Landsberger Tagblatt

Schlechte Nachrichte­n Rangliste der Pressefrei­heit

Pressefrei­heit Weltweit hat sich die Lage für Journalist­en verschlech­tert. Das liegt natürlich auch an Entwicklun­gen wie in der Türkei. Aber es sind nicht nur die üblichen Verdächtig­en, bei denen die Situation für Medien schwierig ist. Ein Überblick

- Andreas Heimann, dpa, AZ

Zum Thema Pressefrei­heit gibt es überwiegen­d schlechte Nachrichte­n. Das ist nichts Besonderes. Aber die jüngsten Entwicklun­gen geben Organisati­onen wie Reporter ohne Grenzen, die in der vergangene­n Woche ihre Rangliste der Pressefrei­heit vorgestell­t hat, immer mehr Anlass zur Sorge: In fast zwei Dritteln der dort berücksich­tigten 180 Länder hat sich die Situation im Vergleich zum Vorjahr noch einmal verschlech­tert. Beunruhige­nd auch: Es sind nicht nur die üblichen Verdächtig­en unter den Diktaturen, die Zensur üben und Journalist­en verfolgen.

Auch in demokratis­chen Staaten sprechen Politiker zunehmend abfällig über Journalist­en, versuchen Medien zu kontrollie­ren oder unliebsame Berichters­tattung zu unterdrück­en, als Beispiele nennt Christian Mihr, Geschäftsf­ührer von Reporter ohne Grenzen, etwa USA, Großbritan­nien, Polen und Ungarn. Und in Deutschlan­d? Auch hier ist nicht alles so, dass es nicht besser werden könnte. Im Gegenteil.

Reporter ohne Grenzen kritisiert, erneut seien Journalist­en erschrecke­nd vielen tätlichen Angriffen, Drohungen und Einschücht­erungsvers­uchen ausgesetzt gewesen. „Immer wieder geraten einzelne auch ins Visier von Polizei und Justiz oder Geheimdien­sten und müssen sich gegen Durchsuchu­ngen oder Ausforschu­ng zur Wehr setzen“, so Mihr. Unveränder­t auf Platz 16 ist Deutschlan­d von der Spitze der Rangliste, wo Norwegen, Schweden, Finnland, Dänemark und die Niederland­e zu finden sind, weit entfernt.

Und weil die Lage weltweit prekärer wird, sei das für Deutschlan­d eigentlich eine Verschlech­terung, sagte der Vorsitzend­e des Deutschen Journalist­en-Verbands (DJV), Frank Überall. Dass Deutschlan­d nicht weiter nach vorne gerückt ist, liege nicht zuletzt an staatliche­n Repression­en. „Stichwort Vorratsdat­enspeicher­ung, BND-Gesetz, Whistleblo­werschutz. Ich darf daran erinnern, dass im Koalitions­vertrag stand, dass man den Schutz von Whistleblo­wern verbessern wollte“, sagte Überall. „Das ist nicht eingelöst worden, und das wird die Große Koalition bis zur Bundestags­wahl wohl auch nicht mehr schaffen.“

Der Hauptgesch­äftsführer des Bundesverb­ands Deutscher Zeitungsve­rleger (BDZV), Dietmar Wolff, warnt vor einer Erosion der Glaubwürdi­gkeit: Hinter der erschrecke­nden Zunahme von Fake News in den sozialen Medien genau wie hinter den „Lügenpress­e“-Vorwürfen stünden gezielte Interessen, das Vertrauen der Bevölkerun­g in die Medien zu erschütter­n. Das geplante Netzwerk durchs et zungs gesetz, das zum Beispiel Facebook zwingen soll, strafbare Inhalte zu löschen, sei keine Hilfe dagegen.

Auch Stephan Scherz er, Haupt geschäftsf­ührer des Verbands Deutscher Zeitschrif­ten verleger(VDZ ), kritisiert­e, so gut das Gesetz vielleicht gemeint sei, so sicher werde es die Meinungs- und Pressefrei­heit schwächen. Der Staat dürfe Facebook nicht zum größten Zensor machen, warnte er. Stattdesse­n fordert der VDZ unter anderem, nicht nur rechtswidr­ige Veröffentl­ichungen zu bekämpfen, sondern auch zu verhindern, dass Quasi-Monopolist­en wie Facebook nach eigenem Gutdünken bestimmte rechtmäßig­e Inhalte nicht veröffentl­ichten.

In vielen anderen Ländern wird die Pressefrei­heit sehr viel direkter unterdrück­t, wie in der Türkei. Gerade erst in der vergangene­n Woche wurde dem Stern-Korrespond­enten Raphael Geiger die Verlängeru­ng seiner Akkreditie­rung verweigert. Und türkische Journalist­en trifft es oft noch deutlich härter. „Ich fürchte, dass die Verhaftung­swellen, die es immer wieder gegeben hat, noch nicht zu Ende sind“, sagte DJVChef Frank Überall. „Ob sich das jetzt nach dem Referendum ändern wird, da bin ich äußerst pessimisti­sch.“In der Rangliste der Pressefrei­heit rutschte das Land noch einmal um vier Plätze auf Rang 155 ab. Nach Einschätzu­ng von Marie Lucas, Türkei-Expertin bei Amnesty Internatio­nal in Deutschlan­d, werden in dem Land inzwischen „alle kritischen Stimmen in atemberaub­enden Tempo mundtot gemacht“. Das treffe alle, die sich exponiert kritisch gegen die Regierungs­politik äußern.

„Nicht nur Journalist­en, auch Menschenre­chtler und zum Beispiel Organisati­onen, die sich mit der Situation der Flüchtling­e beschäftig­en“, sagte Lucas. Allerdings habe

Auch in Deutschlan­d ist die Lage nicht ideal Nordkorea ist mittlerwei­le das Schlusslic­ht

sich die Lage in der Türkei schon lange vor dem Putschvers­uch verschlech­tert, betont Christian Mihr von Reporter ohne Grenzen: „In den vergangene­n zwölf Jahren ist das Land um insgesamt 57 Plätze auf der Rangliste der Pressefrei­heit abgerutsch­t.“

Auch in anderen Ländern sieht es seit Jahren mit Blick auf die Pressefrei­heit gleichblei­bend finster aus. Eritrea und Nordkorea haben ganz am Ende der Rangliste lediglich die Plätze 179 und 180 getauscht – Nordkorea liegt nun ganz hinten. Syrien bleibt auf Rang 177, China auf 176. Ob sich daran bis zum nächsten Tag der Pressefrei­heit viel ändert, ist nicht sehr wahrschein­lich.

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