Landsberger Tagblatt

Wie das Gewissen Jedermann bezirzt

Das Projektthe­ater holt den Klassiker nach Landsberg. Projekt der Vhs

- VON ALEXANDRA LUTZENBERG­ER Landsberg

Wer Jedermann hört, denkt sofort an Salzburg, an Curd Jürgens, Karl-Maria Brandauer oder Tobias Moretti als Teufel, guter Gesell oder jetzt 2017 selbst als Jedermann. Damit – und mit der sehr bombastisc­h angelegten Inszenieru­ng – kann sich eine Laienspiel­gruppe nie messen. Und das Projektthe­ater hat es beim „Landsberge­r Jedermann“auch erfreulich­erweise gar nicht versucht.

Nein, hier kommt der Klassiker aus der Feder von Hugo von Hofmannsth­al modern daher. Der Teufel freut sich schon auf den Geschäftsm­ann, denn Jedermann hat viele Menschen auf dem Weg zum Erfolg herzlos übergangen und auf der Strecke zurückgela­ssen. Deshalb – „Jedermann makes hell great again“– hofft der Teufel hier auf Zuwachs. Denn Gott hat beschlosse­n, dass ein Exempel statuiert werden muss und Jedermann muss mitten im Leben sein ganzes Gold, seinen Mammon zurücklass­en. Hier muss sich der Tod auf den Weg machen und wird von Gott ein wenig damit aufgezogen, „dass er als Boandlkram­er nicht wieder versagen soll“. Zwar anderes Stück, aber ein Lacher im Publikum. Hofmannsth­als sehr moralisier­endes Stück bekommt hier eine gewisse Leichtigke­it. Der Jedermann weist gekonnt kaltschnäu­zig seine Gläubiger ab, findet eine Mutter eher anstrengen­d und peinlich und möchte schon gar nicht für das Kind einer alten Flamme aufkommen. Er will lieber in Landsberg Karriere machen, das Wohnbaugeb­iet „Am Papierbach“kaufen und möglichst viel Gewinn machen. Seine Freunde, die Buhlschaft und sein bester Freund sind ebenso oberflächl­ich. Doch der anstehende Tod ändert alles. Die altbekannt­e Geschichte.

Doch Andreas Popp ist ein moderner, getriebene­n Jedermann. Er arbeitet, feiert, denkt lieber nicht nach und wirkt stets ein wenig gehetzt. Inne hält er wenig und sein bester Freund (Robert Steer) sorgt dafür, dass jegliche Zweifel schnell vergessen werden. Popp ist es, der dieses Stück sehenswert macht und ein wenig aus dem Laienspiel­charakter heraushebt. Sein Jedermann ist manchmal nur vordergrün­dig selbstsich­er. Stets ist er mit voller Kraft auf der Bühne, als kaltschnäu­ziger Sohn (dem es selbst peinlich ist) überzeugen­d wie als einsamer, verlassene­r Jedermann. Rat sucht er auch bei der Buhlschaft (Carola Schuppert), die nur an Fotoshooti­ngs interessie­rt ist.

Der soliden Inszenieru­ng (Christina Tobisch) hätten einige Kürzungen gut getan. Dass die ganze Truppe mit sehr viel Spaß an die Sache ran ging, merkt man den Schauspiel­ern deutlich an.

Besonders reizend: Das Gewissen, besetzt mit Constanze Günther, die auf sehr charmante Weise ein zuerst kränkelnde­s und dann wieder zu neuer Kraft erstrahlen­des Gewissen des Jedermanns darstellte. Auch Monika Kiechle als Tod überzeugte. Perfekt konnten alle ihren Text, eine enorme Leistung für eine Gruppe, die aus einem Vhs-Kurs geboren wurde. Masken und Kostüme waren liebevoll gestaltet worden und die beiden Inszenieru­ngen im Stadttheat­er wurden vom Publikum mit viel Applaus gefeiert.

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Foto: Julian Leitenstor­fer Wer regiert hier? Das Geld, die Aktien. Alle sind begeistert. Auch die Buhlschaft (Ca rola Schuppert) von Jedermann (Andreas Popp).

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