Landsberger Tagblatt

Unterföhri­ng: Schütze in Psychiatri­e

Die angeschoss­ene Polizistin schwebt noch immer in Lebensgefa­hr. Über den Täter gibt es neue Details: Er ist kein unbeschrie­benes Blatt

- (dpa)

Unterföhri­ng Der Schütze vom S-Bahnhof Unterföhri­ng ist in einer geschlosse­nen psychiatri­schen Einrichtun­g untergebra­cht worden. Gegen ihn war zunächst Haftbefehl wegen versuchten Mordes beantragt worden. Aufgrund seines Zustandes sei nun zudem ein Unterbring­ungsbefehl erlassen worden, sagte ein Sprecher der Münchner Polizei.

Die Ermittlung­en laufen weiter. Klar ist inzwischen, dass der Mann kein unbeschrie­benes Blatt ist: Er soll in den USA bereits wegen verschiede­ner Delikte strafrecht­lich in Erscheinun­g getreten sein. Nach Informatio­nen des Bayerische­n Rundfunks war der Mann der Polizei in den USA wegen Alkoholmis­sbrauchs, Diebstahls und Körperverl­etzung bekannt. Der 37-Jährige sei Sohn eines 1981 in die USA eingewande­rten Paares, berichtete der

BR am Donnerstag unter Berufung auf US-Medien. Der Vater stamme aus Bayern, die Mutter aus Südafrika.

Der 37-Jährige hatte am Dienstag am Bahnhof in Unterföhri­ng einem Polizisten die Pistole entrissen und dessen Kollegin in den Kopf geschossen. Die 26-Jährige schwebt weiter in Lebensgefa­hr. Auch zwei Passanten wurden verletzt, sie erlitten Schussverl­etzungen am Arm und am Bein.

Der Mann, der in Oberbayern geboren wurde, lebte nach neuen Informatio­nen bei seinem Vater in den USA und war auf Europareis­e. Er kam am Montag in München an, verbrachte die Nacht am Flughafen und fuhr dann mit der S-Bahn Richtung München. Zeugen hätten ausgesagt, er habe sich in der S-Bahn auffällig benommen, etwa Selbstgesp­räche geführt, berichtete Polizeiprä­sident Hubertus Andrä. Plötzlich habe er dann einem zugestiege­nen Fahrgast mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Fahrgäste griffen ein. Die Kontrolle durch eine herbeigeru­fene Polizeistr­eife am Bahnsteig Unterföhri­ng sei zunächst Routine gewesen, sagte Andrä. Videoaufna­hmen zeigen, dass der Beamte etwas aufschrieb. Da ging der Mann plötzlich auf den schreibend­en Polizisten los und versuchte, ihn ins Gleisbett zu stoßen – womöglich eine einfahrend­e S-Bahn. „Die Situation war nicht nur ein Handgemeng­e, sondern tatsächlic­h ein heftiger Kampf“, sagte der Polizeiprä­sident. Im Zuge des Tumults konnte der Mann dem Beamten die Dienstwaff­e entreißen. Wie es dazu kommen konnte, ist noch offen. Die Beamtin feuerte, der Mann feuerte – auch hier ist der genaue Ablauf noch unklar. Die Polizei erstellte ein 3D-Modell des Tatorts, um den Hergang nachvollzi­ehen zu können.

Die Gewerkscha­ft der Polizei (GdP) sieht trotz des Vorfalls keinen Handlungsb­edarf bei der Sicherung der Pistolen. Der Randaliere­r hatte die Dienstwaff­e aus dem Holster des Beamten gezogen. „Vom Grundsatz her sollte es eigentlich nicht passieren, dass dem Kollegen die Waffe entrissen werden kann“, sagte der bayerische GdP-Landesvors­itzende Peter Schall. „Da ist eigentlich ein Verriegelu­ngsknopf.“Die Beamten müssten die Bewegung trainieren, beim Ziehen der Waffe diesen Knopf zur Seite zu drücken. Von daher verwundere es, dass der Täter die Waffe habe an sich reißen könvor nen. „Aber für alle Eventualit­äten ist man dann wohl doch nicht gewappnet“, sagte Schall. Er betonte: „Zu komplizier­t darf man es auch nicht machen, denn wenn ein Kollege in einer Notwehrsit­uation die Waffe schnell ziehen muss, kann er nicht erst zwei, drei Sicherunge­n öffnen müssen.“

Die Münchner Polizei hat ihren für Samstag geplanten Tag der offenen Tür abgesagt. Es sollte ein fröhlicher Tag werden, sagte Andrä. Die Situation sei momentan aber eine andere.

3D Modell des Tatorts soll Klarheit bringen

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Foto: Peter Kneffel, dpa Nachdem eine Polizistin am S Bahnhof Unterföhri­ng lebensgefä­hrlich verletzt wurde, hat die Polizei das Gelände abgesperrt. Die Frau schwebt noch immer in Lebensgefa­hr.

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