Landsberger Tagblatt

Gefahr für die Kleinen

Tausende Buben und Mädchen verletzen sich jedes Jahr mit unsicherem Spielzeug. Experten warnen vor allem vor Produkten, die nicht aus der EU stammen

- Fühltest Rütteltest Riechtest Siegel

Bonn Verschluck­en, Vergiftung­en, Verbrennun­gen – jedes Jahr verunglück­en in Deutschlan­d rund 1,7 Millionen Kinder. Viele Unfälle passieren im Haushalt – und etliche seien auf unsicheres Spielzeug und weitere Produkte für Kinder zurückzufü­hren, warnt die Bundesarbe­itsgemeins­chaft (BAG) „Mehr Sicherheit für Kinder“in Bonn anlässlich des Kindersich­erheitstag­s am Samstag.

Abgebroche­ne Teilchen, die Kleinkinde­r verschluck­en, ein Sturz aus einem ungesicher­ten Hochbett – immer wieder landen junge Patienten aus solchen Gründen in der Notaufnahm­e, sagt BAG-Präsidenti­n Stefanie Märzheuser, die Kinderchir­urgin an der Berliner Charité ist. Probleme gebe es vor allem mit Produkten, die aus anderen Ländern in die EU importiert würden. Dort erfolgten nur stichpunkt­artige Kontrollen, kritisiert die BAG. Mehr als ein Viertel aller gefährlich­en Produkte, die die nationalen Verbrauche­rbehörden über das europäisch­e Schnellwar­nsystem „Rapex“melden, sind demnach Spielzeuge.

2016 landete in dieser Datenbank etwa eine Kinder-Plastikpis­tole – sie ist nach Angaben von EU-Verbrauche­rschützern so laut, dass Hörschäden drohen, und wurde deshalb vom Markt genommen. Auch eine scheinbar harmlose rosa Schleife mit einem unechten Diamanten darf in der EU nicht mehr verkauft werden: Das Schmuckstü­ck kann abfallen, sodass kleine Kinder es verschluck­en könnten. „Die gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen sind eigentlich ganz gut, das Problem ist aber die Umsetzung in der Praxis“, sagt Ralf Diekmann, beim TÜV Rheinland zuständig für Produktsic­herheit. Eltern können nach Angaben der Ver braucher Initiative und der Aktion „Das sichere Haus“mit einfachen Mit teln überprüfen, ob Spielzeug für ihre Kinder sicher ist: ● Im Geschäft das Spielzeug in die Hände nehmen und betasten: Sind die Kanten abgerundet? Hat das Spielzeug heraussteh­ende Spitzen? Wenn nicht, ist es für kleine Kinderhän de gut geeignet. ● Das Spielzeug einmal kräftig schütteln oder umdrehen. Das soll zeigen, ob sich Kleinteile lösen oder alles fest verschraub­t ist. Klein teile landen schnell im Mund eines Kin des und können verschluck­t werden. Auch Batteriefä­cher, die sich leicht öff nen lassen, sind ungünstig. Kinder

Um alle Importe überprüfen zu können, fehle es den Behörden auch in Deutschlan­d schlichtwe­g an Personal. Deshalb sehen die BAG und der TÜV neben Hersteller­n und Gesetzgebe­rn auch die Eltern in der Verantwort­ung.

Diese sollten Spielzeug und Kleidung für ihren Nachwuchs nur aus vertrauens­würdigen Quellen kaufen, die über eine eigene Qualitätss­icherung verfügten – etwa namhafte unter drei Jahren können an Batterien oder Knopfzelle­n ersticken. ● Eltern sollten Spielsache­n lieber im Regal liegen lassen, wenn sie chemisch oder parfümiert riechen. Oft soll das schlechte Gerüche über decken. Plüschtier­e sollten für die Waschmasch­ine geeignet sein und vor dem ersten Spieleinsa­tz gereinigt werden. ● Neben dem GS Zeichen für geprüfte Sicherheit gibt es das TÜV Rheinland Siegel für zertifizie­rtes Spielzeug und das Zeichen „Textiles Vertrauen“für schadstoff­geprüfte Tex tilien. Das „spiel gut“Zeichen wird vom Arbeitsaus­schuss Kinderspie­l + Spielzeug für sinnvolles, gutes und PVC freies Spielzeug vergeben. (dpa) Hersteller, Handelshäu­ser oder Discounter. Bei fliegenden Händlern auf Wochenmärk­ten oder zweifelhaf­ten Anbietern im Internet sei dagegen Vorsicht geboten. „Hier dürfen sich Eltern nicht nur vom Preis leiten lassen“, sagt Diekmann.

Beim Kauf von Kinderprod­ukten sollten einige grundlegen­de Merkmale beachtet werden, rät der TÜVExperte. Dazu zählen Prüfzeiche­n wie das GS-Symbol. Ferner sollte ein Ansprechpa­rtner für den Reklamatio­nsfall in der EU sitzen. Aufschrift­en auf der Verpackung und die Bedienungs­anleitung sollten in deutscher Sprache verfasst sein. „Was nutzt ein toller Fahrradhel­m, wenn die Riemen nicht korrekt eingestell­t sind und der Helm bei einem Sturz vom Kopf gerissen wird – weil die Eltern die Bedienungs­anleitung nicht richtig verstanden haben.“

Abgesehen davon müssten Eltern aber auch so gut wie möglich die äußeren Rahmenbedi­ngungen dafür schaffen, dass Kinder sich mit Spielzeug nicht verletzen könnten, betont Märzheuser. „Bei einem Trampolin zum Beispiel ist es Aufgabe der Eltern, ihrem Kind beizubring­en, wie es den Schwung bei der Landung abbremsen kann.“Anspruch müsse es sein, sich in die Denkweise der Kinder hineinzuve­rsetzen. Petra Albers, dpa

Tipps für die Eltern

Newspapers in German

Newspapers from Germany