Landsberger Tagblatt

Ein Jahr nach dem Brückenein­sturz

Im Juni 2016 starb ein Mensch bei Bauarbeite­n an der A7. Noch immer fragt man sich: Wie konnte das passieren?

- VON JULIA HAUG Schraudenb­ach

Etwas Vergleichb­ares hat keiner der Bauingenie­ure zuvor erlebt. In seinen 25 Jahren im Beruf kann sich Alexander Leis an kein Unglück dieses Ausmaßes erinnern. Der Leiter der Würzburger Dienststel­le der Autobahndi­rektion Nordbayern ist ein Jahr später wieder zur Baustelle Schraudenb­achbrücke an der Autobahn 7 nahe der Anschlusss­telle Kreuz Werneck (Landkreis Schweinfur­t) gekommen. Diesmal zum Ortstermin mit unserer Redaktion. Am 15. Juni 2016 hingegen eilte er hierher, weil ihn eine dramatisch­e Nachricht erreicht hatte: Gegen 15.50 Uhr war beim Betonieren von Abschnitt drei das Traggerüst eingebroch­en. Bauarbeite­r stürzten bis zu 20 Meter in die Tiefe. Ein 38-jähriger Kroate, ein Familienva­ter, überlebte den Sturz nicht, elf seiner Kollegen wurden schwer, drei leicht verletzt. Die Polizei Unterfrank­en bestätigte später zudem einen verletzten Passanten, der auf dem Weg zu einem Aussichtsp­unkt gewesen war.

Rund 1500 Tonnen Beton brachten das Stahlgerüs­t zum Einknicken. Bauabschni­tt drei, ein 42 Meter langes Feld, in das der Flüssigbet­on floss, verlief unmittelba­r über der Kreisstraß­e 12, die die Orte Zeuzleben und Schraudenb­ach verbindet. Mehrere Stunden war deshalb nicht klar, ob unter dem Haufen aus Gerüstteil­en auch noch ein Auto oder Spaziergän­ger lebendig begraben sind. Das bestätigte sich zum Glück nicht.

Spekuliere­n über die Unglücksur­sache will keiner der Beteiligte­n. „Wir sind stark interessie­rt, vom Sachverstä­ndigen zu erfahren, warum die Brücke eingestürz­t ist“, sagt Alexander Leis. Denn weshalb das Traggerüst einstürzte – das steht selbst ein Jahr nach dem Unglück nicht fest. Auch die Staatsanwa­ltschaft wartet auf das Gutachten der Sachverstä­ndigen.

Für die Baufirma Max Bögl heißt die Konsequenz, solange die Ursache nicht bekannt ist: Mehr hilft mehr. „Wir heben den Sicherheit­sstandard bei jeglichen Dingen, die wir machen, soweit in die Höhe, dass wir zu fast 100 Prozent ausschließ­en können, dass noch einmal etwas passiert“, sagt Bauleiter Christian Ganz.

Nach Angaben der Autobahndi­rektion liegt die Baustelle seit dem Unglück neun Monate im Verzug. Das Hinweissch­ild für Autofahrer führt neuerdings den aktualisie­rten Termin: Ende der Baumaßnahm­e ist im November 2018.

Solange kein Gutachten Verantwort­liche benennt, hält die auftraggeb­ende Autobahndi­rektion die Baufirma in der Pflicht. „Wir haben eine Brücke bestellt und die Brücke zahlen wir“, sagt Leis. Zum jetzigen Stand lägen die Mehrkosten „im Risikobere­ich der Firma“.

Die Baufirma geht derzeit Ganz zufolge mit einem „Millionenb­etrag“in Vorleistun­g. Man warte „wie auf glühenden Kohlen“auf das Gutachten. Keine Versicheru­ng zahle zum jetzigen Zeitpunkt, wo kein Schuldiger benannt ist.

 ?? Foto: Hajo Dietz, dpa ?? Die Unfallstel­le vor einem Jahr: Ein Traggerüst war eingestürz­t. Noch immer ist un klar, was genau geschah.
Foto: Hajo Dietz, dpa Die Unfallstel­le vor einem Jahr: Ein Traggerüst war eingestürz­t. Noch immer ist un klar, was genau geschah.

Newspapers in German

Newspapers from Germany