Kind verbrennt sich Füße: Gemeinde muss haften
Eine Metallrampe vor den Toiletten eines Badesees hat sich in der Sommerhitze derart erhitzt, dass sich ein dreijähriges Mädchen beide Füße verbrannt hat und im Krankenhaus behandelt werden musste. Die betreffende Gemeinde muss dafür nun zahlen, wie das Landgericht Coburg am Freitag mitteilte. Sie habe ihre Verkehrssicherungspflichten verletzt. Die Kommune hatte in dem Prozess argumentiert, dass allgemein bekannt sei, dass sich Metall bei Sonneneinstrahlung aufheize. Zudem habe die Mutter ihre Aufsichtspflicht verletzt. Dem hielt das Gericht entgegen, dass Erwachsene zwar wüssten, dass Metall heiß werde – nicht jedoch Kinder. Zudem könne man von den Eltern nicht erwarten, dass sie ihre Kinder ständig an der Hand hielten. Die Gemeinde muss Schmerzensgeld und weiteren Schadenersatz zahlen.
Wie hat sich der Bezirk Schwaben während Ihrer Amtszeit verändert?
Reichert: Er hat ein gutes Image bekommen. Es diskutiert längst keiner mehr darüber, ob man die Bezirke noch braucht.
Was genau macht der Bezirk?
Reichert: Nehmen Sie das Thema Psychiatrie – unsere Hauptzuständigkeit im Gesundheitswesen. Wenn man weiß, was die psychischen Erkrankungen heute für einen riesigen Raum einnehmen, erkennt man, wie groß die Bedeutung geworden ist. Wir haben über die Jahre ein flächendeckendes System geschaffen, mit dem wir psychisch Kranken ortsnah Hilfen anbieten können – von der Suchtberatung über Tagesstätten für seelisch Kranke, ambulante Dienste bis zu den Krankenhäusern für die Krisenintervention. den Pflegeheimen ist auf unsere finanzielle Hilfe angewiesen.
Und der Bereich Behindertenhilfe?
Da sind wir auf einem guten Weg. Das ist der Bereich, der finanziell am meisten gestiegen ist in den letzten Jahren. Aber wir sind immer noch in der Aufbauphase, um den Menschen ein würdiges Leben zu ermöglichen – beim Wohnen, Arbeiten und der Betreuung. Inklusion ist nicht damit getan, dass ich ein Gesetz einführe. Inklusion beginnt in den Köpfen. Denn die gibt uns im Moment die Mittel, all diese sozialen Aufgaben zu erfüllen. Wir müssen den Menschen klarmachen, dass die Vollkasko-Mentalität nicht selbstverständlich ist, sondern dass eine große Eigenverantwortung dazugehört. Meine Angst ist, dass nach dieser wirtschaftlichen Hochphase alles selbstverständlich ist: die geringe Arbeitslosigkeit, ein durchgängiges Bildungssystem und dass es um die Ecke ein Krankenhaus gibt, wenn ich krank bin. Jeder muss sich vielmehr fragen: Wo muss ich meinen Teil für diese Gesellschaft leisten, dass dies alles erhalten bleiben kann?
All das ist doch eigentlich ein Grund, um noch weiterzumachen ...
Ich bin nächstes Jahr 66 – und mir geht es gesundheitlich gut. Das sind doch die besten Voraussetzungen dafür, um noch mal was anderes zu machen. Durch viel Arbeit verliert man auch ein Stück Lebensqualität. Als mich mein Enkel fragte, ob ich am ersten Schultag mit dabei bin, musste ich Nein sagen. Ich möchte einfach mehr Zeit für die Familie haben. Vielleicht ein paar Ehrenämter ausbauen, viel reisen. Langweilig war mir in meinem Leben noch nie.
Interview: Andrea Kümpfbeck
● Jürgen Reichert, 65, ist seit 2003 Bezirkstagspräsident von Schwa ben und war bis 2014 außerdem Di rektor der St. Gregor Kinder und Jugendhilfe Augsburg. Er lebt mit sei ner Frau in Bobingen (Kreis Augs burg) und hat drei Kinder. Sommer in erster Instanz zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt worden. Schuldig wegen sexueller Nötigung in zwei Fällen und Beleidigung. In der Berufungsverhandlung war das Urteil des Schöffengerichts gegen ihn allerdings aufgehoben worden: Denn er sei, als Gott zu ihm sprach, nicht schuldfähig gewesen. Die Verhandlung musste, weil das Amtsgericht eine dauerhafte Unterbringung nicht anordnen kann, danach am Landgericht ganz neu beginnen.
Am Landgericht nahm sich Richter Denz gestern viel Zeit, um dem verwirrt und uneinsichtig wirkenden Patienten zu erklären, warum es für ihn besser sei, behandelt zu werden. „Solange sie sich nicht aktiv mit Ihrer Krankheit auseinandersetzen, können wir es nicht verantworten, Sie in die Freiheit zu entlassen.“Er müsse lernen, mit den Stimmen in seinem Kopf zu leben, sich ein „Krankheitsmanagement“überlegen. Medikamente wirkten bei ihm, aber er müsse sie auch nehmen.
Zum Weg der Heilung gehöre zunächst die Einsicht. Die vermisste der Richter, betonte aber die Chance, die eine Einweisung auch bieten könne: „Sie sind krank, Sie sind nicht schuldig. Sie müssen nicht mehr ins Gefängnis, wo Sie nur verwahrt werden, sondern kommen ins Krankenhaus, wo Ärzte mit Ihnen arbeiten.“Schwieriger macht das die Sprachbarriere. Der Asylbewerber spricht kaum Deutsch. Er war über die Mittelmeerroute aus Nigeria geflohen.