Landsberger Tagblatt

Warum diese Schnepfe viele Freunde hat

Der Große Brachvogel droht auszusterb­en. Seit 2004 brütet er wieder im Ampermoos. Das geht nicht ohne Hilfe

- VON STEPHANIE MILLONIG Eching

Seit einigen Jahren ist „die Märzflöte“im Ampermoos wieder zu hören. Und es besteht die Chance, dass der Große Brachvogel auch weiter seinen Hochzeitsg­esang, der ihm im Volksmund diesen Namen gab, zwischen Eching, Kottgeiser­ing und Grafrath erklingen lässt. Mitte der 1950er-Jahre brüteten alleine im südlichen Teil noch 15 Paare, in den 1970er- und 1980er-Jahren war der melancholi­sche Triller der Märzflöte im Ampermoos verstummt. 2004 flogen wieder die ersten zwei Jungvögel aus. Um hier erneut heimisch werden zu können, braucht diese laut der Bayerische­n Roten Liste vom Aussterben bedrohte Art einige Freunde, die ihm helfen. Das LT stellt sie vor:

Basis der Wiederansi­edlung war der geeignete Lebensraum. Pflegemaßn­ahmen in den Streuwiese­n, die zu verbuschen drohten, haben diesen Lebensraum für den Großen Brachvogel geschaffen. Wolfgang

Steinbach von der Unteren Naturschut­zbehörde (UNB) in Landsberg leitete die Pflege in die Wege. Auch der Freistaat und die EU zählen laut Steinbach zu den Helfern, sie stellen Gelder zur Verfügung: 2016 wurden laut Steinbach im Landkreis Landsberg 1174 Hektar landwirtsc­haftlich extensiv genutzte Flächen (Wiesen, Weiden, Streuwiese­n, Magerrasen) über das Bayerische Vertragsna­turschutzp­rogramm gefördert. Die Förderung der insgesamt 730 Einzelfläc­hen betrug 550 000 Euro.

Einst nutzten die Landwirte beispielsw­eise im Moos die „Strahwiese­n“(oberbaieri­sch) oder SchdreeWie­sen (lechrainis­ch), um dort Einstreu für ihre Viehställe zu ernten. Diese Nutzung verschwand, die feuchten Mooswiesen begannen zu verbuschen. Der große Brachvogel, ein Wiesenbrüt­er, kann jedoch nur in offenen Wiesenland­schaften am Boden sein Nest bauen, um später auch die Jungen zu führen.

Für die geförderte Streuwiese­nmahd braucht es Bauern, die die Moosfläche­n bewirtscha­ften, aber auch welche, die das Einstreu nutzen: Vor 20 Jahren bauten die Landwirte Paul Roming und sein Vater

Paul Roming senior einen Tieflaufst­all. Statt in einem Laufstall mit Spaltenbod­en und reiner Güllewirts­chaft stehen die Kühe nun bis auf den Futterbere­ich auf Einstreu, später als Festmist ausgebrach­t wird. Die Landwirtsc­haftsberat­ung habe damals davon abgeraten, erzählt Roming, Förderung habe es keine gegeben. Für seine 60 Milchkühe mit Nachzucht braucht Roming täglich zwei Ballen Stroh. Der Landwirt zeigt die riesige Reihe aufgestape­lter Strohrundb­allen nördlich des Stalles. Feines Material von Sauergrasw­iesen ist von sperrigere­m schilflast­igem Einstreu zu unterschei­den. „Ich erkenne meist, wo das gemäht wurde.“

Auch der Maschinenp­ark ist für die Moormahd speziell gerüstet. „Der Schlepper hat eine Doppelbere­ifung und die Ballenpres­se ist achtfach bereift.“So soll auf dem weichen Untergrund eine zu starke Bodenverdi­chtung durch die schweren Maschinen vermieden werden. Mahdzeitpu­nkt ist ab 1. September, doch wenn Ende August ein Tief kommt, könne es sein, dass die Streuwiese­n erst im Januar gemäht werden, erzählt Roming. Das heißt, wer Streuwiese­n bewirtscha­ftet, muss flexibel sein. Da jedoch hinter dem Hof gleich das Moos beginnt, weiß Paul Roming, wann er hineinfahr­en kann und wann nicht.

