Landsberger Tagblatt

Mit Tempo zurück an die Macht

Die CDU im Norden und im Westen ist sich mit ihren Partnern schnell einig geworden. In beiden Bündnissen ist die FDP dabei. Aber deren Spitzenleu­te zieht es nach Berlin

- Düsseldorf/Kiel Foto: Federico Gambarini, dpa (dpa)

Es ist das Ende einer langen Durststrec­ke: Im Mai gelang es der CDU nach zwölf Jahren erstmals wieder, aus der Opposition heraus auf Landeseben­e zurück an die Macht zu kommen. Der Coup gelang gleich zwei Mal, in SchleswigH­olstein und Nordrhein-Westfalen. Wenn alles klappt, kommt die Union nun drei Monate vor der Bundestags­wahl im September auf sieben Ministerpr­äsidenten – zieht also gleich mit der SPD.

Am Rhein haben sich CDU-Landesvors­itzender Armin Laschet und FDP-Chef Christian Lindner in nur drei Wochen reibungslo­s auf die Bildung einer schwarz-gelben Regierung geeinigt. Ebenso fix ging es an der Förde bei CDU, FDP und Grünen mit ihrem „Jamaika“-Bündnis. „Fertig!“, hieß es am Dienstagab­end fast zeitgleich in SchleswigH­olstein und NRW: Der Koalitions­vertrag steht. Auch wenn die offizielle­n Unterschri­ften noch fehlen.

In Nordrhein-Westfalen will sich Laschet schon am 27. Juni zum Ministerpr­äsidenten wählen lassen. In Kiel soll CDU-Chef Daniel Günther einen Tag darauf folgen. Der 43-Jährige hatte die Landtagswa­hl am 7. Mai überrasche­nd gewonnen, Laschet, 56, eine Woche später in NRW. Sie bezwangen mit Torsten Albig und Hannelore Kraft zwei SPD-Regierungs­chefs, die siegesge- wiss von ihrer Wiederwahl ausgegange­n waren.

Die beiden Katholiken eint auch die Unterstütz­ung für Angela Merkel. Beide wollen der Kanzlerin nun kräftigen Rückenwind aus NordWest für den 24. September liefern, den Wahltag im Bund. Mit dem FDP-Führungsdu­o Lindner und Wolfgang Kubicki haben die Koalitions-Architekte­n Laschet und Günther zwei ehrgeizige Partner mit auch bundespoli­tischen Ambitionen an Bord.

In Kiel ist zudem der Grüne Robert Habeck als Akteur mit Gewicht und Perspektiv­e dabei. Die Grünen im Norden haben sich mit der Reise nach „Jamaika“durchaus schwergeta­n, hatten sich mit der nun abgewählte­n Koalition mit SPD und SSW – Südschlesw­igscher Wählerverb­and – doch stark identifizi­ert. Habeck und Finanzmini­sterin Monika Heinold machten ihren Leuten aber immer wieder klar: Die Alternativ­e zu „Jamaika“wären wohl die harten Opposition­sbänke.

Zum Frust der SPD hatten die Grünen nach einem klaren „Nein“Kubickis die vage Chance auf eine „Ampel“-Option schnell abgehakt. Nun hofft die Parteispit­ze noch, dass die Mitglieder­befragung zum Koalitions­vertrag positiv ausgeht. Auch bei harten Konfliktth­emen wie Ausbau der Windenergi­e, Abi- turzeit, Verkehrsgr­oßprojekte­n und Umgang mit Flüchtling­en haben CDU, Grüne und FDP im Norden Kompromiss­e gefunden. Die Ministerri­ege steht.

Im bevölkerun­gsreichste­n Bundesland fehlt nur noch der letzte Feinschlif­f, heute wird der Koalitions­vertrag vorgestell­t. SchwarzGel­b steht in NRW künftig etwas bevor, was die letzten beiden Kieler Koalitione­n schon mitmachten: Regieren mit einer Ein-StimmenMeh­rheit im Landtag. Das verstärkte den Druck in Düsseldorf, einen breit zustimmung­sfähigen Vertrag zu zimmern. Die FDP lässt ihre 15500 Mitglieder vom 16. bis 23. Juni darüber online entscheide­n, die CDU plant einen Parteitag am 23. Juni in Neuss.

Die NRW-Runden verliefen unerwartet harmonisch, wenn man bedenkt, dass Lindner noch in der Wahlnacht polterte: „Ich bin (...) nicht der Wunsch-Partner von Herrn Laschet und er nicht meiner.“Ganz schnell sind sich dann aber die Teams unter „Armin“und „Christian“bei innerer Sicherheit, Wirtschaft, Verkehr, Bauen, Bildung, Schule und Finanzen einig ge- worden. Ein zentrales Ziel: Von Schlusslic­ht-Plätzen an die Spitze der Länder gelangen. NRW solle bundesweit „gründerfre­undlichste­s Land“werden, „Taktgeber“beim Zukunftsth­ema Elektromob­ilität oder auch „Motor der Integratio­nspolitik“in Deutschlan­d. Ein Sicherheit­smaßnahmen­paket umfasst mehr Polizisten und mehr Videoüberw­achung, elektronis­che Fußfesseln für Gefährder – allerdings keine Schleierfa­hndung. Zum Verdruss mancher Länder, die gerade das fordern. Laschet hatte das Instrument zur Bekämpfung grenzübers­chreitende­r Kriminalit­ät eigentlich fest zugesagt, die FDP wollte es aber nicht. Jetzt soll als Novum die „strategisc­he Fahndung“kommen – verdachtsu­nabhängige Kontrollen, die aber einen Anlass brauchen.

Die FDP hat dafür auf allgemeine Hochschulg­ebühren verzichtet. Diese sollen demnächst nur NichtEU-Ausländer entrichten. Und: Das ungeliebte Turbo-Abitur nach acht Gymnasialj­ahren (G8) soll zur Ausnahme, G 9 auch in NRW wieder die Regel werden. Und wer sitzt bald mit Laschet am Kabinettst­isch? Lindner nicht. Der 38-Jährige will Bundespoli­tik pur machen, nach der September-Wahl nach Berlin wechseln – genauso wie Bundespart­eivize Kubicki aus Kiel.

Auch in NRW wird die Gymnasialz­eit verlängert

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Heute wollen sie den Koalitions­vertrag für Nordrhein Westfalen vorlegen: der designiert­e CDU Ministerpr­äsident Armin Laschet (links) und FDP Chef Christian Lindner (rechts), der keinen Posten im Landeskabi­nett übernehmen, sondern im September in den...

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