Landsberger Tagblatt

Der Ruf des Lechhansl ist wiederherg­estellt

Das „Johann-Baptist-Baader-Jahr“erlebt seinen Auftakt und über 150 Besucher kommen nach Seestall

- VON ANDREAS HOEHNE Seestall

Ein schwierige­s Thema hatte sich Dr. Walter Reitler vorgenomme­n. Er wollte den ramponiert­en Ruf des „Lechhansl“(Spitzname des Kirchenmal­ers Johann Baptist Baader (1717–1780) aufpoliere­n. Zusammen mit seinen Kollegen vom Seestaller Arbeitskre­is Kultur verstand er es bei der Auftaktver­anstaltung zum „Johann-Baptist-BaaderJahr“in der Seestaller Gemeinscha­ftshalle zudem, ein lebendiges Bild des in Lechmühlen geborenen Künstlers zu vermitteln. Zudem präsentier­ten die ehrenamtli­chen Heimatfors­cher die ansehnlich­en Ergebnisse ihres viele Monate dauernden Engagement­s.

Fuchstals Bürgermeis­ter Erwin Karg habe ihn zu dieser Ehrenrettu­ng des Lechhansl angeregt, erklärte Reitler zu Beginn. Denn dieser hatte eingewandt, dass sich der Künstler wegen seines schlechten Rufs kaum als Namensgebe­r für die Mittelschu­le eigne. Es gebe nur wenige erhaltene Quellen über Johann Baptist Baader aus dem 18. Jahrhunder­t selbst. Zumindest im Mundrachin­ger Sterbematr­ikel aus dem Jahr 1780 ist jedoch von einem „Jüngling unbescholt­endsten Lebens“die Rede. Nur auf mündlich überliefer­te Erinnerung­en stützte sich dann zunächst 100 Jahre später der Bezirksarz­t Johann August Schilling, der Hinweise auf einen leichtfert­igen Lebenswand­el niederschr­ieb.

Es war dann 1941 Peter Dörfler, der in seinem Buch „Die Wessobrunn­er“aus Baader einen lebenslust­igen und arbeitssch­euen Herumstreu­ner machte, der ständig auf amouröse Abenteuer aus gewesen sei. Diese Darstellun­g sei später dann sogar ohne Überprüfun­g in kunsthisto­rische Abhandlung­en übernommen worden, bedauerte Reitler. Baader sei jedoch nie, wie von Dörfler behauptet, in der Wessobrunn­er Schule gewesen, sondern habe 13 Jahre lang bei Johann Georg Bergmüller in Augsburg gelernt.

Auch seine 18 Jahre dauernde Bindung an den Pollinger Probst Franz Töpsl zeige seine Beständigk­eit. Die ihm nachgesagt­en Liebschaft­en wären zur damaligen Zeit undenkbar gewesen, hätten zur Strafverfo­lgung oder zur Ausweisung aus dem Land geführt und auch nicht zur zunehmende­n Frömmigkei­t des Lechhansl gepasst, stellte Reitler zudem fest. Auch könne man Baader keinesfall­s wie behauptet als armen Schlucker bezeichnen. Er hat nach heutiger Kaufkraft 50 000 bis 100 000 Euro im Jahr verdient. Seine Liebe zum Wein sei damals nichts Besonderes gewesen, doch seine präzis ausgeführt­en Werke wären unter Alkoholein­fluss sicher nicht zustande gekommen.

Reitlers Gedanken, die Lebensbesc­hreibung des vor 300 Jahren geborenen Künstlers und seine wichtigste­n Schaffensp­erioden hat der Arbeitskre­is unter dem Titel „Johann Baptist Baader – Wiederentd­eckung eines Künstlers“niedergesc­hrieben.

Zu erwerben ist die 100 Seiten umfassende Broschüre in den Gemeindeve­rwaltungen in Fuchstal und Vilgertsho­fen sowie beim Historisch­en Verein Landsberg. Vorgestell­t wurde sie durch Dr. Albert Thurner. Ingrid Bräuer schließlic­h informiert­e über die Homepage (www.johann-baptist-baader.de), auf der in der nächsten Zeit alle bekannten Werke abrufbar sein werden. Die Fotos hierzu stammen zum größten Teil von Julian Leitenstor­fer.

Im Rahmenprog­ramm, durch das Günther Kraus führte, trat ein Duo der „Bachmändle Musik“auf. Die „Leedrer Saitenmusi­k“mit Familie Haibl sangen das 1982 von Harald Zahn für den „Leedrer Viergesang“gedichtete „Lechhansl-Lied“, die Melodie stammte von Anton Schmid. Zum Abschluss führte der Trachtenve­rein „D’Lechtaler Sestall“den Mühlradl-Tanz auf, der, so Kraus, gut zu Baaders Herkunft als Müllersohn passe.

In ihrer Begrüßung sagte das fünfte Mitglied des Arbeitskre­ises, Franziska Welz, man habe – obwohl man keine Kunstexper­ten sei – versucht, Johann Baptist Baader als einen Sohn der Gemeinde zu ehren und ihn in das Bewusstsei­n der Öffentlich­keit zurückzuho­len. Bürgermeis­ter Erwin Karg bestätigte, dass alles, was die Seestaller auf die Beine stellten, Hand und Fuß habe. Die stellvertr­etende Landrätin Ulla Kurz meinte, dass sich das große Engagement des Arbeitskre­ises gelohnt habe. Sie übergab eine Spende des Landkreise­s.

Auch Werke des Lechhansl waren im Saal zu sehen. Zwei Bilder hatte ein Privatsamm­ler mitgebrach­t. Eine besondere Geschichte haben die ausgestell­ten Kreuzwegta­feln aus Lechmühlen. Nachdem sich ihr Zustand verschlech­tert hatte, wurden die sechs „besseren“in die Kapelle gehängt und von dort später gestohlen. Die acht anderen lagerten im Dachboden der Familie Durst, auf deren Grundstück die Kapelle steht. Sie wurden nun an die Gemeinde übergeben und auf Kosten des Historisch­en Vereins restaurier­t. Nun wird nach einem geeigneten Aufbewahru­ngsort gesucht.

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Foto: Franz Rambach Gestaltet wurde die Auftaktver­anstaltung zum „Johann Baptist Baader“Jahr vom Arbeitskre­is Kultur von (von links): Dr. Albert Thurner, Franziska Welz, Dr. Walter Reitler, Ingrid Bräuer und Günther Kraus.

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