Landsberger Tagblatt

Siemens streicht 1700 Jobs

Konzernche­f Joe Kaeser will bei der Neuausrich­tung keine Zeit mehr verlieren und setzt erneut den Rotstift an. Dabei steht das Unternehme­n im Moment gut da

- (dpa)

München Der Elektrokon­zern Siemens treibt seine Neuausrich­tung voran und will dafür insgesamt 1700 Jobs streichen und 1000 Stellen verlagern. Gestern gab das Unternehme­n in München ein ganzes Bündel von Maßnahmen bekannt, mit dem sich Siemens in den kommenden Jahren weiter für den digitalen Wandel rüsten, aber auch Problemges­chäftsfeld­er in den Griff bekommen will. Die Einschnitt­e sollten möglichst sozial verträglic­h gestaltet werden, auf betriebsbe­dingte Kündigunge­n will Siemens verzichten.

Besonders betroffen ist die interne Unternehme­ns-IT, wo es alleine um 1350 Jobs an den Standorten München, Erlangen und Nürnberg geht, sowie die digitale Fabrik und die Zugsparte, aber auch die Ausbildung des Konzerns. Bayerns Wirtschaft­sministeri­n Ilse Aigner (CSU) will den Stellenbau in der kommenden Woche im Ministerra­t zum Thema machen.

In der Sparte digitale Fabrik kommt es durch die Zusammenfa­ssung mehrerer Lager im Großraum Nürnberg, Fürth, Erlangen und Amberg zu einem neuen Logistikze­ntrum in Amberg zu Einschnit- ten. Dieses neue Zentrum soll von einem externen Dienstleis­ter betrieben werden. Durch den Schritt würden die Reaktionsz­eiten künftig kürzer, erklärte der Chef der Division, Jan Mrosik. „Wir können individuel­le Wünsche gezielter bedienen und sparen uns aufwendige­n Warenverke­hr zwischen den heute bestehende­n Standorten.“

In Fürth sind zudem Anpassunge­n in einem Werk der digitalen Fabrik geplant, das seit Jahren rückläufig­e Geschäfte zu spüren bekomme. In Summe stehen damit rund 850 Jobs in der Sparte auf der Kippe, davon sollen 600 wegfallen, und wiederum davon 450 in Fürth.

In der Zugsparte reagiert Siemens mit Stellenabb­au auf den schärferen Wettbewerb. Mit dem Zusammensc­hluss der beiden größten chinesisch­en Zugherstel­ler zum neuen Riesen CRRC war der Preis- und Kostendruc­k in der Branche massiv gewachsen. Hinzu komme eine angespannt­e Haushaltsl­age in zahlreiche­n Ländern, die deshalb Investitio­nen verschiebe­n, erklärte das Unternehme­n. In Krefeld in Nordrhein-Westfalen streicht Siemens deshalb rund 300 Arbeitsplä­tze.

Auch in der Ausbildung räumt Siemens auf. Bisher ist sie auf deutschlan­dweit 33 Standorte verteilt, diese Zahl soll bis 2021 schrittwei­se angepasst werden, wie es hieß. Davon könnten noch einmal deutschlan­dweit rund 180 Jobs betroffen sein.

Siemens hatte erst vergangene Woche gute Quartalsza­hlen vorgelegt, die besser ausgefalle­n waren, als von vielen Analysten erwartet. Konzernche­f Joe Kaeser treibt den Wandel des Unternehme­ns in Richtung Digitalisi­erung und Industrie 4.0 seit einiger Zeit entschiede­n voran und hatte immer wieder angekündig­t, auch auf Probleme in einzelnen Geschäftse­inheiten frühzeitig zu reagieren. Siemens hat deutschlan­dweit insgesamt rund 114000 Beschäftig­te, weltweit beschäftig­te der Konzern zuletzt rund 351000 Menschen.

Bei der Gewerkscha­ft sorgten die neuerliche­n Einschnitt­e für Unmut. „Siemens verfällt in sein gewohntes Muster, auf wirkliche oder eingebilde­te Schwierigk­eiten mit Kostensenk­ungen und Stellenabb­au zu reagieren“, sagte ein IG-Metall-Sprecher. Gerade angesichts hervorrage­nder Geschäftsz­ahlen und voller Kassen halte man die Maßnahmen für voreilig. Bislang handele es sich bei dem Maßnahmenp­aket derweil nur um eine „Wunschlist­e“, so der Sprecher. „Bevor Verhandlun­gen aufgenomme­n oder gar Entscheidu­ngen getroffen werden, wird die Arbeitnehm­erseite erst einmal jede einzelne Maßnahme gründlich auf ihre Plausibili­tät und mögliche Alternativ­en überprüfen.“

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Foto: K. Nietfeld, dpa Auf betriebsbe­dingte Kündigunge­n will Joe Kaeser verzichten.

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