdrückt. Schon einen Monat vorher haben sie angefangen, die Umgebung nach möglichen „Maibaum-Opfern“zu erkunden. Durch einen Tipp seien sie auf das Örtchen Vogach gekommen. Die Mitglieder des dortigen Schützenvereins Glonn-Au dachten, sie hätten ihren Baum besonders gut vor Dieben geschützt. Denn sie hängten ihn in etwa viereinhalb Metern Höhe an die Decke einer landwirtschaftlichen Halle. Doch sie hatten die Rechnung ohne die ehrgeizigen Burschen aus dem Norden des Landkreises Landsberg gemacht. Bestens vorbereitet und mit zwei von Sebastian Schneider umgebauten landwirtschaftlichen Hängern im Schlepptau (für den Abtransport des Stangerls – ein Wagen für vorne, einer für hinten) machten sie sich des Nachts in der Halle ans Werk. „Der Baum war wohl mit Gabelstaplern nach oben gehievt worden – und mit viel Schweiß und Blut“, berichtet Johannes Ernst beeindruckt. Um das 32 Meter lange Stangerl wieder herunterzuholen, konnte der Eglinger Trupp keinerlei Maschinen verwenden, „das wäre viel zu laut gewesen“. Also nutzten sie Greif- und Flaschenzüge. Ein schweres und anstrengendes Unterfangen in absoluter Dunkelheit – „es hat vier Stunden gedauert, und zwischendrin dachten wir auch, wir würden scheitern“, berichtet Ernst. Zumal der Druck, entdeckt zu werden, von Stunde zu Stunde stärker wurde – denn gleich im Haus neben der Halle wohnt eine Zeitungsausträgerin, die erfahrungsgemäß in den frühen Morgenstunden aufbrechen sollte ... ihr würden die Eglinger Burschen später tatsächlich noch begegnen. Als der Stamm aber endlich sicher unten „gelandet“war und der Rest der Mannschaft ihn aufgeladen hatte, hieß es schnell weg aus Vogach. „Wir mussten dazu über eine Kuhwiese mit rund 50 Rindern – das war gut für uns, weil wir mit unseren Wagen sehr laut waren. Die Rinder haben uns aber mit ihrem Muhen übertönt“, sagt Johannes Ernst lachend. Und auch im Weiteren sollte die Natur den Maibaumklauern in die Hände spielen: Ein heftiges Schneegestöber setzte ein. „Das war eine gute Tarnung für uns, niemand hat uns gesehen.“Und nicht einmal die besagte Zeitungsausträgerin, auf die die Burschen tatsächlich auf dem Rückweg gestoßen sind, konnte die Diebe aufhalten. Sie hatte nichts vom Baumraub mitbekommen.
Der Weg zurück nach Egling dauerte weitere vier Stunden, erzählt Johannes Ernst weiter. „Insgesamt war es für uns alle eine lange Nacht, wir waren rund 48 Stunden wach. Und durch den Schnee waren wir natürlich durchnässt und haben jetzt alle einen Schnupfen.“
Aber das alles sei es trotzdem wert gewesen. Der Raub ist geglückt und der Maibaum aus Vogach wird nun rund um die Uhr überwacht. „Wir haben ihn auf Böcke gestellt und ein Zelt darüber gebaut, da hocken jetzt unsere Leut’ drin und passen auf“, so Ernst.
Und die Vogacher Schützen? „Die haben wir angerufen und gefragt: Kann es sein, dass euch etwas fehlt?“Der Vorsitzende der GlonnAu-Schützen wusste natürlich Bescheid und habe dem gewieften Trupp aus dem Landkreis Landsberg sogar Respekt für den Maibaum-Coup gezollt. Von Ärger über den Diebstahl keine Spur. „Im Gegenteil, wir verstehen uns gut, alle waren extrem nett“, bestätigt Ernst. Schon bald soll die Auslöse des geraubten Baumes stattfinden. „Der Vorstand hat uns versprochen, dass das ein schönes Fest wird, mit Brotzeit und Bier.“
Und das Ganze soll noch vor dem 1. Mai über die Bühne gehen, damit die Vogacher nach dem spannenden Baum-Krimi doch noch ihr Brauchtumsstangerl aufstellen können. Die Tradition verlangt es übrigens, dass die Diebe den Bestohlenen dann dabei helfen.