Zwei Fragen
Zum Bericht „Ein verlorener Held“vom 18. Mai: Es ist nur gut, dass mit dem am vergangenen Montag im Landsberger Stadttheater gezeigten Film „Nebel im August“an die grauenhafte Tötung geistig Behinderter und psychisch Kranker im Dritten Reich, unter anderem keine 40 Kilometer von unserem schönen Lechstädtle entfernt, erinnert wurde. Auch wenn Ernst Lossa, anhand dessen kurzen Lebens bis zu seiner Ermordung als 14-Jähriger in der Heilund Pflegeanstalt Kaufbeuren-Irsee dieses schreckliche Kapitel deutscher Geschichte dargestellt wurde, gewiss nicht als „Held“taugt. Er war Opfer wie 70 000 (oder 200000?) andere.
Wieso waren es ausgerechnet Ärzte (und von diesen wiederum Psychiater), die das grauenhafte Werk des „therapeutischen Tötens“federführend bewerkstelligten – die Berufsgruppe also, die nicht nur aufgrund ihres hippokratischen Eides der Gesundheit und dem Leben ihrer Patienten besonders verpflichtet ist? Und zweitens, ob wir heute, mehr als 70 Jahre danach, davor gefeit sind, dass sich Solches wiederholen könnte. Ich selbst neige hier, trotz Reformen bspw. in der Psychiatrie, mittlerweile allgemein anerkannter humaner Standards und einer (in Vergleich zu anderen Ländern) beispielhaft guten Aufarbeitung der Holocaust-Geschichte in Deutschland dennoch zur Skepsis. Die Vernichtungsgeschichte von damals ist nicht rückgängig zu machen, aber sie sollte uns heute und morgen – wie es die Nichte einer Ermordeten in einer anderen Dokumentation ausdrückte – Mahnung dafür sein, „was passiert, wenn eine Gesellschaft Menschen nach Wert und Unwert, Kosten und Nutzen bemisst.“Und gerade die Schwächsten in unserer Gesellschaft, zu denen eben auch Behinderte und psychisch Kranke gehören, sind ja stets auf besonderen Schutz angewiesen. Jürgen Karres, Landsberg