Dirndlträume aus Finning
In einem Bauernhaus mit himmelblauen Fensterrahmen zeigt Modedesigner Tian van Tastique seine Modelle
In der Unterfinninger Sonnenstraße sticht ein altes Bauernhaus ins Auge: mit himmelblauen Fensterrahmen, Blumenarrangements und einer Vitrine, in der ein Brautdirndlkleid ausgestellt ist. Ein dezentes Logo verrät, was sich dahinter verbirgt: Atelier und Showrooms des Modelabels „Tian van Tastique“(TvT). Ein Wortspiel, das sich aus dem Vornamen des Designers ergeben hat, der nun mit Künstlernamen auftritt.
Dirndl und Brautmoden zu erschaffen war eigentlich nie sein Plan, sagt Tian van Tastique, das habe sich erst mit der Zeit so entwickelt. Der geborene Starnberger hat nach dem Abitur die Modeschule Esmod in München besucht. Anfangs – die Marke TvT gibt es seit 2009 – hat er Abendmode entworfen und sie bei Modenschauen in München präsentiert. Mit der Zeit entwickelte der Designer immer mehr gefragte Tracht und fand dann die Verbindung zur Brautmode. Inzwischen kommen die Kundinnen aus Österreich, der Schweiz und Norddeutschland nach Finning, um sich ein Brautkleid oder Dirndl auf den Leib schneidern zu lassen.
Nicht nur von außen ist das Haus ein Blickfang: Mit seinem Partner Marco Notheis empfängt er die Kundinnen in einem „mädchentraummäßig“eingerichteten Showroom. Von diesem, über die Küche bis hin zum Badezimmer, passt alles zusammen, selbst die Kaffeetassen sind mit kleinen Blümchen geschmückt.
Tian van Tastique und Marco Notheis haben nach einem alten Bauernhaus als Atelier und Showroom gesucht – und sind in Finning fündig geworden. Monatelang wurde renoviert, Wände wurden gestrichen oder tapeziert, alte Möbel restauriert, schöne Dinge für die Dekoration gesucht und gefunden, um einen verspielten Vintagelook als Hintergrund für die eigene Mode zu kreieren. Herzstück sind zwei ineinander übergehende Räume, im ersten Raum präsentiert TvT seine aktuelle Dirndlkollektion. „Am Anfang waren meine Dirndl bunter, inzwischen mag ich am liebsten Gold, Petrol und Oliv“, sagt er. Von da aus geht es in einen etwas größeren Raum, wo die Brautkleider und Brautdirndlkleider hängen: Träume aus Elfenbein, Gold und Rosé, opulent und romantisch verspielt mit Rosenmuster und feinen Stickereien aus Perlen, Swarowskisteinen und Spitze am Taillenmieder und zarten, weit schwingenden Glockenröcken. TvT verarbeitet Seide, französische Spitze, Seidenorganza und -chiffon.
„DivineIdylle“(göttliche Idylle) heißt die Dirndlkollektion, „DivineIdylle La Mariée“die Brautkollektion. Absolute Spezialität ist das von TvT entworfene Brautdirndlkleid: Es ist oben Dirndl und unten Brautkleid, mit schwingendem Tellerrock, für den 21 Meter Stoff verwendet werden: „Das macht kein anderer“, sagt der Designer. Man kann das Dirndl am Tag der Hochzeit mit einem Überrock für Kirche oder Standesamt tragen, später, beim Hochzeitstanz, kann man diesen abnehmen. Und der Hochzeitstag muss nicht der einzige Tag bleiben, an dem dieses Kleid getragen wird: „Danach wird das Brautdirndlkleid wieder zum Dirndl mit farbigem Taillenband oder einer anderen Schürze“, sagt der Modedesigner.
Eine Kollektion kann sechs bis 18 Modelle enthalten. Nach der Bestel- werden sie passend für die Kundin geschneidert. Mindestens eine weitere Anprobe ist dann nötig. Je nach Modell und Wünschen der Bräute werden die Kleider teurer, „unser mit Abstand teuerstes liegt bei 3500 Euro“, sagt er. „Wer im Sommer heiraten will, sollte jetzt schon bei uns gewesen sein, selbstverständlich versuchen wir aber auch kurzfristige Träume wahr werden zu lassen.“
Der Designer näht bei den Musterstücken viel selbst, sucht nach Stoffen, Spitze und Borten, die er in Deutschland, Italien, Frankreich und Portugal einkauft. Pelz und Leder verwendet der Tierfreund nicht. Alle Borten und Applikationen näht er selbst per Hand an seine Modelle.Partner Marco Notheis ist für das Kaufmännische und Organisatorische zuständig: Er hält den Kundenkontakt und sorgt für den Vertrieb. Größere Abnehmer sitzen in Wien, Hamburg, Österreich und in der Schweiz.
„Das sind Brautboutiquen und Brautsalons“, so Notheis.
Genäht wird ausschließlich in Finning – Schneidermeisterin Jana Jamison hält hier die Fäden in der Hand.
„Es wäre günstiger, in Polen oder Rumänien schneidern zu lassen, aber wir möchten bayerische Mode mit bayerischem Qualitätsstandard anbieten.“Oft bringen die Kundinlung nen ihre künftigen Ehepartner mit. Für sie schneidert TvT zum Beispiel Gilets oder auch ganze Anzüge passend zum Brautkleid. Auch Brautjungfern werden mit passenden Kleidern ausgestattet.
Dreißig bis vierzig Bräute kleidet der Designer pro Jahr ein. Dazu gibt es auf Wunsch einen praktischen Rundum-Service: „Schuhe können passend zum Brautkleid eingefärbt werden, wir empfehlen Schmuck, Tasche, Frisur und Make-up und auf Wunsch auch einen Fotografen“, sagt Marco Notheis.
So können die Brautleute vom Showroom aus in den schönsten und wichtigsten Tag ihres Lebens starten.