Vor Helene! Phoenix im Urlaub Die nette Lorde Die ziellosen Alt J
Sie haben’s tatsächlich geschafft: das dritte Album der Chemnitzer PunkRap-Rocker und die dritte Nummer eins. Obwohl da doch Fischers Helene thronte! Es heißt „Keine Nacht für niemand“, ist also an TonSteineScherben angelehnt und will tatsächlich mehr bieten als die leidlich gewitzte Partymischung, die Festivals ins Hüpfen bringt: Gesellschaftskritik nämlich. „Fenster“rechnet auf ÄrztePfaden mit den Wutbürgern ab, „Sklave“fast schon in EAV-Albernheit mit der Arbeitswelt. Dazwischen groovige Selbstreferenz in „Band mit K“und in „Dein Lied“eine Botschaft an die Ex mit Fremdschämfaktor… Dann lieber Vollgas mit „Hausverbot“. Insgesamt: eher naja. *****
(Vertigo/Universal)
Was ist die richtige Antwort auf den Horror von Bataclan? Das fragten sich offenbar auch die französischen Indie-Popper Phoenix. Ihre Antwort ist etwas unerwartet: Dolce Vita! Vier Jahre nach etwas daddeligen „Bankrupt“reisen sie mit „Ti Amo“musikalisch in das Italien der 80er Jahre. Thomas Mars singt von Liebe, Sonne und Gelato, die Band spielt dazu fluffigen-sonnigen Dance-Pop, zu dem wahrscheinlich auch die junge Sophie Marceau die Tanzfläche stürmen würde. So leicht und seicht klangen Phoenix noch nie – und doch könnte „Ti Amo“der Soundtrack des Sommers werden. Und wahrscheinlich sind Lebensfreude und Genuss das Gegengift zur Angst. **** *
(Warner)
Vier Jahre ist ihr weltweit Furore machendes Debüt „Pure Heroine“her, mit Hits wie „Royals“, das selbst in den USA Nummer eins war. Jetzt legt die Neuseeländerin Ella Yelich-O’Connor alias Lorde endlich nach – und ist trotzdem erst 20! „Melodrama“steht aber leider nicht dieses kleine, feine Stückchen quer inmitten all dieses anderen wippenden MainstreamPop, tönt raumgreifender, ist partylastiger, wenn auch meist düster betextet – klingt nach einem guten Lena-Meyer-Landruth-Album (wenn die rauchen würde). Was ja (außer in völlig auswechselbaren Songs wie „Perfect Places“) gar nicht schlimm ist, „Sober“etwa macht Freude, „Writer in the Dark“ein bisschen traurig … Nett halt alles. *****
(Universal)
Mangelnden Mut kann man den vier Engländern von Alt-J nicht vorwerfen. Ihre Mischung aus Indie-Rock, Elektronik und altertümlicher Folkharmonik war schon bei ihrem Debüt „An Awesome Wave“(2012) sehr eigenwillig – und ziemlich großartig. Danach wurden sie verschrobener, aber nicht unbedingt besser. „Relaxer“ist eine weitere Wegmarke auf diesem zwiespältigen Weg. Die gerade einmal acht Stücke täuschen viele Stile an und offenbaren einiges an Kunstwillen (Chöre! Streicher!), finden aber keine gemeinsame Linie. Das selektive Hören lohnt sich trotzdem: etwa wegen der sehr freien Interpretation des Klassikers „House of the Rising Sun“. *****
(Pias/Rough Trade)