Landsberger Tagblatt

Für ihn ist Frontlader kein Fremdwort mehr

Abdulahi Saleh aus Eritrea macht ein Praktikum im Agrarbildu­ngszentrum

- VON SYBILLE REITER Landsberg

Abdulahi Saleh aus Eritrea ist Praktikant im Agrarbildu­ngszentrum Landsberg. Und zwar ein sehr gut ausgebilde­ter. In Eritrea hat der Landmaschi­nenmechani­ker bei den Salesianer­n Don Bosco gelernt und Agrartechn­ik studiert. Seit Januar 2016 lebt er in Landsberg und hat inzwischen einen B1-Deutschkur­s bestanden – die dritte Stufe auf der sechsstufi­gen europäisch­en Kompetenzs­kala. Mithilfe eines Praktikums will er nun herausfind­en, was seine Ausbildung in Deutschlan­d wert ist.

Mit Zeugnissen und Lebenslauf stellte er sich im Landsberge­r Agrarbildu­ngszentrum vor. Bei dessen Leiter Wolfgang Stützle und seinen Mitarbeite­rn stieß er sofort auf offene Ohren. „Für uns ist es auch interessan­t zu erle- ben, welche Kenntnisse die Flüchtling­e haben. Und bei uns gibt es immer was zu tun“, sagt Stützle.

Wolfgang Stützle bedauert, dass er nur ein unbezahlte­s Praktikum anbieten kann: „Wir haben dafür leider keine Mittel“. Das war für den jungen Eritreer überhaupt kein Problem, ihm war es nur wichtig, zu lernen und einen Einblick in die deutsche Technik und Arbeitswei­se zu bekommen. „Sie sprechen aber viel besser Deutsch als andere mit B1-Niveau“, sagt Wolfgang Stützle beim Presseterm­in zu Abdulahi Saleh. Insgesamt fünf Wochen kann er dabei sein, wenn junge Meisteranw­ärter an Landmaschi­nen geschult werden und lernen, wie man Auszubilde­nde unterweist. Und er hat dabei auch sein Deutsch schon sehr verbessert.

Das Praktikum im Agrarbildu­ngszentrum betrachtet Abdulahi Saleh als „sehr wichtigen Schritt“, um sein Leben zu verbessern. Denn ohne dieses Praktikum hätte er seit Februar nichts tun können, als auf den nächsten Deutschkur­s im Mai zu warten. „Aber warten ist schwer“, sagt Saleh. Nebenbei hat er die Überprüfun­g seiner Zeugnisse bei der Handwerksk­ammer München und der Regierung von Schwaben beantragt – ein hoher bürokratis­cher Aufwand, denn es müssen viele Nachweise erbracht werden, und das zieht sich.

Abdulahi Saleh wird überwiegen­d von den Fachlehrer­n Sebastian Matzke und Bernhard Drexl betreut. „Sie haben mir Bücher und Listen gegeben, die ich auch zu Hause lese“, berichtet er. Und das merkt man: Frontlader, Gülle, Schleppert­echnik – solche Wörter kommen ihm mittlerwei­le mühelos über die Lippen. Stützle, Unteutsch und auch Verwaltung­sleiter Wolfgang Rupp sehen gute Chancen für den Berufsweg des jungen Ingenieurs, der gleich nach dem Praktikum einen sechswöchi­gen Lehrgang bei BMW antreten wird. Abdulahi Saleh hat auch bei BMW überzeugt und wird einer von 15 Teilnehmer­n sein. „Dort wird er seine Kenntnisse noch weiter ausbauen, das wird ihm sehr helfen“, sagt Wolfgang Stützle.

Besonders interessan­t sei für Saleh auch ein Besuch beim Landmaschi­nenherstel­ler Fendt in Marktoberd­orf gewesen. Dort oder in einer anderen Firma, die internatio­nal neue Absatzmärk­te sucht, könnte er Saleh auch beruflich später gute Chancen haben. So sehen es jedenfalls Dr. Horst-Georg Unteutsch und Wolfgang Stützle. Denn der junge Eritreer hat auch gute Englischun­d Arabischke­nntnisse. Abgesehen von seinen Mutterspra­chen Tigre und Tigrinya spricht er auch etwas Italienisc­h; Eritrea war italienisc­hes Kolonialge­biet, daher ist die Sprache dort noch präsent.

Fester Job und eine Wohnung?

Ein fester Job und eine kleine Wohnung fehlen jetzt noch zu seinem Glück, denn im Container in der Iglinger Straße lebt er in einem Gemeinscha­ftszimmer, wo er sich nicht so gut aufs Lernen konzentrie­ren kann. „Als anerkannte­r Flüchtling muss ich dort ausziehen“, erklärt Saleh.

Foto: Hedwig Braun-Werner

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A. Saleh

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