Wie das Gewissen Jedermann bezirzt
Das Projekttheater holt den Klassiker nach Landsberg. Projekt der Vhs
Wer Jedermann hört, denkt sofort an Salzburg, an Curd Jürgens, Karl-Maria Brandauer oder Tobias Moretti als Teufel, guter Gesell oder jetzt 2017 selbst als Jedermann. Damit – und mit der sehr bombastisch angelegten Inszenierung – kann sich eine Laienspielgruppe nie messen. Und das Projekttheater hat es beim „Landsberger Jedermann“auch erfreulicherweise gar nicht versucht.
Nein, hier kommt der Klassiker aus der Feder von Hugo von Hofmannsthal modern daher. Der Teufel freut sich schon auf den Geschäftsmann, denn Jedermann hat viele Menschen auf dem Weg zum Erfolg herzlos übergangen und auf der Strecke zurückgelassen. Deshalb – „Jedermann makes hell great again“– hofft der Teufel hier auf Zuwachs. Denn Gott hat beschlossen, dass ein Exempel statuiert werden muss und Jedermann muss mitten im Leben sein ganzes Gold, seinen Mammon zurücklassen. Hier muss sich der Tod auf den Weg machen und wird von Gott ein wenig damit aufgezogen, „dass er als Boandlkramer nicht wieder versagen soll“. Zwar anderes Stück, aber ein Lacher im Publikum. Hofmannsthals sehr moralisierendes Stück bekommt hier eine gewisse Leichtigkeit. Der Jedermann weist gekonnt kaltschnäuzig seine Gläubiger ab, findet eine Mutter eher anstrengend und peinlich und möchte schon gar nicht für das Kind einer alten Flamme aufkommen. Er will lieber in Landsberg Karriere machen, das Wohnbaugebiet „Am Papierbach“kaufen und möglichst viel Gewinn machen. Seine Freunde, die Buhlschaft und sein bester Freund sind ebenso oberflächlich. Doch der anstehende Tod ändert alles. Die altbekannte Geschichte.
Doch Andreas Popp ist ein moderner, getriebenen Jedermann. Er arbeitet, feiert, denkt lieber nicht nach und wirkt stets ein wenig gehetzt. Inne hält er wenig und sein bester Freund (Robert Steer) sorgt dafür, dass jegliche Zweifel schnell vergessen werden. Popp ist es, der dieses Stück sehenswert macht und ein wenig aus dem Laienspielcharakter heraushebt. Sein Jedermann ist manchmal nur vordergründig selbstsicher. Stets ist er mit voller Kraft auf der Bühne, als kaltschnäuziger Sohn (dem es selbst peinlich ist) überzeugend wie als einsamer, verlassener Jedermann. Rat sucht er auch bei der Buhlschaft (Carola Schuppert), die nur an Fotoshootings interessiert ist.
Der soliden Inszenierung (Christina Tobisch) hätten einige Kürzungen gut getan. Dass die ganze Truppe mit sehr viel Spaß an die Sache ran ging, merkt man den Schauspielern deutlich an.
Besonders reizend: Das Gewissen, besetzt mit Constanze Günther, die auf sehr charmante Weise ein zuerst kränkelndes und dann wieder zu neuer Kraft erstrahlendes Gewissen des Jedermanns darstellte. Auch Monika Kiechle als Tod überzeugte. Perfekt konnten alle ihren Text, eine enorme Leistung für eine Gruppe, die aus einem Vhs-Kurs geboren wurde. Masken und Kostüme waren liebevoll gestaltet worden und die beiden Inszenierungen im Stadttheater wurden vom Publikum mit viel Applaus gefeiert.