Warum diese Schnepfe viele Freunde hat
Der Große Brachvogel droht auszusterben. Seit 2004 brütet er wieder im Ampermoos. Das geht nicht ohne Hilfe
Seit einigen Jahren ist „die Märzflöte“im Ampermoos wieder zu hören. Und es besteht die Chance, dass der Große Brachvogel auch weiter seinen Hochzeitsgesang, der ihm im Volksmund diesen Namen gab, zwischen Eching, Kottgeisering und Grafrath erklingen lässt. Mitte der 1950er-Jahre brüteten alleine im südlichen Teil noch 15 Paare, in den 1970er- und 1980er-Jahren war der melancholische Triller der Märzflöte im Ampermoos verstummt. 2004 flogen wieder die ersten zwei Jungvögel aus. Um hier erneut heimisch werden zu können, braucht diese laut der Bayerischen Roten Liste vom Aussterben bedrohte Art einige Freunde, die ihm helfen. Das LT stellt sie vor:
Basis der Wiederansiedlung war der geeignete Lebensraum. Pflegemaßnahmen in den Streuwiesen, die zu verbuschen drohten, haben diesen Lebensraum für den Großen Brachvogel geschaffen. Wolfgang
Steinbach von der Unteren Naturschutzbehörde (UNB) in Landsberg leitete die Pflege in die Wege. Auch der Freistaat und die EU zählen laut Steinbach zu den Helfern, sie stellen Gelder zur Verfügung: 2016 wurden laut Steinbach im Landkreis Landsberg 1174 Hektar landwirtschaftlich extensiv genutzte Flächen (Wiesen, Weiden, Streuwiesen, Magerrasen) über das Bayerische Vertragsnaturschutzprogramm gefördert. Die Förderung der insgesamt 730 Einzelflächen betrug 550 000 Euro.
Einst nutzten die Landwirte beispielsweise im Moos die „Strahwiesen“(oberbaierisch) oder SchdreeWiesen (lechrainisch), um dort Einstreu für ihre Viehställe zu ernten. Diese Nutzung verschwand, die feuchten Mooswiesen begannen zu verbuschen. Der große Brachvogel, ein Wiesenbrüter, kann jedoch nur in offenen Wiesenlandschaften am Boden sein Nest bauen, um später auch die Jungen zu führen.
Für die geförderte Streuwiesenmahd braucht es Bauern, die die Moosflächen bewirtschaften, aber auch welche, die das Einstreu nutzen: Vor 20 Jahren bauten die Landwirte Paul Roming und sein Vater
Paul Roming senior einen Tieflaufstall. Statt in einem Laufstall mit Spaltenboden und reiner Güllewirtschaft stehen die Kühe nun bis auf den Futterbereich auf Einstreu, später als Festmist ausgebracht wird. Die Landwirtschaftsberatung habe damals davon abgeraten, erzählt Roming, Förderung habe es keine gegeben. Für seine 60 Milchkühe mit Nachzucht braucht Roming täglich zwei Ballen Stroh. Der Landwirt zeigt die riesige Reihe aufgestapelter Strohrundballen nördlich des Stalles. Feines Material von Sauergraswiesen ist von sperrigerem schilflastigem Einstreu zu unterscheiden. „Ich erkenne meist, wo das gemäht wurde.“
Auch der Maschinenpark ist für die Moormahd speziell gerüstet. „Der Schlepper hat eine Doppelbereifung und die Ballenpresse ist achtfach bereift.“So soll auf dem weichen Untergrund eine zu starke Bodenverdichtung durch die schweren Maschinen vermieden werden. Mahdzeitpunkt ist ab 1. September, doch wenn Ende August ein Tief kommt, könne es sein, dass die Streuwiesen erst im Januar gemäht werden, erzählt Roming. Das heißt, wer Streuwiesen bewirtschaftet, muss flexibel sein. Da jedoch hinter dem Hof gleich das Moos beginnt, weiß Paul Roming, wann er hineinfahren kann und wann nicht.
Das Ampermoos ist nicht Heimat nur für den Großen Brachvogel, es bietet vielen schützenswerten Tierund Pflanzenarten einen Lebensraum. Einer, der das rund 600 Hektar große, zu den wichtigsten Niedermooren Deutschlands zählende Gebiet besonders gut kennt, ist
Christian Niederbichler. Der Geograf mit Fachrichtung Geobotanik wurde vor 20 Jahren zum Gebietsbetreuer für das Ramsargebiet Ammersee ernannt. Niederbichler war der Erste, mittlerweile wurden weitere Stellen dieser Art geschaffen. Niederbichler kennt den Ammersee und seine wertvollen Schutzgebiete drumherum. Er macht Öffentlichwelches keitsarbeit, berät in Sachen Pflege und ist Begleiter von Wissenschaftlern, die ohne ihn nicht in den Schutzzeiten in manche Zonen gehen dürften. Ein Gebietsbetreuer ist auch Netzwerker, beispielsweise sucht er das Gespräch mit Jägern und Landwirten. Und er unterstützt ganz spezielle Schutzmaßnahmen, wie beispielsweise beim Großen Brachvogel. Denn der würde seine Jungen nicht hochbringen, wenn die Nester nicht mit einem elektrischen Zaun versehen würden. Zu viele Füchse, die sich gerne an einem Gelege vergreifen, streifen umher.
Eine, die immer ein scharfes Auge auf Märzflöte, Himmelsziege (Bekassine) und Co. im Ampermoos hat, ist die Naturfilmerin Susanne Hoffmann. Sie entdeckte 2004 das erste Brutpaar bei Kottgeisering. Wie sie sagt, wäre es ohne den Einsatz von Ehrenamtlichen nicht möglich, wichtige Arten zu fördern. Und für den Großen Brachvogel im Ampermoos ist dies Susanne Hoffmann. 680 Stunden hat sie 2016 dort verbracht. Im Frühjahr geht es darum, herauszufinden, wo und wie viele Brutpaare ihr Nest bauen, dann muss der schützende Elektrozaun gebaut werden und im Sommer gilt es, den Bruterfolg zu dokumentiert.
Bei Eching wurden heuer schon sechs Paare gezählt
Nördlich von Eching am Rande einer Wirtschaftswiese, die ans Moos angrenzt, haben Hofmann und Niederbichler in einem Stadel Position bezogen. Hoffmann erspäht durchs Spektiv einen Großem Brachvogel, wie er an einem Graben emsig nach Futter sucht. Sechs Paare hat er heuer gezählt, und wenn die Entwicklung so weitergeht, dann wird man irgendwann nicht mehr alle Nester des Großen Brachvogels im Ampermoos einzäunen.