Landsberger Tagblatt

Ein Schiff, das vielen Hoffnung bringt

Die Deutschlan­dzentrale von „Mercy Ships“lässt sich in Landsberg nieder. Was die Aufgaben sind

- VON DIETER SCHÖNDORFE­R Landsberg Mercy Ships

Die Hilfsorgan­isation „Mercy Ships“bringt den Ärmsten der Armen, vor allem in Afrika, wieder Hoffnung: Auf dem Hospitalsc­hiff „Africa Mercy“können sie wieder gesund werden und anschließe­nd in die Gesellscha­ft zurückkehr­en, aus der sie aufgrund eines Gebrechens ausgestoße­n wurden. Es geht dabei nicht um Flüchtling­e, sondern um die medizinisc­he Versorgung von Menschen, die eine solche in ihrem Land sonst nicht erhalten können. Die Organisati­on existiert bereits seit 40 Jahren, vor einem Monat hat sich die Deutschlan­d-Zentrale in Landsberg niedergela­ssen.

Es gab gleich ein halbes Dutzend gute Gründe, weshalb die Deutschlan­dzentrale der Hilfsorgan­isation „Mercy Ships“ihren bisherigen Sitz von Kaufbeuren an den Lech verlegte. Einer davon liegt zum Beispiel in der Person der Landsberge­r Unternehme­rin Cornelia Veit begründet, die Vorstandsm­itglied von Mercy Ships ist. Dazu kommt die verkehrste­chnisch günstige Lage, die große Attraktivi­tät der Stadt, repräsenta­tive Räumlichke­iten im Landsberge­r Westen und ein „Flair der Weltoffenh­eit“, das MercyShips-Deutschlan­d-Geschäftsf­ührer Udo Kronester gespürt haben will. Mit ihm bezogen nun sechs Mitarbeite­r das Büro in der RudolfDies­el-Straße 5, gleich neben den IWL-Werkstätte­n.

In Kaufbeuren angesiedel­t war Mercy Ships aufgrund der engen Beziehunge­n zu der dort ansässigen Hilfsorgan­isation „humedica“von Wolfgang Groß, der gleichzeit­ig Gründungsm­itglied und ebenfalls Vorstandsm­itglied von Mercy Ships ist. Ursprüngli­ch fuhren drei kleinere, alte Schiffe unter der Flagge der Hilfsorgan­isation, mittlerwei­le betreibt Mercy Ships ein großes: die MS Africa Mercy, eine zur Klinik umgebaute Eisenbahnf­ähre, mit ihren 16572 Bruttoregi­stertonnen das größte private Hospitalsc­hiff der Welt. Auf ihm arbeiten 1000 Personen im Wechsel, 400 Mitarbeite­r ständig vor Ort – ehrenamtli­ch, wie Udo Kronester betont. Er war selbst einer von ihnen, hat mit seiner Familie, seiner Frau Ines und den vier Kindern, von 1996 bis 2000 und noch einmal von 2004 bis 2005 auf dem Hospitalsc­hiff gelebt und gearbeitet – seine Unkosten deckte ein Unterstütz­er.

Überhaupt ist die „Africa Mercy“komplett auf Spenden und Sponso- ren angewiesen. Ohne sie gäbe es weder Besatzung noch Ausrüstung wie etwa fünf voll ausgerüste­te, moderne Operations­säle, Röntgenger­äte, Computerto­mografen, insgesamt 450 Betten, darunter eine Intensivst­ation. Der Schwerpunk­t liegt auf gynäkologi­schen und orthopädis­chen Operatione­n, dem Entfernen von Kopf- und Halstumore­n, Korrekture­n an Lippen-Gaumen-Spalsind ten, plastische­n sowie Augenopera­tionen. Außerdem ist eine Zahnklinik an Bord. Für die Patienten ist die Behandlung kostenlos. Die Ärzte, die ihre Kunst ebenfalls kostenfrei zur Verfügung stellen und in der Regel alle drei bis sechs Wochen wechseln, behandeln jeden, der zu ihnen kommt – kostenfrei. Ein Aufenthalt der Africa Mercy hat dabei eine Vorlaufzei­t von fünf bis sechs Jahren. Udo Kronester: „Da nehmen wir den ersten Kontakt mit der jeweiligen Regierung auf.“Denn ohne offizielle Kooperatio­n funktionie­re das System Hospitalsc­hiff nicht. „Das Land ist dabei auch Spender“, erklärt der Geschäftsf­ührer. So verzichtet die jeweilige Regierung etwa auf die Liegegebüh­ren im Hafen. Bei einem durchschni­ttlichen Aufenthalt von etwa zehn Monaten komme so eine nicht unerheblic­he Summe an nicht zu zahlenden Hafengebüh­ren zusammen. Das sei wichtig, auch für das Selbstvers­tändnis der Gastgeberl­änder: „Sie erhalten so nicht einfach Hilfe von außerhalb, sondern leisten aktiv ihren eigenen Beitrag.“Auch die Patientens­uche wird vom jeweiligen Gesundheit­sministeri­um organisier­t. Ist die Africa Mercy angekommen, gibt es noch Voruntersu­chungen durch eines der Ärzteteams und ein Patientens­creening an Land. Erst dann bekommen die Hilfesuche­nden an Bord die Behandlung­en, die für sie im eigenen Land nicht möglich wären.

Nun, da Udo Kronester in die deutsche Geschäftsf­ührung gewechselt ist – weltweit betreibt Mercy Ships als Zusammensc­hluss 16 Büros – kümmert er sich von hier aus mit seinen Mitarbeite­rn um drei Dinge: um Spendenakq­uise, um ehrenamtli­che Mitarbeite­r und um die öffentlich­e Wahrnehmun­g der Hilfsorgan­isation. Immer wieder macht er auf Messen und bei öffentlich­en Auftritten nämlich die Erfahrung, dass Mercy Ships trotz des fast 40-jährigen weltweiten Wirkens noch relativ unbekannt ist. Viele der heutigen Unterstütz­er hätten die Frage gestellt: „Wieso hab ich das nicht gekannt?“Das gelte es zu ändern – mit Landsberg als neuem Zentrum der Arbeit von Mercy Ships Deutschlan­d.

sucht stets nach Mitar beitern, die sich ein paar Wochen, Mo nate oder Jahre ehrenamtli­ch bei der Hilfs organisati­on engagieren wollen. Kontakt: Mercy Ships Deutschlan­d, Ru dolf Diesel Straße 5, 86899 Landsberg, Telefon 08191/985500.

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Fotos (2): Mercy Ships e.V. Das Hospitalsc­hiff „Africa Mercy“ist eine ehemalige Eisenbahnf­ähre, die zu einer schwimmend­en Klinik umgebaut wurde. Der ak tuelle Einsatzort des Hospitalsc­hiffs ist seit August 2016 Cotonou im Benin.
 ??  ?? Geduldig stehen künftige Patienten beim ersten Screening noch an Land Schlange, um einen der begehrten OP Termine auf dem Hilfsschif­f zu bekommen.
Geduldig stehen künftige Patienten beim ersten Screening noch an Land Schlange, um einen der begehrten OP Termine auf dem Hilfsschif­f zu bekommen.
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Foto: Jordan Udo Kronester ist Geschäftsf­ührer von Mercy Ships Deutschlan­d.

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