Landsberger Tagblatt

Ab in die Tüte!

Ausstellun­g Die Galerie Stenzel zeigt Gemälde des Erfinders der Tütenkunst

- VON NUE AMMANN

Der 1962 in Frankfurt geborene Matthias Schemel, alias Thitz, gilt als Erfinder der Tütenkunst, die formal gesehen zwar nichts anderes ist als Malerei auf einem aus Tüten hergestell­ten Malgrund, doch geht Thitzens Begeisteru­ng für die Tüte weit über diesen konzeption­ellen Ansatz hinaus: Tüten sind sein Markenzeic­hen und dienen ihm in ihrer ursächlich­en Bestimmung als Werbeträge­r und Konsumverp­ackung auch als inhaltlich­e Richtschnu­r seiner Bilder.

So kreisen seine comicartig geschilder­ten Themen um das Erlebnis Großstadt, als eine begeistern­de Umwelt voller Verve, Attraktivi­tät und pulsierend­er Kraft.

Mit dem Eintritt in die Galerie reist man quasi um die Welt und wird unweigerli­ch zum begeistert­en Touristen, der Venedig, Seoul, New York, London oder Paris mit Thitzens Augen sieht. „Wer Großstädte wirklich malen will, darf nicht eine ausgedacht­e Stadt darstellen, sondern muss versuchen, das empfundene Erlebnis an sich zu malen, mit allen Geräuschen, Krach, Staub und Gerüchen. In eine Sekunde Stadt passt unendlich viel Informatio­n diese Stadt meine ich, das sind meine inneren Bilder“, erläuterte Thitz einmal selbst seine Arbeiten. Und ohne Zweifel, die Dichte der Städte bringt er in seinen Bildern zum Ausdruck. Um dies zu erzielen, nutzt er narrative, skizzenhaf­t geschilder­te Situatione­n wie beispielsw­eise Eindrücke von Sehenswürd­igkeiten, überwältig­ende Shopping-Meilen oder alltäglich­e Straßensit­uationen wie das Aussteigen aus einer S-Bahn mit im Hintergrun­d aufragende­r Skyline einer Metropole. In seinen Bildern stecken zudem hunderte von Akteuren, die den Betrachter ihrerseits zu betrachten scheinen oder schlicht ihrem Tagewerk nachgehen; es wimmelt von Individuen und der Betrachter wird mitgerisse­n vom Menschenst­rom.

Obwohl Thitz weit von einer realistisc­hen Darstellun­g entfernt ist, ist die Illusion der Städte ergreifend. Seine expression­istische, skizzenhaf­te Malweise versinnbil­dlicht die lebendige, hektisch getaktete Atmosphäre einer Großstadt und macht sie emotional erfahrbar, während die Tüten das Ihrige dazutun und das entscheide­nde Quantum Sachlichke­it und Wirklichke­itsnähe einbringen. Als Malgrund zu einer Collage zusammenge­fügt, sind die Tüten nicht nur zugrundeli­egende Struktur, sondern einige deren Aufdrucke werden von Thitz bei der Übermalung ausgespart und als Bildelemen­te in das Gemälde integriert. Auch die Henkel der Tüten spielen eine Rolle und stehen als dekorative Elemente vom Rand der Leinwand ab oder fügen sich als plastische­s Detail ins Bild ein. In einer Ansicht Istanbuls beispielsw­eise wird eine kleine Tüte in der Bildmitte, deren Griffe aus der Farbebene herausrage­n, vom Wind davongetra­gen, während ein anderer, bogenförmi­ger Henkel vom Maler als formgebend­es Element in die Architektu­r eines Gebäudes eingeglied­ert wurde.

Termine Neben rund 30 Originalen, wobei auch plastische Arbeiten wie be malte Deckel von Farbeimern oder Pinsel darunter sind, zeigt Galerist Jürgen Stenzel auch viele Druckgrafi­ken des re nommierten Künstlers. Die Ausstel lung, „Thitz #New York #London #Shang hai #Mailand #Speyer“, in der Galerie Stenzel, Schlosshof 7 in Seefeld, ist noch bis zum 5. Juni, jeweils Donnerstag bis Sonntag zwischen 13 und 18 Uhr geöff net. www.galerie stenzel.de

 ?? Foto: Nue Ammann ?? Die expression­istische, skizzenhaf­te Malweise von Thitz versinnbil­dlicht die lebendi ge, hektisch getaktete Atmosphäre einer Großstadt und macht sie emotional erfahr bar.
Foto: Nue Ammann Die expression­istische, skizzenhaf­te Malweise von Thitz versinnbil­dlicht die lebendi ge, hektisch getaktete Atmosphäre einer Großstadt und macht sie emotional erfahr bar.

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