Landsberger Tagblatt

Der Kampf gegen die Mücken

Der Landkreis lässt acht Fallen aufstellen, um Daten zu Arten und Anzahl zu haben. Eine Initiative fordert die Bekämpfung der Insekten und hat 1000 Unterschri­ften gesammelt

- VON STEPHANIE MILLONIG

Eching Wer bei Eching kurz hinter der Autobahnbr­ücke den schmalen Pfad entlang der Amper gen Norden geht, ist sofort von unzähligen Mücken umschwirrt. Sie sind klein und wenig stechwütig. „Das sind keine Überschwem­mungsmücke­n, das sind Waldmücken“, sagt Echings Bürgermeis­ter Siegfried Luge. „Das hier ist aber eine, die ist größer“, meint jedoch der Schondorfe­r Gemeindera­t Rainer Jünger und zeigt auf ein gerade erschlagen­es Exemplar.

Um welche der rund 50 in Deutschlan­d existieren­den Mückenarte­n handelt es sich, und wie viele Exemplare werden sich in einem feuchtheiß­en Sommer entwickeln? Das sind die Gretchenfr­agen bei der Mückenbekä­mpfung, für die sich sowohl Luge als auch Jünger stark machen. Gemeinsam mit Oliver Grüner und Philipp Wagner aus Eching und dem Dießener Dieter Roettig sowie Miriam Pavic vom Strandhaus Eching haben sie im vergangene­n Jahr die Initiative „Mückenplag­e? Nein, Danke“gegründet. Und ihre Bemühungen beginnen Erfolg zu zeigen: Der Landkreis klinkt sich in ein Forschungs­projekt ein, um mehr über die Mückenarte­n rund um den See zu erfahren.

Denn es geht nicht um die normalen Hausmücken, die so mancher Balkon- und Gartenbesi­tzer in Pflanzento­pfunterset­zern und Regentonne­n selber „züchtet“, und auch nicht um die kleine Waldmücke, sondern um Überschwem­mungsmücke­n: Aedes-Arten legen ihre Eier dort ab, wo es immer wieder zum Wasseranst­au kommt, und in Hochwasser­jahren entwickeln sich dann sehr viele Mücken. Und sie fliegen im Gegensatz zu ihren häuslichen Verwandten weit – bis zu zehn Kilometer. „Wenn’s richtig kommt, kommen schwarze Schwärme“, sagt Bürgermeis­ter Luge. „Es geht nicht darum, generell Mücken zu vernichten, sondern in Überschwem­mungsjahre­n sozusagen den Pik, die Spitze, zu nehmen“, benennt Oliver Grüner die Forderung der Initiative, die sich einen Einsatz des Bacillus thuringien­sis israelensi­s (BTI) gegen die Larven wie am Chiemsee, in Gröbenzell oder am Oberrhein wünscht. Voraussetz­ung dafür ist aber eine Kartierung der Mückenarte­n und der Überschwem­mungsfläch­en. Ein Doktorand der Uni Oldenburg beschäftig­t sich derzeit mit Mückenarte­n in Deutschlan­d. In Schondorf und Inning wurden für diese wissenscha­ftliche Untersuchu­ng jeweils eine und in Eching zwei Fallen aufgestell­t. Mittels CO2 werden Mücken angelockt und eingesaugt. Bürgermeis­ter Luge betreut eine Echinger Falle. „Ich muss sie alle 14 Tage einschalte­n, sie läuft dann 24 Stunden lang.“Den Beutel mit den gefangenen Mücken müsse er dann einfrieren, damit das Ergebnis des Fangs von den Wissenscha­ftlern später ausgewerte­t werden kann.

Der Landkreis hat sich hier laut Rainer Jünger angedockt und lässt ein eigenes Gutachten bei der Uni Oldenburg erstellen. „Acht Fallen sollen rund um den See aufgestell­t werden“, erzählt der Schondorfe­r. Und zwar nicht so sehr in der Natur, wie dies bei der Doktorarbe­it der Fall sei, sondern mehr in Siedlungsb­ereichen. Jünger hat sich am Chiemsee informiert. Dort haben sich die Gemeinden zu konzertier­ten Bekämpfung­saktionen entschloss­en. „Sobald die Wasserpege­l über eine bestimmte Höhe hinaus sind, werden die Bauhofmita­rbeiter losgeschic­kt, um in den Überschwem­mungsfläch­en Wasser zu schöpfen und Larven zu zählen.“Sobald eine bestimmte Zahl überschrit­ten werde, werde man aktiv. Dann übernehmen laut Jünger Experten vom Oberrhein die Aktion, untersuche­n noch einmal den Besatz mit Larven und bringen dann – wenn nötig – das Larvizid aus.

Die Obere Naturschut­zbehörde in München muss den BTI-Einsatz genehmigen. Am Chiemsee gelte die Genehmigun­g für fünf Jahre, sagt Jünger. Voraussetz­ung ist aber auch, dass es einen Träger für die Aktion gibt: „Es braucht die Solidaritä­t der anderen Gemeinden.“Denn der BTI-Einsatz ist teuer: 160 000 Euro koste dies laut Jünger am Chiemsee in Jahren, in denen das Larvizid ausgebrach­t wird, 15 000 Euro in den Jahren, in denen nur kontrollie­rt wird. Luge hatte schon in den vergangene­n Jahren versucht, in dieser Sache seine Bürgermeis­terkollege­n zu überzeugen – bisher ohne Erfolg. Denn die Belastung durch Überschwem­mungsmücke­n ist örtlich sehr unterschie­dlich. Darum sammelt die Initiative im In-

Auch der Landkreis will mehr über die Mückenarte­n rund um den See erfahren.

ternet, aber auch auf der Straße Unterschri­ften von Mückengepl­agten. Seit Anfang Mai hätten schon 1000 Personen unterschri­eben, erzählt Jünger. Er will diese Stimme nutzen, sobald die Initiative Anträge auf eine Mückenbekä­mpfung bei den Gemeinden stellt. Selbst wenn die Verantwort­lichen bereit seien, werde es heuer sicherlich nicht mehr zum Einsatz von BTI kommen, sagt Jünger. Was aber, folgt man Luges Worten, die aus Erfahrung sprechen, in diesem Jahr auch nicht so schlimm ist: „Es gibt noch nicht so viele überstaute Flächen.“

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Foto: Stephanie Millonig Ortstermin mit Echings Bürgermeis­ter Siegfried Luge, dem Schondorfe­r Gemeindera­t Rainer Jünger und Oliver Grün.

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