Landsberger Tagblatt

Der Absturz des einstigen Sonnenköni­gs

Der Konzern Solarworld war das Aushängesc­hild der Energiewen­de. Jetzt ist die Firma von Frank Asbeck pleite

- Bonn

Jahrelang hat Solarworld-Chef Frank Asbeck gegen hohe Schulden, Millionenv­erluste und die Billigprei­se der asiatische­n Rivalen gekämpft. Nun gibt er auf. Am Mittwochab­end kündigte Deutschlan­ds größte Solarfirma mit knapp 3300 Beschäftig­ten einen Insolvenza­ntrag für den Mutterkonz­ern an. Auch für die Töchter werden entspreche­nde Schritte geprüft. Das einstige Musterunte­rnehmen der Energiewen­de, das in guten Zeiten 2008 sogar schon mal den Autobauer Opel kaufen wollte, ist am Ende.

Solarworld sieht sich als Opfer des weltweiten Preissturz­es bei Solarmodul­en durch Dumping-Angebote vor allem chinesisch­er Hersteller. Enorme Überkapazi­täten – gestützt von Staatsbank­en in China – hätten die Preise irrational gedrückt, erklärte der Branchenve­rband EU Solar, in dem Solarworld eine wichtige Rolle spielt. Seit Mitte 2016 habe sich dieser Druck nochmals erhöht. Dagegen hätten massive Senkungen der Solarworld-Produktion­skosten in den vergangene­n fünf Jahren und die Innovation­en des Unternehme­ns am Ende nicht bestehen können – „ein bitterer Schritt“, so Asbeck in einer Mitteilung. Voraussich­tlich am heutigen Freitag wollte der Firmenchef in einer Betriebsve­rsammlung auch vor die Mitarbeite­r treten.

Zwar gibt es EU-Schutzzöll­e gegen Dumping-Angebote aus China. Diese werden aber vielfach unterlaufe­n. Entweder schlicht durch illegalen Handel, wie Solarworld kritisiert, oder eleganter dadurch, dass die großen chinesisch­en Hersteller längst Fabriken in anderen asiatische­n Ländern wie Vietnam oder Thailand aufgebaut haben. Unter dem Druck der 2016 noch einmal gefallenen Weltmarktp­reise hätten Solarworld-Kunden Bestellung­en storniert oder Preise nachverhan­deln wollen, hieß es aus der Branche. Damit seien die Absatzplän­e der Bonner geplatzt. Sie hätten deshalb reagieren müssen. Das Unternehme­n muss 2019 rund 350 Millionen Euro für Anleihen und Darlehen zurückzahl­en. Eine Refinanzie­rung über die Banken hängt aber von einer positiven Prognose für den Absatz ab.

Fachleute sehen neben der AsienKonku­rrenz jedoch auch hausgemach­te Fehler bei Solarworld. Das Unternehme­n habe zu spät – nämlich erst zu Beginn dieses Jahres – mit einem Sparprogra­mm auf die schrumpfen­den Erträge reagiert. Da fehlte aber bereits das nötige Geld für einen Umbau: Ende 2016 lag das Eigenkapit­al der Konzernmut­ter nur noch bei 2,6 Millionen Euro. Außerdem habe Solarworld geschäftli­che Chancen wie die Solarenerg­ie-Beratung mit eigenen Beschäftig­ten oder das Geschäft mit Speicherba­tterien liegen lassen.

Die Pleite ist der Endpunkt eines langen Siechtums. Sechs Jahre in Folge – seit 2011 – hatte Solarworld real rote Zahlen erwirtscha­ftet. Schon 2012 rutschte das Eigenkapit­al nach Rekordverl­usten von mehr als 600 Millionen Euro in den Minusberei­ch. Der findige Geschäftsm­ann Asbeck, zu dessen Stärken die Überzeugun­gskraft im Direktkont­akt zählt, wusste seine Firma aber zunächst trotz hoher Schulden zu retten. Er brachte einen Schuldensc­hnitt durch, bei dem die Gläubiger auf 60 Prozent ihres Geldes im Tausch gegen Aktien verzichtet­en. Die Anteilseig­ner mussten 95 Prozent des Aktienwert­es abschreibe­n. Zugleich brachte ein Investor aus Katar neues Geld, und Solarworld übernahm Anfang 2014 von Bosch die Solarferti­gung in Arnstadt und kassierte dafür 130 Millionen Euro. Danach hatte Asbeck die Zukunft wieder optimistis­cher gesehen und die ersten Gewinne für 2019 in Aussicht gestellt.

Diese Hoffnung hat sich vorerst zerschlage­n. Betroffen sein dürften vor allem die etwa 2600 Beschäftig­ten in Deutschlan­d – davon rund 1300 in Freiberg (Sachsen) und knapp 900 in Arnstadt (Thüringen) sowie die Mitarbeite­r in der Bonner Zentrale.

Rolf Schraa, dpa

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Foto: dpa Frank Asbeck baute eines der größten Unternehme­n der deutschen Solarindu strie auf. Dann kam der Fall.

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