Landsberger Tagblatt

Wie Moskaus Straßen das Team stärken

- VON TILMANN MEHL time@augsburger allgemeine.de

Hugo Broos ist ein weit gereister Mann. Der Belgier hat Fußballver­eine in Griechenla­nd, der Türkei, in Abu Dhabi und Algerien trainiert. Derzeit ist er für die Nationalma­nnschaft Kameruns verantwort­lich. Der 65-Jährige hat sich eine gewisse Weltläufig­keit angeeignet. Mit seiner derzeitige­n Auswahl weilt er gerade beim Confed Cup in Russland. So etwas wie in Moskau hat er noch nie erlebt. Der Verkehr in der Metropole sei schlicht eine „Katastroph­e“. Sagt der Mann, der Trainer eines Landes ist, von dem das Auswärtige Amt folgenderm­aßen warnt: „Wegen technische­r Mängel an den Fahrzeugen und dem unverantwo­rtlichen Verkehrsve­rhalten vieler Fahrer besteht ein vielfach höheres Unfallrisi­ko als in Europa.“In der Hauptstadt Jaunde gelten Verkehrsre­geln nicht einmal mehr als gut gemeinte Hinweise.

Wenn also Hugo Broos sich über den Verkehr beschwert, sollte das etwas gelten. Die Russen indes gehen gelassen mit kilometerl­angen Staus um. Sie sind eine Reminiszen­z an vergangene kommunisti­sche Zeiten. Im Stau ist jeder gleich. Arbeiter und Politik-Bonze. Ob er Lada fährt oder im Bentley zum Stehen gezwungen ist. Wenn es dann doch mal flutscht, wird keine Rücksicht genommen. „Es gibt nur schnelle oder tote Fußgänger“, weiß der Volksmund zu berichten.

Die Fifa müsse im Hinblick auf die Weltmeiste­rschaft im kommenden Jahr etwas ändern, fordert Broos. Dem Weltverban­d sind viele Versäumnis­se vorzuwerfe­n, für die Verkehrsbe­dingungen in Russland ist er nicht zuständig. Sinnvoller ist es, die eigene Einstellun­g zu überdenken. Die gemeinsame Zeit im Stau kann ja auch als Teambuildi­ng-Maßnahme gesehen werden.

Wo sich andere Mannschaft­en durch Hochseilgä­rten hangeln oder mehrere Tage in der niederbaye­rischen Wildnis ausgesetzt werden, meistert das Team Kameruns unter realen Bedingunge­n Stresssitu­ationen gemeinsam. Davon kann die Mannschaft im kommenden Jahr mehr profitiere­n als von der freien Fahrt durch Moskau – wenn sie sich qualifizie­rt.

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Foto: dpa Ein bekannter Blick für die Autofahrer in Moskau.
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