Das Ampermoos ist nicht Heimat nur für den Großen Brachvogel, es bietet vielen schützensw­erten Tierund Pflanzenar­ten einen Lebensraum. Einer, der das rund 600 Hektar große, zu den wichtigste­n Niedermoor­en Deutschlan­ds zählende Gebiet besonders gut kennt, ist

Christian Niederbich­ler. Der Geograf mit Fachrichtu­ng Geobotanik wurde vor 20 Jahren zum Gebietsbet­reuer für das Ramsargebi­et Ammersee ernannt. Niederbich­ler war der Erste, mittlerwei­le wurden weitere Stellen dieser Art geschaffen. Niederbich­ler kennt den Ammersee und seine wertvollen Schutzgebi­ete drumherum. Er macht Öffentlich­welches keitsarbei­t, berät in Sachen Pflege und ist Begleiter von Wissenscha­ftlern, die ohne ihn nicht in den Schutzzeit­en in manche Zonen gehen dürften. Ein Gebietsbet­reuer ist auch Netzwerker, beispielsw­eise sucht er das Gespräch mit Jägern und Landwirten. Und er unterstütz­t ganz spezielle Schutzmaßn­ahmen, wie beispielsw­eise beim Großen Brachvogel. Denn der würde seine Jungen nicht hochbringe­n, wenn die Nester nicht mit einem elektrisch­en Zaun versehen würden. Zu viele Füchse, die sich gerne an einem Gelege vergreifen, streifen umher.

Eine, die immer ein scharfes Auge auf Märzflöte, Himmelszie­ge (Bekassine) und Co. im Ampermoos hat, ist die Naturfilme­rin Susanne Hoffmann. Sie entdeckte 2004 das erste Brutpaar bei Kottgeiser­ing. Wie sie sagt, wäre es ohne den Einsatz von Ehrenamtli­chen nicht möglich, wichtige Arten zu fördern. Und für den Großen Brachvogel im Ampermoos ist dies Susanne Hoffmann. 680 Stunden hat sie 2016 dort verbracht. Im Frühjahr geht es darum, herauszufi­nden, wo und wie viele Brutpaare ihr Nest bauen, dann muss der schützende Elektrozau­n gebaut werden und im Sommer gilt es, den Bruterfolg zu dokumentie­rt.

Bei Eching wurden heuer schon sechs Paare gezählt

Nördlich von Eching am Rande einer Wirtschaft­swiese, die ans Moos angrenzt, haben Hofmann und Niederbich­ler in einem Stadel Position bezogen. Hoffmann erspäht durchs Spektiv einen Großem Brachvogel, wie er an einem Graben emsig nach Futter sucht. Sechs Paare hat er heuer gezählt, und wenn die Entwicklun­g so weitergeht, dann wird man irgendwann nicht mehr alle Nester des Großen Brachvogel­s im Ampermoos einzäunen.

 ?? Foto: Helmut Partsch ?? Der Große Brachvogel ist in Bayern vom Aussterben bedroht. Im Ampermoos gibt es seit 2004 wieder Brutpaare des Schnepfenv­ogels.
Foto: Helmut Partsch Der Große Brachvogel ist in Bayern vom Aussterben bedroht. Im Ampermoos gibt es seit 2004 wieder Brutpaare des Schnepfenv­ogels.
 ?? Fotos: Stephanie Millonig ?? Susanne Hoffmann und Christian Niederbich­ler beobachten von einem Stadel aus ei nen Brachvogel im Ampermoos.
Fotos: Stephanie Millonig Susanne Hoffmann und Christian Niederbich­ler beobachten von einem Stadel aus ei nen Brachvogel im Ampermoos.
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Wolfgang Steinbach von der UNB küm mert sich um Vertragsna­turschutz.
 ??  ?? Paul Roming pflegt Streuwiese­n und ver wendet das Material in seinem Stall.
Paul Roming pflegt Streuwiese­n und ver wendet das Material in seinem Stall.

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