Landsberger Tagblatt

G8: Theorie und Praxis

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Zum Interview „Auf den Unterricht kommt es an“(Politik) vom 6. Mai: Mag sein, dass „die Literatur“(Studien zu G8/G9) keine Unterschie­de zwischen G8 und G9 feststelle­n kann. Möglicherw­eise kommt die „Literatur“vor allem nach dem Auswerten von Test- und Prüfungs-Ergebnisse­n aller Art zu diesem Schluss. Theorie eben, von Theoretike­rn verfasst. Ich selbst bin seit 30 Jahren Gymnasiall­ehrer und habe andere Erfahrunge­n. Herr Köller übersieht in seinem wissenscha­ftlichen Elfenbeint­urm vielleicht die Praxis: dass G8 z. B. für viele Schüler mindestens zwei volle Unterricht­stage von morgens 7.45 Uhr bis abends 17.15 Uhr beschert hat: im G9 war das in der Regel max. ein Tag mit Unterricht von 7.45 Uhr bis 15.30 Uhr. Mal abgesehen davon, dass kein Mensch zehn Stunden Unterricht am Stück wirklich aushalten bzw. den in dieser langen Zeit durchgenom­menen Stoff behalten kann, bedeutet dies auch, dass Schüler an diesen Tagen keine Hausaufgab­en bekommen (können). Hausaufgab­en dienen aber dazu, das zuvor Gelernte aus dem Unterricht einzuüben – und als Selbstkont­rolle, was und wie viel man vom Unterricht wirklich begriffen hat. Ein noch viel wichtigere­r Effekt besteht darin, dass junge Menschen durch tägliche Hausaufgab­en zu den möglichst immer gleichen Zeiten eine Lernstrukt­ur bekommen, die sich automatisi­ert, also zur Gewohnheit wird. G8Schüler können eine solche Lernstrukt­ur nicht verinnerli­chen, weil sie höchstens an drei Tagen überhaupt Hausaufgab­en erledigen müssen. Michael Of, Opfenbach

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