Die endlose Tragödie
Die griechische Tragödie ist berühmt und war folgenreich. Dichter wie Euripides und Sophokles haben mehr als 400 Jahre vor Christus einen wortreichen abendländischen Grundstein für die Dramen-Kultur eines Lessing, Schiller oder Brecht gesetzt.
Zweck der griechischen Tragödie ist es, bei Betrachtern mit starken Emotionen eine Art Reinigung zu erreichen. Dieser Katharsis-Effekt tritt ein, wenn der Zuschauer dank der Protagonisten des Stücks Gefühlsregungen durchlebt und am Ende seine aufgewühlte Seele geläutert ist. Eine erhabene Idee, die in der gegenwärtigen europäischen Praxis leider nicht gelingt. Seit 2010 wird das Drama aufgeführt: „Der Versuch, den griechischen Schuldenstaat mit Milliarden zu retten.“Auf der sicheren Seite ist Athen trotz aller Reformen als Bedingung für Milliardenzahlungen bis heute nicht. Denn die Schuldenlast des Landes ist auf rund 180 Prozent der Wirtschaftsleistung angewachsen. Von wegen Katharsis! Befreit von beunruhigenden Gefühlen wirken die Handelnden dabei kaum, weder in Athen, Brüssel noch Berlin. Die Tragödie scheint endlos, auch wenn jetzt wieder ein Formelkompromiss erkämpft wurde, ausgehandelt vom deutschen Verhandlungsfuchs Wolfgang Schäuble. Der CDU-Politiker will mit aller Macht und den Tricks eines Routiniers verhindern, dass die griechische Tragödie seiner wieder prächtig in Umfragen dastehenden Kanzlerin den Wahlkampf verdüstert. Da verzichtet Schäuble gerne auf eine grundsätzliche Läuterung.
Es fließen also weitere Milliarden. Damit wird Griechenland allenfalls stabilisiert. So geht es sicher weiter. Die Euroländer erkaufen sich Ruhe an den Finanzmärkten. Der Preis dafür ist sehr hoch.