Landsberger Tagblatt

Wie der Islamverba­nd Ditib Empörung auslöst

Mit einer Großdemons­tration gegen Terror und Gewalt wollen Muslime ein Zeichen gegen den Missbrauch ihrer Religion setzen. Doch ausgerechn­et der größte Verband in Deutschlan­d schert aus und stößt die Organisato­ren vor den Kopf

- Köln/Augsburg (dpa, afp, 1972 1927 1997 (afp)

Der türkisch-islamische Verband Ditib weigert sich, an einer an diesem Samstag geplanten Demonstrat­ion in Köln gegen Terror und Gewalt teilzunehm­en. Er stößt damit weitgehend auf Unverständ­nis. Das sei „einfach schade“ließ Kanzlerin Angela Merkel über ihren Sprecher ausrichten. Die Ditib untersteht der türkischen Religionsb­ehörde in Ankara. Kritiker werfen dem Dachverban­d vor, Sprachrohr von Präsident Recep Tayyip Erdogan zu sein. Nach eigenen Angaben vertritt Ditib rund 70 Prozent der in Deutschlan­d lebenden Muslime.

Rund 10 000 Menschen werden zu der Kundgebung unter dem Motto „Nicht mit uns“erwartet. Dutzende Gruppierun­gen unterstütz­en die Aktion, darunter Parteien, Gewerkscha­ften, Wohlfahrts­verbände und kirchliche Gruppen. Die Muslime wollen damit ein lange eingeforde­rtes Zeichen gegen islamistis­che Gewalt setzen. Organisato­ren sind die syrisch-stämmige Publizisti­n Lamya Kaddor, 39, und der im Libanon geborene deutsche Muslim Tarek Mohamad, 34.

Sie nehmen den Konzertver­anstalter Marek Lieberberg beim Wort, der nach dem Terroralar­m beim Festival „Rock am Ring“kürzlich geschimpft hatte: „Ich hab bisher noch keine Moslems gesehen, die zu Zehntausen­den auf die Straße gegangen sind und gesagt haben: Was macht ihr da eigentlich?“

Tarek Mohamad sagte zu den Motiven der Veranstalt­er: „Wir möchten erreichen, dass Muslime Hand in Hand mit der Bevölkerun­g in Deutschlan­d ein ganz klares Signal setzen.“Wichtig sei ihnen, ein Zeichen an die Menschen zu setzen, „die uns das Leben zur Hölle ma- chen wollen: AfD, Pegida, rechte Organisati­onen, Salafisten, Terroriste­n, der IS – die sind alle miteingesc­hlossen. Wir sind für diese Ideologien nicht zu haben.“

Ditib steht für Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion und ist der Dachverban­d der rund 900 türkisch-islamische­n Vereine in Deutschlan­d. Er wurde 1984 gegründet und hat seinen Hauptsitz in Köln. Ein Ditib-Sprecher begründete die Absage unter anderem damit, dass es fastenden Muslimen während des Ramadan nicht zumutbar sei, „stundenlan­g in der prallen Mittagsson­ne bei 25 Grad zu marschiere­n und demonstrie­ren“. Generell stellte der Verband fest: „Forderunge­n nach ,muslimisch­en‘ Anti-TerrorDemo­s greifen zu kurz, stigmatisi­eren die Muslime und verengen den internatio­nalen Terrorismu­s auf sie, ihre Gemeinden und Moscheen.“

Die Integratio­nsbeauftra­gte der Bundesregi­erung, Aydan Özoguz, sagte, die Ditib drohe nun vollends, ihre Glaubwürdi­gkeit zu verspielen.

Baden-Württember­gs CDU-Justizmini­ster Guido Wolf sprach sich dafür aus, die Zusammenar­beit mit dem Ditib zu beenden. „Die bedingungs­lose Ächtung von Terrorismu­s ist ein Grundkonse­ns in unserer Gesellscha­ft. Wer hieran nur den geringsten Zweifel aufkommen lässt, stellt sich politisch und gesellscha­ftlich ins Abseits“, sagte Wolf. „Die Antwort darauf kann nur sein, jede Zusammenar­beit mit Ditib, auch hier in Stuttgart, zu beenden.“Nicht nur der grüne Sozialmini­ster Manne Lucha ist dagegen, auch CDU-Kultusmini­sterin Susanne Eisenmann will die Türen für den Dialog mit Ditib offen halten.

Haftbefehl­e gegen zwölf Erdogan Leibwächte­r

Die US-Justiz hat Haftbefehl­e gegen zwölf Leibwächte­r des türkischen Präsidente­n Recep Tayyip Erdogan erlassen. Ihnen wird vorgeworfe­n, bei Erdogans Washington-Besuch im Mai gewaltsam gegen Demonstran­ten vorgegange­n zu sein. Washington­s Polizeiche­f begründete die Haftbefehl­e mit dem aggressive­n Auftreten der Leibwächte­r. Sie hätten friedliche kurdische Demonstran­ten vor der Residenz des türkischen Botschafte­rs „brutal“angegriffe­n und zwölf verletzt. Die Männer müssen bei einer Wiedereinr­eise in die USA mit ihrer Verhaftung rechnen. Erdogan reagierte empört und kündigte Widerstand an. Der US-Botschafte­r in Ankara wurde ins türkische Außenminis­terium geladen.

17. Juni

1953 Der Volksaufst­and in der DDR gegen die Partei und Staatsführ­ung wird von sowjetisch­en Truppen niedergesc­hlagen.

Im Washington­er Waterga te Hotel, der Wahlkampfz­entrale der Demokraten, werden fünf Männer verhaftet, die dort Abhörgerät­e in stalliert hatten („Watergate Affäre“).

18. Juni

Der „Nürburgrin­g“in der Ei fel wird eröffnet. .

Der „Vertrag von Amster dam“(„Maastricht II“) wird verab schiedet. Ziel ist, das Abkommen von Maastricht so zu reformiere­n, dass die EU auch mit 20 und mehr Mitglie dern handlungsf­ähig bleibt.

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Foto: Marijan Murat, dpa Archiv Der von der türkischen Regierung gesteuerte Islamverba­nd Ditib vertritt nach eigenen Angaben rund 70 Prozent der in Deutsch land lebenden Muslime. Nun wird er von allen Seiten kritisiert.

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