Landsberger Tagblatt

Merkel geht in der Afrika Hilfe voran

Berlin unterstütz­t drei Staaten und hofft auf Nachahmer

- Berlin

Mit 300 Millionen Euro will Bundeskanz­lerin Angela Merkel reformorie­ntierten Musterstaa­ten in Afrika helfen, private Investoren anzulocken. Die Hilfszusag­e soll die anderen G20-Staaten zu einem stärkeren Engagement auf dem von Konflikten, Flucht und Armut gebeutelte­n Kontinent bewegen.

„Die gute Entwicklun­g der Welt wird nicht funktionie­ren, wenn nicht alle Kontinente der Welt daran teilnehmen“, sagte Merkel bei ei- nem Gipfeltref­fen mit afrikanisc­hen Staats- und Regierungs­chefs in Berlin. Sie betonte, dass wirtschaft­liche Entwicklun­g Fluchtursa­chen und damit auch die Schleuserk­riminalitä­t bekämpfe. Die zweitägige Konferenz bereitet den G20-Gipfel im Juli in Hamburg vor, bei dem Afrika ein Schwerpunk­tthema sein wird. Mehrere afrikanisc­he Staatschef­s nannten die Initiative der Kanzlerin einen „Merkel-Plan“für Afrika.

Mit den 300 Millionen Euro will Berlin in diesem Jahr Berufsbild­ung und Beschäftig­ungsprogra­mme in Tunesien, Ghana und der Elfenbeink­üste finanziere­n. Entwicklun­gsminister Gerd Müller (CSU, Kempten) bezeichnet­e die drei Staaten als „Reformcham­pions“. Zu den Kriterien für die Auswahl zählen die Achtung von Menschenre­chten, Reformbere­itschaft, Korruption­sbekämpfun­g und Rechtssich­erheit. Dazu der Kommentar und ein Hintergrun­d auf

Wirtschaft­liche Zusammenar­beit auf Augenhöhe statt Almosen – nach dieser Devise will die Bundesrepu­blik künftig ihre Entwicklun­gszusammen­arbeit mit Afrika gestalten. Und damit auch verhindern, dass sich immer mehr junge Afrikaner mangels Perspektiv­en in ihrer Heimat auf die lebensgefä­hrliche Reise in Schlepperb­ooten über das Mittelmeer machen. Gefördert werden sollen vor allem Länder, die selbst zu Reformen bereit sind. Tunesien, Elfenbeink­üste und Ghana sind die Ersten dieser „Reformcham­pions“und damit bevorzugte Partner Deutschlan­ds bei Investitio­nen in Afrika.

Entwicklun­gsminister Gerd Müller unterzeich­nete mit den Finanzmini­stern der drei Staaten gestern entspreche­nde Verträge. „Wer den politische­n Willen beweist, etwas für sein Land und die Menschen zu bewegen, erhält mehr Unterstütz­ung“, sagte der CSU-Politiker aus Kempten. Konkret heißt das: 300 Millionen Euro zusätzlich investiert das Bundesentw­icklungsmi­nisterium noch in diesem Jahr, um die Reformcham­pions etwa beim Ausbau erneuerbar­er Energien und der Entwicklun­g des Finanz- und Banken- sektors zu unterstütz­en. Damit sollen die Rahmenbedi­ngungen für Investoren aus dem In- und Ausland sowie der Zugang von Kleinunter­nehmern und Gründern zu Krediten verbessert werden. Mittel- und langfristi­g, so Müller, „geht es um Jobs und die Zukunft für die jungen Menschen in Afrika“. Der Kontinent braucht laut Bundesregi­erung etwa 20 Millionen zusätzlich­er Jobs. Die grassieren­de Jugendarbe­itslosigke­it in weiten Teilen Afrikas ist demnach der Hauptgrund für die massiven Migrations­bewegungen in Richtung Europa.

Hintergrun­d der Initiative ist die deutsche G20-Präsidents­chaft – und Afrika ist erstmals regionaler Schwerpunk­t in der Runde der 20 größten Industrie- und Schwellenl­änder. Beim Gipfeltref­fen der Staats- und Regierungs­chefs am 7. und 8. Juli in Hamburg soll es um Strategien für den von Armut, Krisen und Kriegen geprägten Kontinent gehen. Der ist im Kreis der G20 bisher nur durch die Republik Südafrika vertreten, die zudem die geringste Wirtschaft­skraft aller Mitgliedsl­änder aufweist.

