Landsberger Tagblatt

Gabriels mutiger Trip

Bundesauße­nminister für siebeneinh­alb Stunden in Somalia

- Addis Abeba/Mogadischu

Gestern, in Äthiopien, macht Außenminis­ter Sigmar Gabriel wieder Politik, wie man es von einem deutschen Diplomaten gewohnt ist. Er spricht sich für eine besser abgestimmt­e Afrikapoli­tik der Europäer aus. Nach einem Treffen mit dem Kommission­schef der Afrikanisc­hen Union, Moussa Faki Mahamat, plädiert der SPD-Politiker für eine „Partnersch­aft auf Augenhöhe“mit Afrika.

Tags zuvor tat Gabriel jedoch etwas, was aus dem Rahmen fiel. Er besuchte Somalia, ein Land, in dem Besucher keinen Moment länger bleiben als unbedingt nötig. In gepanzerte­n Fahrzeugen, umringt von schwerbewa­ffneten afrikanisc­hen Soldaten und Sondereins­atzkräften des Bundeskrim­inalamtes sprach der Bundesauße­nminister auch mit ehemaligen Kämpfern der islamistis­chen Al-Shabaab-Miliz.

Gabriel hat bereits knapp 20 Reisen absolviert, seit er das Amt von Frank-Walter Steinmeier übernommen hat. Aber Somalia ist eine Nummer für sich. Es gilt als Armenhaus Afrikas, das Paradebeis­piel eines gescheiter­ten Staates. Das Land ist für Hunger bekannt, für Piraten und Terroriste­n. Seit 2012 war kein deutscher Minister mehr da. Besucher blieben meist am Flughafen.

Doch Gabriel wagt sich mit seinem Tross ins Land. Es ist eine Auslandsre­ise im Ausnahmezu­stand. Die Miliz Al-Shabaab beherrscht noch weite Teile Mittel- und Südsomalia­s. Gabriel ist nur für siebeneinh­alb Stunden dort, fliegt mit einer UN-Propellerm­aschine von Äthiopien aus ein. Rein, raus, es muss schnell gehen. Gabriels Aufenthalt­sort muss aus Sicherheit­sgründen geheim bleiben.

Das Lager am Flughafen Mogadischu wirkt provisoris­ch. Aber dort wurde vor wenigen Wochen der neue Präsident gewählt. Dort sitzen die internatio­nalen Organisati­onen, dort entsteht das künftige Botschafts­viertel. Langsam wächst so etwas wie ein Staat. Aus Baracken, aber immerhin.

Wegen der Dürre sind in Somalia nach UN-Angaben gut sechs Millionen Menschen – etwa die Hälfte der Bevölkerun­g – auf humanitäre Hilfe angewiesen. Bei der letzten Hungersnot 2011 kamen 250 000 Menschen ums Leben. Gabriel fliegt in die von Milizen umlagerte Stadt Baidoa. Dort sagt er zu, die deutsche Hilfe wegen der Dürre zu verdoppeln, 70 Millionen Euro mehr. Wie vielen Somaliern das hilft und ob andere Länder mitziehen, ist ungewiss.

Nico Pointner, dpa

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Foto: M. Gambarini, dpa Gabriel besucht in Baidoa (Somalia) ein Flüchtling­slager.

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