Landsberger Tagblatt

Keine Medikament­e aus dem Automaten

Die niederländ­ische Versand-Apotheke Doc Morris wollte in einer kleinen Gemeinde neue Wege gehen. Weshalb nun nichts aus dem bequemen Zugang zu rezeptfrei­er Medizin wird

- VON CHRISTINA HELLER Augsburg

Hüffenhard­t – kennen Sie nicht? So ging es wohl auch den meisten Apothekern. Bis im März 2015 der dortige Apotheker beschloss, die Brunnen-Apotheke zu schließen und in den Ruhestand zu gehen. An sich nichts Ungewöhnli­ches, doch er fand keinen Nachfolger. Und so schaltete er Anzeigen, erst allein, dann gemeinsam mit der Gemeinde. Denn auch sie wollte, dass ihre Einwohner weiter mit Medikament­en versorgt werden. „Wir dachten auch, wir hätten ganz gute Chancen“, sagt Daniela Maahs, geschäftsl­eitende Beamtin in der Odenwald-Gemeinde. Immerhin gibt es dort ein Wohn- und Seniorenhe­im mit knapp 130 Plätzen und auch ein Hautarzt und ein Zahnarzt sind vor Ort.

Die Apotheker interessie­rte das wenig. Die Brunnen-Apotheke setze zu wenig um, hieß es. Doch änderte sich alles. Mit einem Mal interessie­rte sich ganz ApothekenD­eutschland für den Ort. Warum? Die Anzeigen aus Hüffenhard­t waren auch in den Niederland­en gelesen worden. Genauer gesagt von Doc Morris, einer der größten Versandapo­theken Europas und deswegen vielen anderen Apothekern ein Dorn im Auge. Die Niederländ­er beschlosse­n, in Hüffenhard­t etwas Neues zu wagen. Sie wollten einen Apotheken-Automaten aufstellen und mieteten dafür Räume bei der Gemeinde an.

Wer hineinkomm­t, wird per Video in die Niederland­e verbunden. Er spricht dort mit einem Apotheker und der gibt per Knopfdruck Medikament­e frei. Der Kunde kann es sofort mitnehmen. Am 21. April 2017 nahm der Automat seinen Betrieb auf – für genau 48 Stunden. Dann stoppte das Regierungs­präsidium Baden-Württember­g den Verkauf von rezeptpfli­chtigen Arzneimitt­eln. Doc Morris klagte und durfte zumindest vorübergeh­end rezeptfrei­e Präparate abgeben. Bis Mittwoch. Denn nicht nur das Regierungs­präsidium hatte etwas einzuwende­n. Auch der Apothekenv­erband klagte. Doc Morris verstoße gegen das Wettbewerb­srecht, argumentie­rten die Pharmazeut­en. Denn das Unternehme­n betreibe eine Apotheke, ohne dafür die Erlaubnis zu haben. Zudem sei kein Apotheker vor Ort, um zu beraten. Die Niederländ­er hielten dagegen, der Automat in Hüffenhard­t sei eine moderne Version des Versandhan­dels, keine Apotheke.

Zumindest das Landgerich­t Mosbach sah das anders, wie die Vorsitzend­e Richterin, Karin Hark, sagt. „Versandhan­del setzt voraus, dass man etwas bestellt und dann etwas warten muss, bis das Bestellte eintrifft“, erklärt sie. Bei dem Automaten sei es aber wie in einer regulären Apotheke gewesen. Der Kunde komme mit der Erwartung, seine Bestellung sofort mitnehmen zu können. Versandhan­del sei das nicht, so Hark. Und nur dafür hätte eine Genehmigun­g vorgelegen.

Der Automat ist also vorerst geschlosse­n. Verstößt Doc Morris dagegen, droht ein Bußgeld von 250000 Euro. Das bestätigt Torben Bonnke, Sprecher von Doc Morris. Aber er betont auch, dass sich das Unternehme­n nicht geschlagen gibt. Denn gleichzeit­ig läuft am Verwaltung­sgericht in Karlsruhe noch die Klage gegen die einstweili­ge Verfügung des Regierungs­präsidiums. Wann da verhandelt werde, wisse man noch nicht. Und auch das Urteil des Landgerich­ts Mosbach ist noch nicht rechtskräf­tig. Ob Doc Morris dagegen Berufung einlegen möchte, werde derzeit geprüft. Aufgeben werden die Niederländ­er wohl nicht. Denn nicht nur der Besitzer der Brunnen-Apotheke in Hüffenhard­t hat sich schwergeta­n, einen Nachfolger zu finden.

Deutschlan­dweit schließen seit einigen Jahren mehr Apotheken als eröffnet werden. Und dieser Trend hält an. Für Doc Morris ist der Apotheken-Automat also ein Geschäftsm­odell mit Zukunft.

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Foto: U. Anspach, dpa Die Automaten Apotheke von Doc Mor ris in Hüffenhard­t.

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