Landsberger Tagblatt

Jetzt will Merkel ein Bündnis gegen den US Präsidente­n

Die Bundesregi­erung bekennt sich zum Pariser Klimavertr­ag. Doch zu Hause hat die Kanzlerin Nachholbed­arf

- VON MARTIN FERBER Berlin 1957 1962 1967

Ganz frisch sind die Emotionen nicht mehr. Angela Merkel hat eine Nacht darüber geschlafen und genügend Zeit gehabt, ihre Reaktion vorzuberei­ten. Und ganz überrasche­nd kam die Entscheidu­ng des amerikanis­chen Präsidente­n Donald Trump, das Pariser Klimaabkom­men vom Dezember 2015 aufzukündi­gen und Neuverhand­lungen zu fordern, auch nicht. Bereits auf dem G7-Gipfel vor einer Woche standen alle Signale auf Rot. Die Kanzlerin war also vorgewarnt.

Doch als Angela Merkel am Freitagvor­mittag im Kanzleramt vor die Presse tritt, kann die sonst so beherrscht­e Regierungs­chefin, die ihre Gefühle stets unter Kontrolle hat, ihre Enttäuschu­ng kaum verbergen. Entgegen allen diplomatis­chen Gepflogenh­eiten bringt sie das auch in ungewöhnli­cher Weise zum Ausdruck. Die Entscheidu­ng der Vereinigte­n Staaten sei „außerorden­tlich bedauerlic­h“, sagt sie – um unmissvers­tändlich klarzustel­len: „Und damit drücke ich mich noch sehr zurückhalt­end aus.“Nun gelte es, den Blick nach vorne zu richten: „Diese Entscheidu­ng kann und wird uns alle, die wir uns dem Schutz unserer Erde verpflicht­et fühlen, nicht aufhalten. Entschloss­ener denn je werden wir in Deutschlan­d, in Europa und in der Welt alle Kräfte bündeln“, sagt die CDU-Chefin

Jetzt erst recht – das ist die Devise, die die Kanzlerin ausgibt und die in Berlin auf fruchtbare­n Boden fällt. Die Enttäuschu­ng schlägt in Trotz und Entschloss­enheit um, es den USA zu zeigen. Angela Merkel weiß aus eigener Erfahrung, wie langsam und mühselig die Fortschrit­te beim Klimaschut­z sind.

Als junge Umweltmini­sterin war sie vor 22 Jahren, 1995, Gastgeberi­n des ersten Klimagipfe­ls in Berlin, auf dem die Basis für das 1997 beschlosse­ne Kyoto-Protokoll gelegt wurde. Und als junge Bundeskanz­lerin schaffte sie es als Gastgeberi­n des G 8-Gipfels in Heiligenda­mm vor zehn Jahren, 2007, dass gegen den Widerstand des damaligen USPräsiden­ten George W. Bush das Bekenntnis zum Klimaschut­z und zur Reduzierun­g der Treibhausg­ase in das Abschlussd­okument aufgenomme­n wurde. Als „Klimakanzl­erin“ließ sich Merkel feiern.

Darum will sie auch an diesem Freitag nicht in Resignatio­n verfallen. Der Weg sei „steinig“, aber „unumkehrba­r“, sagt sie, gleichzeit­ig sei sie „gerührt und begeistert“, wie viele Gruppen, Staaten und Unternehme­n gerade auch in den USA diesen Weg weiter mitgehen wollten. Schon auf dem G 20-Gipfel Anfang Juli will Berlin eine klare Klimaschut­z-Front mit allen anderen führenden Industrie- und Schwellenl­ändern gegen die USA aufbauen.

„Es wird wichtig sein, die Reihen der übrigen G 20 zu schließen“, sagt Regierungs­sprecher Steffen Seibert. Die Rückendeck­ung ihrer eigenen Fraktion hat die Kanzlerin dabei. „Ein Dominoeffe­kt muss unbedingt vermieden werden – es darf nicht 10:10 ausgehen, sondern 19:1“, sagt der Chef der baden-württember­gischen CDU-Landesgrup­pe Andreas Jung unserer Zeitung.

Klar ist allen Beteiligte­n aber auch, dass Deutschlan­d seine eigenen Anstrengun­gen beim Klimaschut­z verbessern muss, will es glaubwürdi­g bleiben. Die Zeiten, in denen das Land Vorreiter bei der CO2-Reduzierun­g war, sind längst vorbei, die Regierung musste bereits eingestehe­n, dass man die selbst gesteckten Ziele bis 2020 nicht erreichen werde.

Vor allem im Verkehrsbe­reich hat sich praktisch nichts getan. So fordert das Umweltbund­esamt in einer Studie ein massives Umsteuern. „Im bisherigen Tempo können wir nicht weitermach­en“, sagt UBA-Chefin Maria Krautzberg­er. Nötig seien auch Maßnahmen, „die auf den ersten Blick unpopulär sind“.

3. Juni

1937 Der ehemalige britische Kö nig Edward VIII., nunmehr Herzog von Windsor, heiratet die Amerikane rin Wallis Simpson, für die er 1936 auf den Thron verzichtet hatte.

Bei einem Manöverung­lück in der Iller bei Kempten Hirschdorf ertrinken 15 Soldaten der Bundes wehr. Das Unglück löst eine hefti ge Diskussion über die Befehlsstr­uk turen der neuen Armee aus.

4. Juni

1932 Reichspräs­ident Paul von Hindenburg löst den Reichstag auf und schreibt Neuwahlen aus.

Vera Brühne und Johann Ferbach werden in München in ei nem der spektakulä­rsten Mordpro zesse der Nachkriegs­geschichte zu lebenslang­er Haft verurteilt.

5. Juni

1947 US Außenminis­ter George C. Marshall schlägt ein Wirt schaftsauf­bauprogram­m für Europa vor, in das auch Deutschlan­d ein bezogen werden soll (Marshallpl­an).

Im Nahen Osten beginnt der Sechstagek­rieg mit einem israeli schen Präventivs­chlag gegen die ägyptische Luftwaffe.

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Foto: Tobias Schwarz, afp Bundeskanz­lerin Angela Merkel lobt die Gruppen, Bundesstaa­ten und Unternehme­n die sich in den USA gegen Trumps Kurs stellen.

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