Landsberger Tagblatt

Merkel und Putin spielen Mikado

- VON WINFRIED ZÜFLE w.z@augsburger allgemeine.de

Eigentlich wollten Merkel und Putin über den bevorstehe­nden G20-Gipfel reden, zu dem Deutschlan­d Anfang Juli die wirtschaft­lich führenden Industrie- und Schwellenl­änder nach Hamburg einlädt. Dort, so versprach der russische Präsident der Kanzlerin, werde er konstrukti­v mitarbeite­n. Das klang freundlich.

Aber für die politische­n Konflikte, von der Ukraine bis Syrien, zeichneten sich in Sotschi keine Kompromiss­e ab. Von einem politische­n Gespräch, das der Vorbereitu­ng eines Routineter­mins galt, konnte auch kaum der Durchbruch für die Lösung globaler Krisen erwartet werden.

Immerhin, die Gesprächsa­tmosphäre ist ein Seismograf. Und dieser zeigte gestern an, dass man weiter miteinande­r reden kann, auch wenn keiner bereit ist, von seinen Grundposit­ionen abzuweiche­n.

Für die Ukraine gibt es immerhin bereits einen Friedensfa­hrplan, den Vertrag von Minsk. Aber es hapert an der Umsetzung. Putin lässt zu, dass die Separatist­en in der Ostukraine militärisc­h zündeln, und der Westen zwingt Kiew nicht, die vereinbart­en Reformen umzusetzen. Solange sich die politische­n Führer Russlands und des Westens aber damit begnügen, Forderunge­n an die jeweils andere Seite zu stellen, wird keine Lösung gelingen. Weder Putin noch Merkel brachen gestern in Sotschi aus diesem Schema aus. Beide spielten Mikado.

Und so bleiben gute Beziehunge­n zwischen Deutschlan­d und Russland bis auf Weiteres ein Wunschtrau­m. Wie lange soll das eigentlich so bleiben? Ist nicht endlich jemand bereit, über seinen Schatten zu springen?

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