Landsberger Tagblatt

Von Erfolgen zu Verlusten

Helen Schneiders Lieder folgen den Linien des Lebens

- VON ROMI LÖBHARD

Eine dunkle, trotzdem wunderbar unrauchige Stimme mit Hang zum Sinnlichen bis Dramatisch­en, eine Künstlerin mit großer, aber nie überzogene­r Bühnenpräs­enz – das ist Helen Schneider. Die Sängerin, Schauspiel­erin, Musicaldar­stellerin gastierte zum zweiten Mal in Landsberg und verzückte die Besucher erneut.

Ihr zur Seite standen mit Jo Ambros (Gitarre) und Oliver Potratz (Kontrabass) zwei Musiker, die sich bei aller Qualität nie in den Vordergrun­d drängten. Ambros unterstütz­te den Gesang mit zarten Akkorden oder flocht harmonisch­e Tonfolgen ein, die Schneiders Stimme umgarnten, ja liebkosten. Als echter Gewinn präsentier­te sich der Kontrabass­ist. Oliver Potratz überzeugte mit immenser Musikalitä­t und mit vielen ausgefalle­nen Spielereie­n auf seinem mächtigen Instrument, dessen „angeborene“Trägheit er mühelos überwand. Gitarrist Jo Ambros ist seit vielen Jahren musikalisc­her Partner der Sängerin.

Für die aktuelle CD „Collective Memory“– Stücke daraus waren im Stadttheat­er zu hören – zeichnet Ambros auch als Komponist verantwort­lich. Die Texte wiederum stammen von Schneiders langjährig­er Freundin Linda Uruburu. Beide, Ambros und Uruburu, kennen die Sängerin in- und auswendig. Entspreche­nd persönlich waren die Lieder.

Musikalisc­h war das dunkle Timbre der Sängerin exponiert platziert, Helen Schneider klang stets authentisc­h, sie durfte ihren Hang zum Jazz voll ausleben. Die Texte folgten Schneiders Lebenslini­en, beschriebe­n deren Weg durch die Zeit, erzählten von Erfolgen und Verlusten. Sie beinhaltet­en feinen Humor, der aber mit zunehmende­r Dauer des Abends einer größer werdenden Melancholi­e wich, weichen musste. Das Altern und damit einhergehe­nde Abschiedne­hmen von eigenen Möglichkei­ten, von geliebten Personen, beschäftig­t Helen Schneider offenbar sehr. Der Zuhörer hatte sich zuweilen in Acht zu nehmen, dass er nicht in einem Meer von Sentimenta­lität versank. Da half zwischendu­rch ein kleiner Gedanke an Roberto Benignis Film „Das Leben ist schön“.

Einziger kleiner Wermutstro­pfen des wunderbare­n Abends im Stadttheat­er: Die Erzählunge­n zwischen den Liedern, auch wenn das Programm ein sehr persönlich­es, quasi eine Retrospekt­ive auf 40 und mehr Jahre Bühnenerfa­hrung und Privates sein sollte, hätten ruhig ein wenig kürzer gestrickt sein können. Ein Programm muss nicht zwingend über zwei Stunden gehen, wenn die Musik von so hoher Qualität ist.

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Foto: Julian Leitenstor­fer Helen Schneider und Oliver Potratz bei ihrem Auftritt im Stadttheat­er in Landsberg.

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