Das Publikum wünscht – alles Weltpremieren
Ein herrlich schräger Abend mit den ImproLLetten. Wegen starker Nachfrage im großen Theatersaal
In rasend schnellem Tempo wird heruntergezählt, fünf, vier, drei, zwei, eins, los. Mehr Vorbereitungszeit gibt es für die fünf Darsteller auf der Bühne nicht, kein Text, keine Regie, nur absolute Improvisation. Ein paar Wörter, ein Name, wenige inhaltliche Vorgaben aus dem Publikum, das muss reichen für die nächste Szene. Was sich daraus entwickelt, ist bei jedem Auftritt neu. „Alles Weltpremieren“, sagt Stefanie Wiezcorek, Mitglied bei der Landsberger Improvisationstheatergruppe „Die ImproLLetten“. Sonntagabend waren sie zu Gast im „s‘Maximilianeum“, der Kleinkunstbühne im Foyer des Stadttheaters. Wegen der großen Nachfrage spontan sogar im Saal anstatt wie sonst üblich im Foyer. Selten wohl wurde an diesem Ort so viel gelacht.
„Ein Abend mit den ImproLLetten ist jedes Mal anders, jedes Mal neu, jedes Mal lustig, traurig, spannend, auf alle Fälle unterhaltsam.“So die Selbstbeschreibung der 2012 gegründeten Truppe an spielfreudigen Menschen unterschiedlichster Herkunft, da gibt es Krankenschwestern, Sozialpädagogen, Lehrer, gelernte Clowns und ja, auch eine Schauspielerin. Insgesamt sind zwölf Leute mit dabei, fünf von ihnen gestalteten am Sonntag im Stadttheater den Abend: Daniela und Thomas Moritz, Ulrike Lehner, Martin Bart und Stefanie Wieczorek. Ausgeliehen vom „Fastfood“-Theater München: der Musi- ker Ingo Kellner. Da galt es aus Buchstaben in alphabetischer Folge während einer improvisierten Busfahrt einen Dialog zu bauen. Oder ein zuvor hinausgeschickter Mitspieler musste ein vom Publikum vorgegebenes Detail erraten (Impfstoff gegen Dummheit), nur mithilfe des hinter ihm an seiner statt gestikulierenden Mitspielers. Da musste auf Zuruf während einer Geburt im Kreißsaal ein Lied ersonnen werden. Oder eine Szene (Umzug) wieder und wieder in Heimatfilm-, Horror- oder Bollywoodmanier gespielt werden. Der historische Landsberger Jungfernsprung wurde immer weiter ins Slapstickhafte reduziert, die Diskussion um den Landsberger Puff gebärdensprachlich umgesetzt. Was auf dem Papier merkwürdig klingen mag, sprühte förmlich vor Fantasie, lebte von der Assoziationsgabe, der Spiellust und der Spontanität der Spieler.
Herausgekommen sind meistens schreiend komische, manchmal merkwürdige und ungewöhnliche Plots, jede Menge schräger und herrlich chaotischer Momente. Improvisationstheater vom Feinsten. Selten so gelacht.
Angefangen hat alles 2012 in Landsberg mit einem Freundinnenkreis, der beschloss, nicht immer nur Kaffee oder Prosecco zu trinken, sondern aktiv was zu unternehmen. Impro-Theater war die Idee, die alle begeisterte. Man holte sich professionellen Input von der Schauspielerin Stefanie Wieczorek aus Landsberg, die als Gründungsmitglied und jahrelange Mitspiele- rin der Münchner Impro-Gruppe „Kuh auf Eis“agierte. Die nächsten Jahre trainierte die Hobbytruppe fröhlich und ohne jede öffentliche Ambition vor sich hin. Im vergangenen Sommer dann auf Drängen von Michael Vivell (seine Frau Heidi spielt ebenfalls bei den ImproLLetten mit) der erste Auftritt im Rahmen des Soundlaster-Festivals. Blitzschnell musste ein Name her. „Seitdem hat uns der Erfolg regelrecht überrannt“, resümiert Stefanie Wieczorek. Sie seien wahnsinnig stolz und müssten nun aber erst mal eine Website aufbauen und sich um die Öffentlichkeitsarbeit kümmern.
Was auf der Bühne so spielfreudig und genial improvisiert wirkt, muss – so stellt es sich der Laie vor – doch extrem kräftezehrend und anstrengend sein. Muss man doch jede Sekunde voll konzentriert sein und gleichzeitig denken und spielen. Ganz im Gegenteil, sagt Daniela Moritz, erst mal machen sie Übungen, um den Kopf frei zu kriegen, um eben nicht so viel zu denken. Außerdem gebe kein Falsch, kein Peinlich, man müsse sich einfach trauen, so die ausgebildete Clownin. Nach einem Übungsabend würde sie immer voller Energie nach Hause gehen. Stefanie Wiezcorek gibt gelegentlich Impro-Kurse an der Johann-Winklhofer-Realschule und stellt fest: Wer als Jugendlicher „zu cool“ist, sei viel zu sehr mit seiner eigenen Rolle beschäftigt. Gerade bei den Nerds oder den eher schüchternen Kindern sei sie immer wieder überrascht, was aus denen alles so herausgespielt komme.