Der Kampf gegen die Mücken
Der Landkreis lässt acht Fallen aufstellen, um Daten zu Arten und Anzahl zu haben. Eine Initiative fordert die Bekämpfung der Insekten und hat 1000 Unterschriften gesammelt
Eching Wer bei Eching kurz hinter der Autobahnbrücke den schmalen Pfad entlang der Amper gen Norden geht, ist sofort von unzähligen Mücken umschwirrt. Sie sind klein und wenig stechwütig. „Das sind keine Überschwemmungsmücken, das sind Waldmücken“, sagt Echings Bürgermeister Siegfried Luge. „Das hier ist aber eine, die ist größer“, meint jedoch der Schondorfer Gemeinderat Rainer Jünger und zeigt auf ein gerade erschlagenes Exemplar.
Um welche der rund 50 in Deutschland existierenden Mückenarten handelt es sich, und wie viele Exemplare werden sich in einem feuchtheißen Sommer entwickeln? Das sind die Gretchenfragen bei der Mückenbekämpfung, für die sich sowohl Luge als auch Jünger stark machen. Gemeinsam mit Oliver Grüner und Philipp Wagner aus Eching und dem Dießener Dieter Roettig sowie Miriam Pavic vom Strandhaus Eching haben sie im vergangenen Jahr die Initiative „Mückenplage? Nein, Danke“gegründet. Und ihre Bemühungen beginnen Erfolg zu zeigen: Der Landkreis klinkt sich in ein Forschungsprojekt ein, um mehr über die Mückenarten rund um den See zu erfahren.
Denn es geht nicht um die normalen Hausmücken, die so mancher Balkon- und Gartenbesitzer in Pflanzentopfuntersetzern und Regentonnen selber „züchtet“, und auch nicht um die kleine Waldmücke, sondern um Überschwemmungsmücken: Aedes-Arten legen ihre Eier dort ab, wo es immer wieder zum Wasseranstau kommt, und in Hochwasserjahren entwickeln sich dann sehr viele Mücken. Und sie fliegen im Gegensatz zu ihren häuslichen Verwandten weit – bis zu zehn Kilometer. „Wenn’s richtig kommt, kommen schwarze Schwärme“, sagt Bürgermeister Luge. „Es geht nicht darum, generell Mücken zu vernichten, sondern in Überschwemmungsjahren sozusagen den Pik, die Spitze, zu nehmen“, benennt Oliver Grüner die Forderung der Initiative, die sich einen Einsatz des Bacillus thuringiensis israelensis (BTI) gegen die Larven wie am Chiemsee, in Gröbenzell oder am Oberrhein wünscht. Voraussetzung dafür ist aber eine Kartierung der Mückenarten und der Überschwemmungsflächen. Ein Doktorand der Uni Oldenburg beschäftigt sich derzeit mit Mückenarten in Deutschland. In Schondorf und Inning wurden für diese wissenschaftliche Untersuchung jeweils eine und in Eching zwei Fallen aufgestellt. Mittels CO2 werden Mücken angelockt und eingesaugt. Bürgermeister Luge betreut eine Echinger Falle. „Ich muss sie alle 14 Tage einschalten, sie läuft dann 24 Stunden lang.“Den Beutel mit den gefangenen Mücken müsse er dann einfrieren, damit das Ergebnis des Fangs von den Wissenschaftlern später ausgewertet werden kann.
Der Landkreis hat sich hier laut Rainer Jünger angedockt und lässt ein eigenes Gutachten bei der Uni Oldenburg erstellen. „Acht Fallen sollen rund um den See aufgestellt werden“, erzählt der Schondorfer. Und zwar nicht so sehr in der Natur, wie dies bei der Doktorarbeit der Fall sei, sondern mehr in Siedlungsbereichen. Jünger hat sich am Chiemsee informiert. Dort haben sich die Gemeinden zu konzertierten Bekämpfungsaktionen entschlossen. „Sobald die Wasserpegel über eine bestimmte Höhe hinaus sind, werden die Bauhofmitarbeiter losgeschickt, um in den Überschwemmungsflächen Wasser zu schöpfen und Larven zu zählen.“Sobald eine bestimmte Zahl überschritten werde, werde man aktiv. Dann übernehmen laut Jünger Experten vom Oberrhein die Aktion, untersuchen noch einmal den Besatz mit Larven und bringen dann – wenn nötig – das Larvizid aus.
Die Obere Naturschutzbehörde in München muss den BTI-Einsatz genehmigen. Am Chiemsee gelte die Genehmigung für fünf Jahre, sagt Jünger. Voraussetzung ist aber auch, dass es einen Träger für die Aktion gibt: „Es braucht die Solidarität der anderen Gemeinden.“Denn der BTI-Einsatz ist teuer: 160 000 Euro koste dies laut Jünger am Chiemsee in Jahren, in denen das Larvizid ausgebracht wird, 15 000 Euro in den Jahren, in denen nur kontrolliert wird. Luge hatte schon in den vergangenen Jahren versucht, in dieser Sache seine Bürgermeisterkollegen zu überzeugen – bisher ohne Erfolg. Denn die Belastung durch Überschwemmungsmücken ist örtlich sehr unterschiedlich. Darum sammelt die Initiative im In-
Auch der Landkreis will mehr über die Mückenarten rund um den See erfahren.
ternet, aber auch auf der Straße Unterschriften von Mückengeplagten. Seit Anfang Mai hätten schon 1000 Personen unterschrieben, erzählt Jünger. Er will diese Stimme nutzen, sobald die Initiative Anträge auf eine Mückenbekämpfung bei den Gemeinden stellt. Selbst wenn die Verantwortlichen bereit seien, werde es heuer sicherlich nicht mehr zum Einsatz von BTI kommen, sagt Jünger. Was aber, folgt man Luges Worten, die aus Erfahrung sprechen, in diesem Jahr auch nicht so schlimm ist: „Es gibt noch nicht so viele überstaute Flächen.“