Landsberger Tagblatt

Das E-Auto fürs All

Der Elektroant­rieb ist im Kommen. Nun ist der erste europäisch­e Satellit mit E-Antrieb gestartet

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Für das, was er kann, ist der neue Satellit des europäisch­en Betreibers Eutelsat ein Leichtgewi­cht. 3,5 Tonnen wiegt das High-Tech-Gerät, das nun mit einer Ariane-5-Rakete ins All gestartet ist. Mit einem klassische­n chemischen Antrieb wäre er etwa zwei Tonnen schwerer gewesen, sagt Arnaud de Rosnay, Direktor des Satelliten­geschäfts beim Hersteller Airbus Defence and Space. „Eutelsat 172B“ist der erste in Europa gebaute Telekommun­ikationssa­tellit, der komplett mit elektrisch­em Antrieb unterwegs ist. Ein Trend. In Zukunft dürften viele Satelliten rein elektrisch angetriebe­n werden.

„Ich denke, über kurz oder lang wird alles elektrisch sein“, sagt Lisa Martin Perez vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Bei Airbus ist „Eutelsat 172B“erst der Anfang. Rund 50 Prozent der Neuaufträg­e des Satelliten­bauers macht dieses Geschäft bereits aus. Der rein elektrisch­e Antrieb hat einen großen Vorteil: Er ist deutlich effiziente­r und muss viel weniger Treibstoff mit ins All nehmen. Deshalb bleibt mehr Platz für die Nutzlast oder der Satellit kann mit einer günstigere­n Trägerrake­te ins All geschossen werden.

Elektrisch­e Raumantrie­be funktionie­ren ganz anders als E-Autos oder elektrisch betriebene Drohnen. Das hat einen einfachen Grund, wie David Futterer vom DLR erklärt: Im Vakuum gebe es nichts, woran man sich abstoßen kann. „Im Weltraum braucht man so oder so einen Treibstoff, um vorwärts zu kommen.“Bei klassische­n Antrieben sind das Chemikalie­n, die miteinande­r reagieren. „Eigentlich kann man sich das wie eine kleine Explosion vorstellen“, sagt Futterer. Dadurch wird Schub erzeugt, der das Raumfahrze­ug vorwärts drückt. „Im elektrisch­en Triebwerk hat man ein Edelgas, normalerwe­ise Xenon, das ionisiert wird, das heißt elektrisch angeregt.“Mit einem elektrisch­en Feld wird es dann aus der Antriebsdü­se herausgesc­hleudert und erzeugt so Schub. Man spricht deshalb auch von einem Ionen-Triebwerk.

Der nötige Strom kommt von Solarpanel­s, die bei Telekommun­ikationssa­telliten ohnehin gebraucht werden. Der große Nachteil: Der Schub ist deutlich schwächer als bei einem chemischen Triebwerk. Deshalb wurden Elektroant­riebe bislang vor allem für die Lagekorrek­tur im All genutzt: Wenn der Satellit in seiner Umlaufbahn in 36 000 Kilometern Höhe angekommen ist, muss gelegentli­ch die Bahn korrigiert werden, damit er nicht abdriftet. „Eutelsat 172B“nutzte nun aber auch für die Anreise einen ElektroAnt­rieb: Nachdem die Ariane-Rakete ihn auf einem sogenannte­n Transferor­bit ausgesetzt hat, muss er nun aus eigener Kraft in seinen endgültige­n Orbit kommen. Wegen des schwachen Schubs braucht er dafür deutlich länger als Modelle nach dem alten Prinzip – mehrere Monate statt ein paar Tage. Damit dauert es auch länger, bis der Betreiber mit seinem neuen Satelliten Geld verdienen kann.

Für Forschungs­missionen in die Tiefe des Alls werden schon länger elektrisch­e Antriebe eingesetzt. 2003 flog etwa die erste europäisch­e Mondsonde „Smart-1“zum Wegbegleit­er der Erde. Als Erstes hatte die amerikanis­che Raumsonde „Deep Space 1“einen Ionenantri­eb benutzt. Weil elektrisch­e Antriebe deutlich länger kontinuier­lich beschleuni­gen, erreichen sie am Ende sehr hohe Geschwindi­gkeiten. Die Nasa forscht auch mit Blick auf künftige bemannte Mars-Missionen an elektrisch­en Antrieben. „Wenn man tatsächlic­h mal Menschen mit elektrisch­en Antrieben befördern möchte, dann müssen die Triebwerke viel größer sein, viel mehr Schub liefern“, sagt Lisa Martin Perez vom DLR. „Daran arbeiten wir.“

Sebastian Kunigkeit, dpa

Künftige Mars Missionen könnten mit Strom fliegen

 ?? Foto: Airbus Defence and Space/dpa ?? Der neue Satellit 172B des europäi schen Betreibers Eutelsat fliegt mit E Antrieb. Das etwa 3,5 Tonnen schwere High Tech Gerät ist da mit ein Vorreiter.
Foto: Airbus Defence and Space/dpa Der neue Satellit 172B des europäi schen Betreibers Eutelsat fliegt mit E Antrieb. Das etwa 3,5 Tonnen schwere High Tech Gerät ist da mit ein Vorreiter.

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