Der neue Herr der Buntstifte
Schreibwaren Seit dem Tod von Anton-Wolfgang von Faber-Castell hatte das Unternehmen keinen Chef. Nun rückt erstmals jemand von außen an die Firmenspitze. Er steht vor keiner leichten Aufgabe
Augsburg Seit 256 Jahren und acht Generationen stand an der Spitze des Stifte-Herstellers Faber-Castell aus Stein bei Nürnberg immer ein Mitglied der Familie Faber-Castell. Bis jetzt. Denn seit 1. Juni leitet Daniel Rogger das Stifte-Imperium. Ein Schweizer. Rogger tritt die Nachfolge von Graf Anton-Wolfgang von Faber-Castell an. Er war im Januar 2016 nach langer Krankheit gestorben. Davor führte er das fränkische Unternehmen seit 1978 und trug dazu bei, dass es Weltmarktführer im Bleistiftgeschäft wurde. Doch der Graf versäumte es, wie viele Patriarchen, seine Nachfolge zu regeln.
Und so war seine Witwe, Gräfin Mary von Faber-Castell, übergangsweise Sprecherin des Vorstands geworden, hatte aber stets betont, dass das nur eine Zwischenlösung sei. In einem Interview sagte sie im Herbst: „Ich helfe nur beim Übergang von der achten in die neunte Generation.“Diese Aufgabe kommt nun wohl auch dem Manager Rogger zu. Denn Charles von Faber-Castell, Sohn von Anton- Wolfgang von Faber-Castell, hat durchaus Ambitionen, einst die Geschäfte zu leiten. Im Herbst sagte der 36-Jährige: „Das Ziel ist, dass ich später mit mehr Erfahrung die Führung der Firma übernehme, das war wohl auch die Absicht meines Vaters.“
Seit 2013 betreut er das Luxussegment des Unternehmens, die Marke „Graf von Faber-Castell“. Viele Weggefährten seines Vaters sahen Charles bereits als neuen Faber-Castell-Chef. In verschiedenen Medienberichten hieß es dann, dass seine Stiefmutter Mary ihm diese Rolle nicht zutraue. Zudem muss sich die Familie einig sein. Denn AntonWolfgang von Faber-Castell hat mit Mary noch drei weitere Kinder – Katharina, 28, Sarah und Viktoria, beide 20. Sie seien noch zu jung, um in die Unternehmensführung einzusteigen, hieß es immer wieder. Alle vier Kinder haben Unternehmensanteile von jeweils 22,5 Prozent, schreibt das Handelsblatt. Der Witwe Mary von Faber-Castell gehören hingegen nur drei Prozent. Der Rest liegt bei der Familie Kölichen, dem zweiten Zweig der Familie.
Um die Wogen zu glätten, kün- digte die Familie schon im Herbst an, einen externen Chef zu suchen. Die Wahl ist auf den 49-jährigen Rogger gefallen. Er hat Erfahrung mit Familienbetrieben. Zuletzt leitete er den österreichischen Brillenhersteller Silhouette. Auch dieses Unternehmen lag zuvor in den Händen einer Familie, die sich langsam aus dem operativen Geschäft zurückzog und in den Aufsichtsrat wechselte. Wie gut die Zusammenarbeit geklappt hat, ist nicht klar. Denn Rogger verließ das Unternehmen schon nach drei Jahren. Zu den Gründen wollte sich damals keine der beiden Seiten äußern. Zuvor arbeitete Rogger unter anderem für die Uhrenhersteller Richemont, Swatch und A. Lange und Söhne. Nun also Stifte.
Die Ausgangslage ist eine gute. Denn dem Unternehmen geht es dank des Ausmalbooms so gut wie lange nicht. 613 Millionen Euro Umsatz machte der fränkische Stifte-Produzent im Geschäftsjahr 2015/16. Auch für das laufende Jahr setzt das Unternehmen auf eine positive Entwicklung. „Dank dieser Entwicklung arbeitet unsere Fertigung seit Monaten auf Hochtouren“,
Die Fertigung läuft auf Hochtouren
sagte Gräfin Mary von FaberCastell bei der Vorstellung der Unternehmenszahlen vergangenen Sommer.
8000 Mitarbeiter beschäftigt Faber-Castell in neun Ländern – mehr als 1000 in Deutschland. Und sie stellen nicht nur Blei- und Buntstifte und allerlei Schreibwaren wie Radiergummis und Spitzer her, FaberCastell hat auch eine Kosmetiksparte. Sie fertigt Schminkstifte. Auch dieses Geschäft wächst.