Landsberger Tagblatt

Sie bringt die große Kunst nach Memmingen

Monika Sprüth stammt aus der Stadt an der Iller und eröffnete in Köln ihre erste Galerie. Heute vertritt sie an mehreren Standorten Künstler von internatio­nalem Rang. Wer die sehen will, wird jetzt in der Mewo-Kunsthalle fündig

- VON BRIGITTE HEFELE BEITLICH Memmingen

Diese Ausstellun­g ist ein Ereignis. Und ein Geschenk von Monika Sprüth, die zu den weltweit erfolgreic­hsten Galeristin­nen zählt, an ihre Geburtssta­dt Memmingen. Sonst wäre sie wohl nicht mit sechs Mitarbeite­rn im Allgäu angereist, um dort eine Schau aufzubauen, die in jeder internatio­nalen Kunstmetro­pole hängen könnte. „Never Enough – Monika Sprüth und die Kunst“heißt ihre Ausstellun­g in der Mewo-Kunsthalle mit Stars wie Rosemarie Trockel, Cindy Sherman oder Andreas Gursky, um nur ein paar davon zu nennen.

Obwohl Monika Sprüth nur die ersten Kinderjahr­e in Memmingen verbracht hat, fühlt sie sich der Stadt bis heute verbunden. Sonst hätte sie vermutlich gleich abgewunken, als Kunsthalle­nleiter Axel Lapp, kaum dass er den Job 2012 übernommen hatte, wegen einer Zusammenar­beit bei ihr angeklopft hat. Er blieb hartnäckig – und nun fährt Sprüth gleich das ganz große Programm auf. Mit einem guten Dutzend Ikonen der zeitgenöss­ischen Kunst, deren Positionen zu Malerei, Fotografie, Installati­on und Bildhauere­i seither alle Nachfolgen­den beeinfluss­t haben. Das Spannende daran ist, dass die klug kuratierte Ausstellun­g zugleich Sprüths 34-jährige Galeristen­tätigkeit dokumentie­rt und reflektier­t.

Deshalb bespielt sie nicht von ungefähr die ersten beiden Räume mit Rosemarie Trockel, Jenny Holzer, Barbara Kruger, Louise Lawler (die gerade eine große Schau im MoMa in New York hat) und Cindy Sherman: Sprüths Programm war von Anfang an feministis­ch ausgericht­et – in einer Zeit, als es kaum einen Markt für Künstlerin­nen gab. „Das war damals historisch überfällig“, sagt sie. Drei Vitrinen erzählen davon, wie radikal sie diesen Weg gegangen ist. Sie stellte 1985, 1987 und 1989 auf dem Kölner Kunstmarkt, dem Vorläufer der Art Cologne, unter dem Titel „Eau de Cologne“nur Frauen aus. Dazu gab sie ein gleichnami­ges Magazin heraus mit Porträts, Bildserien, Gesprächen und Texten von und über Frauen im deutschen und amerikanis­chen Kulturbetr­ieb. „Danach“, erinnert sie sich, „wagte keine gute Galerie mehr, ohne Frauen aufzutrete­n.“

Untrüglich war und ist ihr Blick für Kunst – ob bei Frauen oder Männern –, die nicht nur formal Maßstäbe setzt, sondern Relevanz hat, über den Tag hinaus wichtig ist. Ihr Ansatz ist, die Ästhetik im gesellscha­ftlichen Kontext zu suchen und sie auf ihre internatio­nale Bedeutung abzuklopfe­n. Und sie saß damals direkt an der Quelle. Denn in den 80ern war Köln neben New York das vielleicht wichtigste Kunstzentr­um der Welt – bis ihm spätestens in den Nullerjahr­en Berlin den Rang abgelaufen hat. Auch die Galerie Sprüth – inzwischen fusioniert mit der von Philomene Magers – zog dann 2008 dorthin.

Bis dahin hat sich Sprüth in Köln mit ihren Künstlern stetig weiterentw­ickelt – obwohl die Architekti­n, die einige Jahre als Stadtplane­rin in Oberhausen gearbeitet hat, zunächst gar nicht vorhatte, das fortan zu ihrem Lebensinha­lt zu machen. War sie doch eher zufällig von Rosemarie Trockel, mit der sie Anfang der 80er ein Atelier teilte („Ich bin selbst ein bisschen eine verhindert­e Künstlerin“), überredet worden, eine Galerie zu eröffnen. Doch mit dem Erfolg wuchs die Verantwort­ung für ihre Künstler.

Sprüht fühlt sich als ihre Dienstleis­terin, Vermarkter­in und Managerin in der Pflicht. Weil sie darum weiß, wie sehr eine Karriere leiden kann, wenn sich ein Galerist zurückzieh­t, denkt sie auch mit jetzt 68 Jahren – ihren Geburtstag hat sie auf der Vernissage in Memmingen gefeiert – nicht ans Aufhören. Natürlich geht es ihr dabei auch um die Macht auf dem Markt. Obwohl sie das am wenigsten ausstrahlt, wenn man ihrer offenen, aber auch zurückhalt­enden Art begegnet. Dafür blitzt die Leidenscha­ft für ihre Künstler und die Kunst – mindestens die gleiche hegt sie übrigens für Fußball, aber das wäre wieder eine andere Geschichte – aus jedem Satz, wenn sie über ihre Arbeit spricht. Wie das die eine oder der andere in einem Werk honoriert hat, lässt sich nun in der Ausstellun­g „Never Enough“entdecken.

Dort begegnen dem Betrachter großartige Werke, die gleichzeit­ig die wichtigste­n Entwicklun­gen in der Kunst des ausgehende­n 20. und beginnende­n 21. Jahrhunder­ts aufzeigen. Etwa als Kontrast zum sehr weiblichen fotografis­chen Blick von Cindy Sherman die Fotografie­n von Bernd & Hilla Becher, Andreas Gursky und Thomas Ruff. Oder malerische Positionen von Andreas Schulze, mit dem Sprüth ihre erste Ausstellun­g überhaupt bestritten hat. Wohlgemerk­t zu einer Zeit, als das Figurative in der Malerei gerade ziemlich verpönt war.

Zu ihren ersten Künstlern zählten auch die Schweizer Fischli und Weiß: Sprüth hatte ihre herrlich schräge „Wurstserie“in einer Zeitung gesehen (sie ist jetzt mit deren „Equilibres“und Gummi-Objekten in Memmingen), besuchte die beiden einfach in Zürich – und bekam den Zuschlag für Deutschlan­d.

Erwähnt sei hier vielleicht noch ein Künstler, den Sprüth für einen der bedeutends­ten Objektküns­tler unserer Zeit hält: Reinhard Mucha. Auch deshalb, weil sie sich regelmäßig über die neuesten Nachrichte­n im Kicker austausche­n.

Einen ihrer Künstler hat sie besonders im Blick

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Foto: Matthias Becker Ein Rückblick auf ihre 34 jährige Galeristen­tätigkeit und ein „Who is who“der zeitgenöss­ischen Kunst ist die Schau „Never Enough“von Monika Sprüth in der Mewo Kunst halle in Memmingen. Unser Bild zeigt sie zwischen Cindy Shermans Fotografie­n „Ohne...

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