Deutsche Reifeprüfung gegen Chile
Der Bundestrainer hat die Südamerikaner um Arturo Vidal zum Turnierfavoriten ausgerufen. Löw baut sein Perspektivteam um und wechselt den Torhüter. Ein Sieg würde dem Coach ein besonderes Jubiläum bescheren
Kasan Ein historischer Fußballabend steht an, auch wenn bei der Kraftprobe mit Chile für Joachim Löw der 100. Länderspielerfolg als Bundestrainer eher eine nette Begleiterscheinung wäre. Es geht für den Weltmeistercoach und sein Perspektivteam um Antreiber Leon Goretzka am Donnerstag (20 Uhr/
ARD) in Kasan in erster Linie darum, sich beim Confed Cup gegen den von Bayern-Star Arturo Vidal angeführten Südamerikameister in den Favoritenkreis zu spielen. Der Gewinner im Gruppengipfel könnte schon das Halbfinalticket lösen. Löw, der beim 3:2 im Auftaktspiel gegen Australien seinen 99. Sieg im 148. Länderspiel feierte und ohnehin siegreichster Nationaltrainer der DFB-Geschichte ist, weiß um die Schwierigkeit der Prüfung gegen die von ihm bewunderten Chilenen. Immerhin hat er die Nummer eins aus Südamerika im Vorfeld zu seinem Titelfavoriten ausgerufen. „Chile ist eine der weltbesten Mannschaften, unabhängig vom Start in dieses Turnier“, sagte Löw nun. „Die Chilenen sind eingespielt. Sie haben fantastische Einzelspieler und im taktischen Bereich eine Flexibilität wie wenige andere Mannschaften“, schwärmte Löw.
Seit Jahren verfolgt der Bundestrainer das Auftreten von Vidal und Co. intensiv. Und darum weiß er, dass seine unerfahrene Mannschaft vor einer großen Herausforderung steht: „Sie haben eine unheimliche Wucht nach vorne.“Die Chilenen sind im Gegensatz zum Weltmeister mit allen Assen nach Russland gekommen. Und sie wurden auch beim 2:0 gegen Afrikameister Kamerun ihrer Favoritenrolle gerecht. Anführer Vidal von der FIFA zum „Man of the Match“gekürt. Der 30-Jährige verfolgt mit seinen Kameraden einen klaren Plan: „Unser einziges Ziel ist, den Pokal zu holen. Wir wollen zeigen, dass es kein Zufall ist, dass wir zweimal die Copa America gewonnen haben.“
Die deutschen Spieler konnten den Gegner gegen Kamerun am TV studieren – und waren durchaus beeindruckt. „Das ist eine sehr starke Mannschaft, sehr eindrucksvoll. Chile hat viel vor bei dem Turnier, da wollen wir Paroli bieten“, sagte der Gladbacher Lars Stindl. Im DFB-Tross wissen alle, dass Chile ein anderes Kaliber darstellt als Australien.
Löw dürfte dabei auch auf frisches Personal setzen, gerade auch auf der Torhüterposition. MarcAndré ter Stegen, der jetzt dran sein dürfte, soll ein größerer Rückhalt sein als der im ersten Spiel bei den Gegentoren patzende Bernd Leno. Auch der Bundestrainer erkannte die insgesamt fehlende defensive Stabilität als Mangel. „Daran können wir arbeiten.“Mit einer körperlich robusten Dreierkette ließe sich etwas mehr Gegenwehr gegen die physisch starken Chilenen herstellen. In Emre Can könnte zudem ein zweikampfstarker Mann ins Mittelfeld rücken. Der Leipziger Timo Werner wiederum würde als Turbostürmer das Pressing forcieren und zusätzliche Schnelligkeit ins Angriffsspiel bringen.
Konterstärke könnte diesmal gefragt sein und damit nicht so sehr ein klassischer Mittelstürmer wie Sandro Wagner. Zur praktischen Vorbereitung blieb Löw nur das Abschlusstraining in der WM-Arena an der Wolga. Denn es geht jetzt Schlag auf Schlag beim Confed Cup mit einer engen Spieltaktung im Drei-Tages-Rhythmus.