Landsberger Tagblatt

Prozess gegen U Bahn Treter von Berlin unterbroch­en

Schöffin Befangenhe­it vorgeworfe­n. Am Dienstag wird entschiede­n, ob es weitergeht

- VON ORLA FINEGAN Berlin

Es ist der erste von fünf Verhandlun­gstagen gegen den U-BahnTreter. Doch schon kurz nach der Eröffnung des Verfahrens am Donnerstag am Landgerich­t Berlin droht es zu platzen. Dass es tatsächlic­h Svetoslav S. war, der im Oktober eine junge Frau eine Betontrepp­e in der U-Bahn-Station Hermannstr­aße hinunterge­stoßen hatte, scheint unbestreit­bar. Das belegen die Bilder der Überwachun­gskamera. Doch nun bringen Zweifel an der Unbefangen­heit der Schöffin das ganze Verfahren durcheinan­der.

Noch bevor die Anklagesch­rift gegen den 28-jährigen Bulgaren verlesen werden kann, reichen seine Ver- teidiger einen Befangenhe­itsantrag ein. Er richtet sich gegen die Schöffin.

Sie soll sich vor einigen Jahren in Leserbrief­en skeptisch gegenüber kriminelle­n Migranten geäußert haben. So habe sie geschriebe­n, dass „die Verantwort­lichen inkompeten­t, ratlos und voller Angst vor der Rache der Clans“seien. Es bestünde die Gefahr, dass die Schöffin nun selbst mit einem besonders harten Urteil ein Beispiel setzen wolle.

Die Verhandlun­g wird daraufhin unterbroch­en. Erst am kommenden Dienstag geht es weiter – dann wird entschiede­n, ob die Schöffin in den Fall involviert bleibt oder ob der Prozess neu aufgerollt werden muss.

Geht es wie geplant weiter, wird am zweiten Prozesstag auch die junge Frau aussagen, die die Treppe hinabgestü­rzt ist.

Sie tritt als Nebenkläge­rin und als Zeugin auf. Ihre Aussage – vor allem Angaben zu möglichen psychische­n Folgen – werden das Urteil wohl stark beeinfluss­en. Auch die Einschätzu­ng des Gutachters zur Schuldfähi­gkeit des Angeklagte­n wird erwartet. Da die Anklage auf gefährlich­e Körperverl­etzung lautet, droht Svetoslav S. eine Freiheitss­trafe von drei Monaten bis zu zehn Jahren, sollte er verurteilt werden.

Eine 20-sekündige Videoseque­nz einer Überwachun­gskamera hat den verheirate­ten Familienva­ter auf die Anklageban­k gebracht. Die Bilder zeigen, wie eine junge Frau am 27. Oktober, kurz nach Mitternach­t, den letzten Absatz bis zum U-Bahngleis an der Station Hermannstr­aße in Berlin-Neukölln hinunterge­ht. Dann tauchen von rechts vier Männer im Bild auf, in den Händen Zigaretten und Bierflasch­en. Einer folgt der Frau, holt aus und tritt ihr mit dem rechten Bein gezielt in den Rücken. Sie hat weder eine Chance, dem Tritt auszuweich­en, noch sich irgendwie auszubalan­cieren, um ihn abzufangen. Sie stürzt frontal die letzten Stufen hinunter. Ihr Kopf, ihre Arme und ihr Oberkörper müssen die Wucht des Sturzes auf dem harten Steinboden abfangen. Wie durch ein Wunder erleidet sie nur eine Platzwunde am Kopf und einen Armbruch.

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