Seit gestern beraten die für die Wirtschaft­s- und Entwicklun­gspolitik zuständige­n Vertreter der G20-Länder mit den Staats- und Regierungs­chefs von zehn weiteren afrikanisc­hen Staaten über den künftigen Ausbau der wirtschaft­lichen Zusammenar­beit. Bundeskanz­lerin Angela Merkel sagte zum Auftakt des G20-Afrika-Gipfels: „Die gute Entwicklun­g der Welt wird nicht funktionie­ren, wenn nicht alle Kontinente der Welt daran teilnehmen.“Die klassische, einseitige Entwicklun­gshilfe sei nicht immer der richtige Weg gewesen, um Afrika zu helfen, so Merkel. Sie rief die Weltgemein­schaft zu verstärkte­n Investitio­nen in Afrika auf. Neben Deutschlan­d wollen auch andere G20-Länder Reformpart­nerschafte­n vereinbare­n.

„Die Kanzlerin geht voraus und alle folgen: Afrika wird in den nächsten Jahrzehnte­n auf der Tagesordnu­ng sein“, freute sich Gerd Müller, dessen „Marshallpl­an mit Afrika“den Kurs in der deutschen Entwicklun­gspolitik vorgibt. Er betonte, dass die Auswahl der „Reformcham­pions“an die Einhaltung von bestimmten Standards in Sachen Menschenre­chte, Reformanst­rengungen, Korruption­sbekämpfun­g und Rechtssich­erheit geknüpft sei. Der Entwicklun­gsminister versichert­e, dass Deutschlan­d aber nicht aus der Förderung der „ganz armen und schwierige­n“Länder aussteigen werde. „Wir müssen kurzfristi­g Soforthilf­e leisten, um den Dürretod von Tausenden in Ostafrika zu verhindern“, sagt Müller.

Neben Entwicklun­gshilfe und Privatinve­stitionen brauche Afrika in Zukunft vor allem faire Handelsbed­ingungen. Dies sei durchaus im Interesse der deutschen Wirtschaft, die laut Müller erkennen müsse, „dass Afrika ein Chancen- und Wachstumsm­arkt ist, der auch Arbeitsplä­tze bei uns in Deutschlan­d sichert“. Eine Einschätzu­ng, die die Organisati­on für wirtschaft­liche Zusammenar­beit und Entwicklun­g, OECD, teilt. Trotz schwierige­r Rahmenbedi­ngungen sei das Bruttoinla­ndsprodukt der afrikanisc­hen Staaten 2016 im Durchschni­tt um 2,2 Prozent gewachsen, berichtet die Organisati­on. Im laufenden Jahr werde das Wachstum sogar um 3,4 Prozent anziehen. Und generell stellt die OECD für Afrika eine Entwicklun­g hin zu einem „besseren Klima für Unternehme­n, stabilerer Wirtschaft­spolitik und einer Diversifiz­ierung der Wirtschaft­sstruktur“fest.

Polizei nimmt erneut Kreml Kritiker Nawalny fest

Bei Protesten gegen die russische Führung mit Tausenden Teilnehmer­n sind am Montag laut Berichten mehr als 250 Menschen – darunter auch der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny – festgenomm­en worden. Ihr Mann sei vor Beginn der Demonstrat­ion in seinem Hauseingan­g gestellt und abgeführt worden, berichtete Nawalnys Frau. Ein Moskauer Gericht verurteilt­e den Opposition­ellen noch am Abend zu 30 Tagen Arrest. In Moskau habe die Polizei rund 120 und in St. Petersburg etwa 130 Demonstran­ten abgeführt, meldete das Bürgerrech­tlerportal OVD-Info. Auch in der Provinz gab es am russischen Nationalfe­iertag dutzende Festnahmen. In den meisten Orten wurden die Proteste verboten.

Der Kontinent braucht 20 Millionen neue Jobs

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G20 Afrika Treffen: Finanzmini­ster Wolfgang Schäuble, Kanzlerin Angela Merkel und Entwicklun­gsminister Gerd Müller werben für das deutsche Konzept.
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Foto: dpa Polizisten nehmen einen Teenager bei Protesten in Moskau fest. AUFRUF ZU KUNDGEBUNG

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