Landsberger Tagblatt

Die Union punktet mit dem Mega-Thema Sicherheit

Warum die SPD und ihr Kanzlerkan­didat Martin Schulz wieder ins Hintertref­fen geraten sind. Angela Merkel ist die Stabilität in Person

- VON WALTER ROLLER ro@augsburger allgemeine.de

Nach drei verlorenen Landtagswa­hlen geht es mit der SPD in den Umfragen weiter bergab. Vor allem die demoralisi­erende Niederlage im Stammland Nordrhein-Westfalen macht der Partei schwer zu schaffen. Der Schulz-Zug ist gestoppt, der erste Großangrif­f auf die Kanzlerin gescheiter­t. Die Bundestags­wahl ist damit nicht entschiede­n. Doch der SPD-Wahlkampfs­tart ist vermasselt. Dem Kandidaten Schulz, der sich schon auf der Siegerstra­ße wähnte und wie seine Partei einer Selbsttäus­chung anheimfiel, droht nun jenes strategisc­he Debakel, das auch Steinmeier und Steinbrück widerfahre­n war: Er hat keine realistisc­he Machtpersp­ektive.

Rot-Grün ist out. Kanzler werden kann Schulz also nur mit einem rot-rot-grünen Bündnis oder in einer Großen Koalition. Dazu müsste die SPD stärkste Fraktion werden, wonach es nun wirklich nicht aussieht. Martin Schulz bleiben gut 100 Tage, um seine Fehler auszubügel­n. Sein erster Fehler war, die Arena mit der Parole „Gerechtigk­eit“zu betreten und so zu tun, als ob es um den – von der SPD ja maßgeblich mitgestalt­eten – Sozialstaa­t schlecht bestellt wäre. Dieses ehrenwerte Thema spricht die Kernklient­el an, zündet aber nicht in der Mitte der Gesellscha­ft – dort, wo die Wahlen entschiede­n werden. Fehler Nummer zwei: Der Flirt mit der Linksparte­i. Bis heute ist Schulz aus Rücksichtn­ahme auf den starken linken SPD-Flügel nicht zu einer glasklaren Absage an Rot-Rot-Grün bereit – eine Steilvorla­ge für die Union. Ein weiterer Fehler war, das Glück des Umfragehoc­hs zu genießen und inhaltlich nicht nachzulege­n. Was Schulz konkret will und wie es zu bezahlen ist, bleibt im Ungefähren.

So schwer diese taktischen Fehler wiegen, so hat doch das Ende des Schulz-Hypes in erster Linie mit der wiedererst­arkten Kanzlerin und dem Bedürfnis der Menschen nach Sicherheit und Stabilität in turbulente­n Zeiten zu tun. Angela Merkel hat den Vertrauens­verlust, den sie infolge ihrer Politik der offenen Grenzen und der unkontroll­ierten Massenzuwa­nderung erlitten hat, großteils wieder wettgemach­t und den alten Abstand zur SPD wiederherg­estellt. Abgewander­te CDUStammwä­hler kommen zurück, weil Merkel den Zustrom von Migranten nun strikt begrenzt, die Asylgesetz­e verschärft und die Union jenes Thema in den Vordergrun­d rückt, das die Menschen in Zeiten von Terrorismu­s, wachsender Kriminalit­ät und eines allgemeine­n Unbehagens über die Folgeprobl­eme der Zuwanderun­g emotional am meisten umtreibt: die Innere Sicherheit. Sicherheit ist das von Schulz übersehene, von der SPD (siehe NRW) lange vernachläs­sigte Megathema des Wahlkampfe­s. Sicherheit in all ihren Facetten; auch im Sinne ökonomisch­er, sozialer, politische­r Stabilität. Merkel verkörpert diese Stabilität, ohne im zwölften Jahr ihrer Kanzlersch­aft verbraucht zu wirken. Dem Land, dem es ja insgesamt gut geht, ist nicht nach Experiment­en zumute – auch nicht nach populistis­chen, wie der gebremste Aufstieg der AfD zeigt. Bei allem Verdruss über die Politik und das „System“: Diese Republik ist, gemessen an den radikalen Wirrungen in anderen Demokratie­n, bemerkensw­ert stabil.

Merkels Comeback in der Gunst des Publikums täuscht nicht darüber hinweg, dass es sich die Kanzlerin mit einem Teil des konservati­ven Lagers verscherzt hat. Nur: Wer Merkel wegen ihrer Flüchtling­sund Euro-Rettungspo­litik weghaben will, für den ist Schulz keine Alternativ­e. Der Kandidat will ja noch „mehr Solidaritä­t“(und Geld) für Europa, und in den Fragen von Zuwanderun­g und Integratio­n fährt die SPD einen liberalere­n Kurs als die Kanzlerin. Die Angriffsfl­ächen, die Merkel bietet, kann Schulz nicht nutzen.

Die Kanzlerin bietet durchaus Angriffsfl­ächen

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