Trump: Nordkorea ist schuld am Tod des Studenten Unaussprechliche Verbrechen
Weil er ein Plakat abhängte, wurde Otto Warmbier zu einer drakonischen Strafe verurteilt. Doch was geschah dann mit ihm? Wenn das ganze Land einem Konzentrationslager ähnelt. Ein ehemaliger Nordkorea-Häftling erzählt
Der Tod des US-Studenten Otto Warmbier nach eineinhalb Jahren in nordkoreanischer Haft hat in den USA Wut und Entsetzen ausgelöst. US-Präsident Donald Trump verurteilte das „brutale Regime“in Pjöngjang.
Nach Angaben seiner Familie erlag der 22-Jährige sechs Tage nach seiner Freilassung in einem Krankenhaus in seiner Heimatstadt Cincinnati seinen schweren Verletzungen, die er während der Haftzeit in Nordkorea erlitten hatte. Es seien „schlimme Dinge“passiert, aber immerhin sei es gelungen, Warmbier noch „nach Hause zu seinen Eltern“zu holen, sagte Trump während einer Veranstaltung im Weißen Haus am Montagabend. Der Familie übermittelte Trump in einem Schreiben sein „tiefes Beileid“. In einer weiteren Erklärung schrieb Trump, das Schicksal Warmbiers stärke die „Entschlossenheit meiner Regierung, derartige Tragödien zu verhindern“.
Auch Warmbiers Familie machte Nordkorea für den Tod des Studenten verantwortlich. „Die schreckliche, qualvolle Misshandlung, die unser Sohn in den Händen der Nordkoreaner erfahren hat, machte keinen anderen Ausgang möglich“, hieß es in der Erklärung der Familie. Nach Angaben der Ärzte hatte der 22-Jährige schwere Hirnverletzungen erlitten.
Der Student hatte mit einer Reisegruppe Nordkorea besucht und
Nach dem Tod des amerikanischen Studenten Otto Warmbier stehen die fortlaufenden Menschenrechtsverletzungen in Nordkorea am Pranger. Das kommunistische Land ist für seine furchtbaren Haftbedingungen bekannt. Die Menschenrechtsgruppe Amnesty International schätzt, dass derzeit 200 000 Menschen in den Arbeitslagern des Landes schuften. In dem größten davon, dem Lager Nummer 16, leben schätzungsweise 20 000 Insassen, wie die Experten aus Satellitenbildern ablesen. Die Häftlinge seien unterernährt, müssten zu hart arbeiten und würden gefoltert. Vergewaltigungen und war im März 2016 wegen Diebstahls eines Propagandaplakats und „Verbrechen gegen den Staat“zu 15 Jahren Arbeitslager verurteilt worden. Ungefähr seit jener Zeit soll er im Koma gelegen haben. Nach Angaben Nordkoreas erlitt er eine Lebensmittelvergiftung und erhielt danach Schlafmittel, woraufhin er nicht mehr aufwachte. Er war fast 18 Monate in Haft.
Vergangene Woche wurde Warmbier von der Führung in Pjöngjang freigelassen und in die USA ausgeflogen. Ärzte in Cincinnati fanden bei ihren Untersuchungen keine eindeutigen Hinweise auf die Ursache der neurologischen Verletzungen, aber auch keine Beweise für eine Lebensmittelvergiftung. Sie vermuteten einen Herzstillstand, durch den die Blutzufuhr ins Hirn unterbrochen wurde.
Der Tod des Studenten belastet das wegen des nordkoreanischen Atomprogramms ohnehin zerrüttete Verhältnis Washingtons zu Pjöngjang zusätzlich. US-Außenminister Rex Tillerson verlangte die Freilassung von drei US-Bürgern, die ebenfalls zu Unrecht in Nordkorea im Gefängnis säßen. Der republikanische Senator John McCain erklärte, Warmbier sei „vom Regime Kim Jong Uns ermordet worden“.
Das in China ansässige Unternehmen Young Pioneer Tours, das die Reise für Warmbier organisiert hatte, schließt US-Bürger von Touren nach Nordkorea künftig aus. Schläge gehören AI zufolge zum Alltag in den Lagern.
Ein Nordkoreaner, der flüchten konnte, hat unserer Zeitung Details von den Haftbedingungen in seiner ehemaligen Heimat erzählt. Herr Pak (Name geändert) lebt heute in einer japanischen Großstadt, nachdem eine Organisation ihm die Flucht aus China ermöglicht hat. Pak war in seiner Heimat Handballtrainer und in seinem Beruf durchaus erfolgreich. Eine Anklage wegen illegaler Handelstätigkeit hat ihn jedoch ins Gefängnis und ins Arbeitslager gebracht. Er hatte einen Karton mit Krawatten, den er in einer Kleiderspende gefunden hatte, über den Grenzfluss nach China weiterverkauft. Im Gefängnis sei die Ver- noch schlimmer als draußen, obwohl „das ganze Land schon einem Konzentrationslager ähnelt“, erinnert sich Pak.
In der Kleinstadt, in der er gewohnt hat, habe es nicht einmal Sojasoße oder Kimchi gegeben, solche Lebensmittel gab es nur in den Häusern von zwei privilegierten Parteikadern. Die Leute hätten in schlechten Jahren ungewürzte Grassuppe gegessen. Im Lager sei an manchen Tagen gar keine Nahrung ausgeteilt worden. Oft gab es nur einen undefinierbaren Brei; es sei nicht zu erkennen gewesen, woraus er gekocht war, aber „auf jeden Fall aus nichts wirklich Essbarem“. Die Häftlinge hätten oft Durchfall gehabt, was besonders schlimm gewesen sei, weil sich eine ganze Baracke einen Eimer habe teilen müssen. Die Insassen mussten laufend auch Gräber schaufeln, denn „täglich sind Gefangene an Unterernährung, Erschöpfung und Krankheiten gestorben“, berichtet Pak. Wer zwischen den Steinen eine Eidechse entdeckte und fangen konnte, galt als Glückspilz; die Häftlinge aßen die Tiere roh.
Pak war nur wenige Monate im Lager. „Das war mein Glück, wer länger dort ist, ist von den Gräueltaten für immer geschädigt.“Das politische Klima drehte sich glücklicherweise ein wenig, Handelstätigkeit war kein ganz so schlimmes Verbrechen mehr, Pak kam frei. Im folgenden Winter machte er den Entschluss wahr, den er in Haft gesorgungslage fasst hatte: Er ging über den zugefrorenen Grenzfluss nach Nordchina, wo er wie hunderttausende andere Flüchtlinge im Verborgenen lebte. Eine Hilfsorganisation nahm ihn in ihr Programm auf und half ihm bei dem Asylantrag in Japan. Pak konnte also fliehen und sich ein neues Leben aufbauen – doch das ist die absolute Ausnahme.
Die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen nennt die ständigen Übergriffe auf politische Gefangene „unaussprechlich“. Eine Mutter sei gezwungen worden, ihr Baby zu ertränken. Andere Gefangene seien vor Ort mit einem Hammerschlag in den Nacken getötet worden, nachdem sie zuvor ihr eigenes Grab geschaufelt hatten.