Opposition sieht im Diesel Skandal Staatsversagen
Bundestag Unionsobmann weist das zurück. Untersuchungsausschuss gibt der EU die Schuld
Berlin Schwere Geschütze fahren die beiden Oppositionsparteien im Bundestag gegen die Bundesregierung im Zusammenhang mit dem VW-Abgasskandal auf. Vom „größten Wirtschaftsskandal in der Geschichte der Bundesrepublik“sprechen Grüne und Linke vor der letzten Sitzung des Abgas-Untersuchungsausschusses des Bundestags am heutigen Donnerstag, bei der der Abschlussbericht verabschiedet werden soll, bevor er an Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) übergeben wird.
Die Beweisaufnahme habe eindeutig ergeben, dass ein „organisiertes Staatsversagen“den Abgasbetrug erst möglich gemacht habe, die Folge seien „tausende vorzeitige Todes- und noch viel mehr Krankheitsfälle aufgrund verkehrsbedingter Luftschadstoffe“, sagen Herbert Behrens von der Linken und Oliver Krischer von den Grünen am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellung ihres Minderheitenvotums. Die Bundesregierung sei seit langem darüber informiert gewesen, dass Dieselautos zwar auf dem Rollenprüfstand die strengen Abgasgrenzwerte einhalten würden, nicht jedoch im Realbetrieb auf den Straßen. Gleichwohl seien entsprechende Berichte des Umweltbundesamtes ignoriert worden, das Kraftfahrtbundesamt habe eine „Kultur des Wegschauens“unterstützt.
Die Union weist diese Vorwürfe mit aller Entschiedenheit zurück. „Der Abgasskandal ist ein VWSkandal und kein Skandal der Bundesregierung“, sagt der Obmann der CDU/CSU-Fraktion, Ulrich Lange (Nördlingen), gegenüber unserer Zeitung. Der Ausschuss sei zu dem Ergebnis gekommen, dass kein Mitglied der Bundesregierung von den Software-Manipulationen gewusst habe. Schwere Vorwürfe erhebt Lange in Richtung VW. „Das Aufklärungsinteresse von VW war gering.“Der Auftritt des früheren VW-Chefs Martin Winterkorn vor dem Gremium sei „enttäuschend“gewesen. Keinerlei Anhaltspunkte gibt es nach Ansicht des CSU-Politikers für den Vorwurf der Opposition, die Autoindustrie habe einen zu starken Einfluss auf die Politik und bestimme das Handeln. Dass es einen Austausch zwischen der Politik und der Industrie gebe, sei normal, sagt Lange, „aber die Regierung ist kein verlängerter Arm der Automobilindustrie“.
Im Entwurf ihres gemeinsamen Mehrheitsvotums, das unserer Zeitung vorliegt, schieben CDU/CSU und SPD den Schwarzen Peter nach Europa. „Im Zuge der Untersuchung wurde eine deutliche Unschärfe der europäischen Vorschrift zur Bewertung der Zulässigkeit und Unzulässigkeit von Abschalteinrichtungen deutlich“, heißt es. Diese „Regelungslücke“konnten die Hersteller „systematisch ausnutzen“. Die Koalitionäre fordern daher als Konsequenz aus dem Abgasskandal eine Präzisierung des EU-Rechts sowie eine „zügige Weiterentwicklung der Abgasgesetzgebung“. Lesen Sie dazu auch den Kommen
tar. Warum die Diesel-Abgase so gefährlich sind, erfahren Sie auf
Der Augsburger Kleincomputerhersteller Kontron fusioniert mit dem österreichischen Softwareunternehmen S&T. Bei der Hauptversammlung stimmten 86 Prozent der Aktionäre dem Schritt zu, wie das Unternehmen gestern mitteilte. Der Name Kontron soll erhalten bleiben. Beide Unternehmen peilen gemeinsam für das Geschäftsjahr 2017 Umsätze zwischen 860 und 890 Millionen Euro an. Kontron stellt Rechner her, die in Flugzeuge und Maschinen eingebaut werden – also überall, wo Geräte gesteuert werden müssen und maschinelle Intelligenz gefragt ist. Rund 450 Beschäftigte arbeiten in Augsburg für die Firma.