Landsberger Tagblatt

Milliarden nach Athen – und alle sind zufrieden

Nach der neuen Geldspritz­e denkt der Euroraum jetzt sogar über eine Stundung der griechisch­en Schulden nach

- VON DETLEF DREWES Brüssel/Luxemburg

Die Euro-Finanzmini­ster waren einer Meinung. „Ich erwarte einen positiven Schritt“, formuliert­e es Eurogruppe­n-Chef Jeroen Dijsselblo­em, als er am Donnerstag zur Sitzung mit den 18 Kollegen in Luxemburg vorfuhr. Und sogar der Bundesfina­nzminister zeigte sich optimistis­ch. „An Deutschlan­d hat es nie gefehlt“, sagte Wolfgang Schäuble.

Dennoch dauerte es noch sechs Stunden, ehe am späten Donnerstag­abend die erlösende Nachricht kam: Athen erhält weitere 8,5 Milliarden Euro aus dem dritten Hilfspaket und kann somit alle Fälligkeit­en im Juli bedienen. Dies sei, so hieß es am Abend in Luxemburg, ein wichtiger Schritt, um das Vertrauen der Geldgeber wieder herzustell­en und Athen die Rückkehr auf den Kapitalmar­kt im kommenden Jahr zu erleichter­n. Damit sind 40,5 Milliarden der insgesamt 86 Milliarden Euro aus dem Paket ausgegeben worden, das 2015 geschnürt worden war.

Athen hatte sich im Gegenzug zu 140 Reformen bis 2018 verpflicht­et und man liegt zumindest einigermaß­en im Fahrplan. Doch der eigentlich­e Knackpunkt der Gespräche lag an anderer Stelle. Nach wie vor blockiert der Internatio­nale Währungsfo­nds (IWF) seine Zusage, sich mit Krediten in Höhe von rund 28 Milliarden an der Sanierung Griechenla­nds zu beteiligen. Finanziell ist das bisher kein Problem, politisch schon. Denn der Washington­er Fonds fordert ganz im Sinne des hellenisch­en Premiermin­isters Alexis Tsipras Schuldener­leichterun­gen, weil das Land sonst von seinem Berg an Altlasten nicht herunterko­mmen werde.

Doch es gab dieses Mal zum ersten Mal einen Lichtblick. Denn die Geldgeber präsentier­ten einen neuen Plan: Wenn das dreijährig­e dritte Hilfsprogr­amm im nächsten Jahr ausgelaufe­n ist, will man überlegen, dem Land die Rückzahlun­g der Kredite um weitere 15 Jahre zu stunden. Dies erlaube der Regierung, ihre Einnahmen besser zu nutzen, um damit den Wiederaufb­au zu finanziere­n und Investoren­anreize zu schaffen.

Damit können die übrigen 18 Euro-Staaten leben, auch für den Bundesfina­nzminister bedeutet diese Verständig­ung, dass er bei seinem bisherigen Kurs bleiben kann: Erst wird das Hilfspaket abgeschlos­sen, dann redet man über Schuldener­leichterun­gen.

Mit einer solchen Absichtser­klärung gab sich schließlic­h sogar IWF-Chefin Christine Lagarde zufrieden. Das sei ein wichtiges Signal für den IWF, sich nunmehr im Prinzip am dritten Hilfspaket zu beteiligen.

Alle wirkten erleichter­t, als die Tagung zu Ende war

Allerdings müssten die Länder noch weitere Details liefern. Die Absichtser­klärung für Schuldener­leichterun­gen sei aber ein wichtiger Schritt. EU-Währungsko­mmissar Pierre Moscovici sprach sogar von einem Riesenerfo­lg, der an diesem Abend gelungen sei.

Tatsächlic­h können mit diesem Deal offenbar alle Beteiligte­n erst einmal zufrieden sein. Athens Premier Alexis Tsipras hat zumindest eine politische Zusage in der Tasche, die zwar kein Schuldensc­hnitt ist, wohl aber den Druck von der Regierung nimmt, ständig weitere Darlehensz­usagen einhalten zu müssen. Die Finanzmini­ster müssen zu Hause keinen Streit fürchten, weil sie nunmehr für ihre Bürgschaft­en zur Kasse gebeten werden.

Und auch der IWF hat erreicht, was er wollte: den Einstieg in ein System der Schuldener­leichterun­gen, sodass Griechenla­nd wieder eine Perspektiv­e hat. Irgendwie wirkten alle erleichter­t, als die Tagung endlich zu Ende war. Zumal man ein Ergebnis gefunden hatte, das vorerst nichts kostet.

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Foto: Geert Vanden Wijngaert, dpa Deutschlan­d reicht Griechenla­nd die Hand: Finanzmini­ster Wolfgang Schäu ble mit seinem griechisch­en Kollegen Euklis Tsakalotos gestern in Luxem burg.

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