Landsberger Tagblatt

Wenn die Versicheru­ng für Senioren plötzlich teurer ist

Johann Wachter aus Igling muss fast 400 Euro mehr für seine Unfallpoli­ce zahlen. Der Grund: sein Alter

- VON SARAH SCHIERACK Kontakt Der Ombudsmann für Versi cherungen ist montags bis freitags zwi schen 8.30 und 17 Uhr unter der Telefon nummer 0800/3696000 zu erreichen.

Augsburg Im vergangene­n Herbst hat Johann Wachter seinen 80. Geburtstag gefeiert. Es gab Glückwünsc­he, der Leiter der Raiffeisen­bank überreicht­e ihm eine Flasche Wein. Ein halbes Jahr später bekam Wachter, der in Igling bei Landsberg lebt, ein weniger schönes Geschenk: Die R+V Versicheru­ng, die zu den Volks- und Raiffeisen­banken gehört, bedankte sich bei dem 80-Jährigen für „das langjährig­e Vertrauen“, kündigte aber an, die Unfallvers­icherung „für Sie nicht in der bisherigen Form des Vertragsab­laufes fortführen“zu können. Der Grund: Wachters Alter. Die Beiträge und Leistungen müssten angepasst werden, hieß es weiter, „da sich für uns als Unfallvers­icherer statistisc­h belegbar deutlich höhere Aufwendung­en ergeben“. Konkret heißt das für Wachter: Statt der bisherigen 116,55 Euro soll er für die gleiche Police bald 541,71 Euro zahlen, über 400 Euro mehr als zuvor.

Der Rentner ärgert sich über das Schreiben. Noch nie, sagt er, hätten er, seine Frau oder die fünf Kinder auch nur einen Cent aus der Police benötigt. Für die Berechnung­en der Versicheru­ngen spielt das aber keine Rolle. Eine R+V-Sprecherin betont, dass jeder Unfallvers­icherungsk­unde nach dem 80. Geburtstag ein entspreche­ndes Schreiben bekomme. Gleichzeit­ig erhalten sie auch noch ein zweites Angebot, bei dem der Versicheru­ngsbeitrag ähnlich hoch ist wie zuvor, die Leistungen aber deutlich reduziert sind. Auch Johann Wachter hat dieses Angebot erhalten. Annehmen will er es nicht, genauso wenig wie die neue, teurere Police. „Zahlen“, sagt er, „werde ich das nicht.“

So wie dem Rentner geht es vielen Senioren. Genaue Zahlen gibt es nicht, aber Verbrauche­rschützer beobachten die Entwicklun­g mit Sorge. „Das hört man leider nicht so selten“, sagt etwa Sascha Straub, Finanzexpe­rte der Verbrauche­rzentrale Bayern. Öfter als bei der Unfallvers­icherung gebe es entspreche­nde Fälle noch bei Kfz-Versichere­rn, die oft schon weit vor dem 80. Geburtstag die Beiträge erhöhen. Straub empfiehlt Betroffene­n, zunächst einen genauen Blick in den Vertrag zu werfen. Denn in der Regel müssen die Konzerne ankündigen, wenn sie sich vorbehalte­n, die Beiträge altersbedi­ngt zu erhöhen. Gibt es keinen entspreche­nden Hinweis, kann sich ein Kunde an den Ombudsmann für Versicheru­ngen wenden. Aktuell ist das der ehemalige Präsident des Bundesgeri­chtshofs, Günter Hirsch.

Alternativ können sich Versichert­e auch nach einer neuen Police umsehen. Allerdings, warnt Straub, sei dies im Alter schwierig. Viele Versicheru­ngen nähmen Rentner gar nicht erst auf, da sie Senioren als zu großes wirtschaft­liches Risiko betrachten würden. Der Experte empfiehlt Betroffene­n, einen Versicheru­ngscheck bei der Verbrauche­rzentrale zu machen, bevor die alte Police gekündigt wird.

Wer sich nicht auf die höheren Kosten einlassen will, kann nach Straubs Worten auch abwägen, ob er die Police überhaupt noch benötigt. Eine Unfallvers­icherung sei zwar gerade für Senioren sinnvoll, da ältere Menschen ein höheres Verletzung­srisiko hätten. Da sie aber in der Regel nicht mehr arbeiten gehen, müssen sie im Falle einer Verletzung keinen Verdiensta­usfall befürchten. Wer vorgesorgt hat und im Falle eines Unfalles auf eigenes Geld zurückgrei­fen kann, kann nach Meinung des Experten im Zweifelsfa­ll auf eine solche Police verzichten.

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Foto: Andrea Warnecke, dpa Einige Versicheru­ngen heben die Beiträge für Policen an, wenn ihre Kunden ein ge wisses Alter erreichen.

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